GmbH-Recht. Harald Bartl
dem Zweck dient, eine verbotene inländische Tätigkeit zu ermöglichen. Darin kann ein Rechtsformmissbrauch liegen (zutreffend differenzierend Baumbach/Hueck § 1 Rn 16; Scholz/Emmerich § 2 Rn 41 f; Lutter/Hommelhoff § 1 Rn 16; Rowedder/Schmidt-Leithoff § 1 Rn 16; früher Bartl BB 1977, 575; ders BB 1984, 2154); Mit dieser Frage der Ausländergeschäftsführerbestellung hat die Frage des unzulässigen Zwecks allenfalls indiziell und mittelbar zu tun. Aus der Praxis kann gesagt werden, dass die hier angesprochene Frage relativ selten auftritt, weil sich im Rahmen der registerrechtlichen Prüfung im Regelfall kaum Anhaltspunkte für einen gesetzlich unzulässigen Zweck ergeben. Anders ist dies natürlich dort, wo der Wortlaut des „Gegenstands“ auf einen gesetzlich nicht zulässigen Zweck schließen lässt. Anders kann dies freilich dann sein, wenn Ausländer, die hier ausländerrechtlich nicht tätig werden dürfen, eine GmbH gründen, um so doch erwerbswirtschaftlich tätig werden zu wollen (Rowedder/Schmidt-Leithoff § 1 Rn 16 mwN). Die Beteiligung von Ausländern allein ohne weitere Anhaltspunkte kann nicht zu einer registerrechtlichen weiteren Prüfung veranlassen. Bloße Vermutungen reichen nicht aus (vgl BayObLG GmbHR 2000, 872 – NJW-RR 2001, 898 – Betrieb einer Klinik; iÜ Baumbach/Hueck § 1 Rn 16). Mit Recht differenziert Hachenburg/Ulmer (§ 1 Rn 22; vgl auch Scholz/Emmerich § 1 Rn 17; ferner Rowedder/Schmidt-Leithoff § 1 Rn 16 f) insofern zwischen einem absoluten Verbot ohne Ausnahmemöglichkeit und den gesetzlichen Verboten mit Erlaubnisvorbehalten.
2. Sittenwidrige Zwecke
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Maßgeblich für die Feststellung der Sittenwidrigkeit ist der Gesamtsachverhalt, dies sind mithin alle objektiven wie subjektiven Momente, die offenbar werden. Die „Bordell-GmbH“ wurde früher in diesem Zusammenhang beispielhaft genannt. Das kann heute nicht mehr gelten, da nach der Rechtsprechung Kauf, Miet- oder auch Pachtverträge über Bordelle nicht mehr generell als sittenwidrig angesehen werden. Folglich wird dies auch für eine entspr GmbH zu gelten haben (vgl zu entspr Verträgen BGHZ 63, 365, 367; BGH WM 1983, 393; OLG Karlsruhe WuM 1990, 286 = ZMR 1990, 301; Scholz/Emmerich § 1 Rn 19). Nach wie vor finden sich hier aber die Hinweise auf wucherische Geschäfte sowie den Austausch von Finanzwechseln (vgl zB Baumbach/Hueck § 1 Rn 16; Lutter/Hommelhoff § 1 Rn 7; BGHZ 27, 172 = NJW 1958, 989; Scholz/Emmerich § 1 Rn 19). Sicherlich werden hierzu auch die Gesellschaften zu zählen sein, die der Verbreitung von Schneeballsystemen dienen sollen (BGH WPM 1978, 877; OLG Köln BB 1997, 1209). Steuerersparnis ist ein zulässiger Zweck, Steuerhinterziehung selbstverständlich nicht (vgl BGHZ 14, 30, 31; NJW 1983, 1844; OLG Hamm BB 1989, 651; OLG Koblenz DB 1979, 833 – Steuerhinterziehung Hauptzweck). Allerdings wird dort, wo es um die Verfolgung strafbarer Zwecke und Ziele geht, die Unzulässigkeit regelmäßig aus § 134 BGB herzuleiten sein. Sittenwidrigkeit einzelner Satzungsbestimmungen führt idR nicht zur Sittenwidrigkeit der gesamten Satzung (Scholz/Emmerich § 1 Rn 19).
V. Folgen des unzulässigen Zwecks
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Vor Eintragung: Der Gesellschaftsvertrag ist nichtig. Der Eintragungsantrag ist zurückzuweisen (Baumbach/Hueck § 1 Rn 17; BayObLG DB 1972, 1015). Die Nichtigkeit kann von jedermann bis zur Entstehung der GmbH zB ggü dem Registergericht geltend gemacht werden, das dann von Amts wegen zu prüfen hat, sofern entspr Anhaltspunkte angenommen werden können (vgl 216 FamFG – früher § 12 FGG – vgl BGHZ 13, 320; iÜ Rowedder/Schmidt-Leithoff § 1 Rn 19; Lutter/Hommelhoff § 1 Rn 18; Scholz/Emmerich § 1 Rn 20; Baumbach/Hueck § 1 Rn 17).
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Nach Invollzugsetzung: Ist die in Gründung befindliche GmbH bereits in Vollzug gesetzt worden, so hat eine Abwicklung stattzufinden („fehlerhafte Gesellschaft“, vgl Scholz/Emmerich § 1 Rn 19; Baumbach/Hueck § 1 Rn 17; Lutter/Hommelhoff § 1 Rn 9; Rowedder § 1 Rn 19).
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Gesellschafter können bei Vorliegen des erforderlichen Rechtsschutzinteresses in diesem Stadium vor Eintragung Klage auf Feststellung der Nichtigkeit erheben, wenn sie sichergehen wollen (Baumbach/Hueck § 1 Rn 17; Rowedder/Schmidt-Leithoff § 1 Rn 19; Lutter/Hommelhoff § 1 Rn 9; Scholz/Emmerich § 1 Rn 20; BayObLG 1972, 126, 129 = DB 1972, 1915 – Zündwarenfabrik).
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Nach Eintragung: Wird eine Gesellschaft mit einem unzulässigen Zweck eingetragen (zB eine Gesellschaft zur Förderung des Schneeballsystems) und stellt sich erst nach Eintragung der unzulässige Zweck heraus, der von Anbeginn verfolgt werden sollte, so kommt Amtslöschung gem § 397 FamFG früher § 144 Abs 1 FGG in Betracht (BayObLG DB 1972, 1015). Der Richter muss die maßgeblichen Zweifelsfragen und Anhaltspunkte im Rahmen des § 26 FamFG – früher § 12 FGG – klären. Die Gesellschafter selbst können gem § 75 GmbHG (s dort) vorgehen (zutr Lutter/Hommelhoff § 1 Rn 19 krit zu den differenzierenden Ansichten, etwa vertreten von Scholz/Emmerich § 1 Rn 22). Insofern einen Unterschied zu machen zwischen der Nichtigkeit des Gegenstands (§§ 75 bzw 397 FamFG) und unzulässigem Zweck/Ziel (§ 61 FamFG), ist wenig überzeugend (str). Bei zulässigem Gegenstand und unzulässigem Zweck soll Auflösungsklage nach § 61 oder ein außerordentliches Austrittsrecht des Gesellschafters in Betracht kommen (vgl Baumbach/Hueck § 1 Rn 17 mwN) Bei Gefährdung des Gemeinwohls soll auch eine Auflösung nach § 62 GmbHG in Betracht kommen (vgl zu allem Wünsch GesRZ 1982, 155, 156 f; iÜ Lutter/Hommelhoff § 1 Rn 19 mwN). Denkbar ist in diesem Fall auch ein Austritt des Gesellschafters wegen wichtigen Grundes.
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Anders liegt es, wenn die Gesellschaft grds einen zulässigen Zweck (Gegenstand) verfolgt, gleichwohl die Gesellschafter durch Beschlussfassung tatsächlich unzulässige Ziele entgegen dem Gegenstand oder in Abänderung des Gegenstands in die Tat umsetzen wollen. Dann erstreckt sich die Verbots- und Sittenwidrigkeit nur auf die betr Beschlüsse, lässt den Bestand der GmbH jedoch grds unberührt (BayObLG DB 1972, 1015; auch Lutter/Hommelhoff § 1 Rn 20, 21 mwN; Scholz/Emmerich § 1 Rn 23. Der entspr Beschluss der Gesellschafter ist analog § 241 Nr 3 AktG nichtig; wird die Satzung in dieser Richtung geändert, so kommt keine Eintragung der Satzungsänderung nach § 54 in Betracht (vgl BayObLG aaO; ferner Baumbach/Hueck § 1 Rn 18). Insoweit können im Einzelfall auch die Grundsätze des § 76 (Heilung durch neuen Gesellschafterbeschluss) eingreifen (Scholz/Emmerich § 1 Rn 24; Lutter/Hommelhoff § 1 Rn 9). Des Weiteren können freilich in diesem Zusammenhang die §§ 61, 62 von Bedeutung sein (Baumbach/Hueck § 1 Rn 19).
VI. Die „Vorratsgründung“ (Mantelgründung) – „Mantelkauf“
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Berkefeld/Schmidt Die Verwendung von GmbH-Mänteln und ihre Haftungsfolgen: ein Thema von gestern?, ZIP 2010, 857; Ulmer Entschärfte Gesellschafterhaftung bei wirtschaftlicher Neugründung einer zuvor unternehmenslosen Alt-GmbH, ZIP 2012, 1265; Podewils Unterbilanzhaftung bei unterlassener Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung (BGH GmbHR 2012, 1175; Grundsatzentscheidung BGH NJW 2012, 1875 – wirtschaftliche Neugründung; vgl a BGH NJW-RR 2014, 416 – Mantelverwertung nach