Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht. Peter Behrens
Monopolisten umverteilt, der dem Absatz der Menge Mm entspricht (repräsentiert durch das Viereck, das zwischen den Preisen Pm und Pw liegt und durch die Menge Mm begrenzt wird). Der restliche Teil der unter Wettbewerbsbedingungen erreichbaren Konsumentenrente (repräsentiert durch das verbleibende Dreieck) geht ganz verloren und mindert die Gesamtwohlwohlfahrt. Man spricht deshalb von einem „dead weight loss“. Dieser gesamtwirtschaftliche Verlust ist ein wichtiger Indikator für die Abweichung des Monopols von der Effizienz des Wettbewerbs. Diese Abweichung ist die Folge der Handlungsspielräume, über die der Monopolist verfügt. Seine vom Wettbewerb unkontrollierten Handlungsspielräume begründen seine Marktmacht. Sie führt dazu, dass der Monopolist – anstatt an die Gesetzmäßigkeiten des Wettbewerbs gebunden zu sein – selbst die Marktverhältnisse bestimmt. Eben dies kommt exemplarisch in der erwähnten Fähigkeit des Monopolisten zum Ausdruck, im Verhältnis zur Wettbewerbssituation geringere Mengen zu höheren Preisen zu produzieren. Marktmacht kann sich aber in gleicher Weise auf andere Aspekte beziehen wie etwa die Qualität der Produkte, die Vertriebskonditionen oder die Innovationsneigung im Hinblick auf die Entwicklung neuer Produkte oder Produktionsverfahren, da die Abnehmer ohnehin keine Alternativen haben und nicht abwandern können. Jedenfalls lässt sich aber folgender Zusammenhang verallgemeinern:
Die Ausübung von Marktmacht kommt in der Beschränkung der produzierten Menge, in der Festlegung der Preise oberhalb der Grenzkosten sowie darin zum Ausdruck, dass marktmächtige Unternehmen in der Lage sind, Profite zu erzielen.
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Das Ergebnis ist jedenfalls ein Verlust an allokativer Effizienz. Es sind nicht alle wohlfahrtsteigernden Tauschmöglichkeiten ausgeschöpft. Zugleich können mit einem Monopol auch Verluste an produktiver und dynamischer Effizienz verbunden sein. Der Monopolist ist mangels Wettbewerbsdrucks weniger kostenbewusst und sein Anreiz, durch Innovation zusätzliche Gewinne zu erzielen, ist vergleichsweise schwach. Dennoch kann auch in diesem Zusammenhang ein Zielkonflikt auftreten: Die Monopolstellung, die allokative Ineffizienz zur Folge hat, kann von einem Unternehmen im Einzelfall durchaus aufgrund erfolgreicher Innovation (dynamischer Effizienz) oder Senkung der Produktionskosten (produktiver Effizienz) errungen worden sein.
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Effizienzverluste sind aber nur ein Aspekt der gesamtwirtschaftlichen Nachteile des Monopols. Hinzu kommen die Kosten, die Unternehmen aufwenden, um eine Monopolstellung zu erringen, damit sie in den Genuss von Monopolrenten kommen.[14] Die Investitionen in den Wettkampf um Monopolstellungen, insbesondere die Aufwendungen für bestimmte Verdrängungsstrategien oder für die Errichtung und Aufrechterhaltung von Marktzutrittsschranken können ein Ausmaß annehmen, das den Zugewinn an Produzentenrente mehr als wettmacht.[15] Der Monopolist verwandelt so seine Monopolrente möglicherweise in Kosten, die das Ausmaß der gesamtwirtschaftlichen Verschwendung von Ressourcen noch erheblich erweitern.
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Die Erodierung eines bestehenden Monopols ist nur durch den Neueintritt von Konkurrenten in den Markt möglich. Mit solchem potentiellen Wettbewerb muss der Monopolist unter Umständen rechnen. Soweit das der Fall ist, kann die monopolistische Marktstruktur angegriffen werden. Man spricht in diesem Sinne von „bestreitbaren“ Märkten („contestable markets“). Dies setzt voraus, dass die Marktzutrittsschranken für potentielle Wettbewerber relativ niedrig sind, insbesondere dass zum Markteintritt keine zu hohen Investitionen in Produktionsanlagen erforderlich sind, die nicht auch für andere Zwecke als zur Herstellung des Monopolprodukts verwendet werden können. Sind die Produktionsanlagen nur für die Herstellung des Monopolprodukts verwendbar, so stellen die Investitionen für den Fall des Misserfolgs des Markteintritts versunkene Fixkosten (sunk costs) dar. Der neu eintretende Wettbewerber kann diese Kosten allenfalls auf die seinem Marktanteil entsprechende Produktmenge umlegen, was sein Absatzrisiko erhöht. Für den Monopolisten stellen diese Kosten kein Risiko mehr dar. Er hat die Investition bereits getätigt und kann sie als Fixkosten auf die gesamte produzierte Menge umlegen, mit der er die Marktnachfrage befriedigt.
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Es ist daher unter bestimmten Voraussetzungen sogar denkbar, dass ein Monopol ganz und gar unangreifbar ist, weil die Struktur der Produktionskosten nur einen Anbieter auf dem Markt zulässt. Wie weiter oben erläutert (siehe Schaubild 3), fallen die gesamten Durchschnittskosten (DK) zunächst aufgrund der abnehmenden durchschnittlichen Fixkosten (DFK) und der dadurch bedingten Skalenerträge (economies of scale). Sie steigen dann aber wieder an wegen der steigenden durchschnittlichen variablen Kosten (DVK). Entsprechend fallen bzw. steigen die gesamten Grenzkosten (Kʼ). Solange aber die Grenzkosten noch unter den Durchschnittskosten liegen, ist es für den Produzenten profitabel, die produzierte Menge auszudehnen. Wenn also die gesamte Nachfrage mit Produkten eines Produzenten befriedigt werden kann, die zu fallenden Durchschnittskosten hergestellt werden können, hat kein neu in den Markt eintretender Wettbewerber die Chance, diesen Produzenten zu unterbieten. Sollte es zunächst noch mehrere konkurrierende Anbieter auf dem Markt geben, so wird der Wettbewerb angesichts der Skalenerträge dieses Produzenten ganz natürlich dazu führen, dass nur er als Anbieter übrig bleibt. Man spricht deshalb von einem „natürlichen Monopol“. Diese Situation lässt sich folgendermaßen veranschaulichen:
Schaubild 16:
Natürliches Monopol
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Beispiele für solche natürlichen Monopole liefern Wirtschaftsbereiche, die durch einen hohen Anteil fixer Kosten an den Gesamtkosten gekennzeichnet sind (z.B. Transport bestimmter Güter oder Leistungen wie Wasser, Gas, Strom über physische Netze). Aufgrund der sinkenden Durchschnittskosten (Größendegressionseffekte) kommt es dann zu Skalenerträgen (economies of scale) im gesamten relevanten Bereich der Marktnachfrage. Die Belieferung durch einen einzigen Anbieter ist daher die einzig stabile Marktsituation.
c. Oligopol
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Eine oligopolistische Marktstruktur ist dadurch gekennzeichnet, dass die Gesamtnachfrage nach einer bestimmten Art von Gütern von einer relativ geringen Zahl von Anbietern gedeckt wird, von denen zumindest einige bedeutend genug sind, um den Marktpreis oder die Angebotsmenge beeinflussen zu können. In diesem Punkt unterscheidet sich auch das Oligopol vom Polypol. Anders als Polypolisten sind Oligopolisten nicht bloße „Mengenanpasser“. Vielmehr verfügen sie über Mengen- bzw. Preisspielräume, die sie je nach den Produktionsbedingungen in einem bestimmten Wirtschaftszweig aktiv als Wettbewerbsparameter einsetzen können. Andererseits befinden sie sich auch zusammen genommen nicht in der Lage eines Monopolisten, der seine Monopolrente maximieren kann. Das wäre in gleichem Maße für Oligopolisten nur unter der Voraussetzung denkbar, dass sie miteinander kooperieren. Dann könnten sie ein kollektives Monopol bilden und gegebenenfalls tatsächlich die Monopolrente untereinander aufteilen. Solange aber die Oligopolisten jeweils selbstständig am Markt agieren und ihren individuellen statt den gemeinsamen Profit maximieren wollen, werden sie das kollektive Profitmaximum (das auch ein Monopolist erzielen würde), verfehlen. Entsprechend geringer sind die Wohlfahrtsverluste im Vergleich zum Monopol. Daher sollte einer Verhaltensabstimmung unter Oligopolisten im Interesse der Allgemeinheit schon im Ansatz entgegengewirkt werden. Allerdings kann es im engen Oligopol auch ohne solche Verhaltensabstimmung dazu kommen, dass Wettbewerb durch Parallelverhalten ersetzt wird. Allerdings hängen das konkrete Marktverhalten von Oligopolisten sowie die daraus resultierenden Wohlfahrtswirkungen von mehreren Faktoren ab.
(1) Unternehmensperspektive
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Das