Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1. Reinhart Maurach
Großzügig BGH StV 02, 482 = NStZ 02, 594: keine Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs (und auch keine das Leben gefährdende Behandlung, s.u. Rn. 18), weil es dem Täter nur gelang, die Plastiktüte bis zur Nase über den Kopf zu ziehen.
BGH 30, 375; NStZ 84, 328; 99, 616. Zum Wandel des Turnschuhbegriffs OLG Düsseldorf NJW 89, 920.
BGH NStZ 87, 174. Dazu Wolski GA 87, 527.
BGH GA 84, 124. A.A. Hilgendorf ZStW 112, 811.
RG 24, 372; Grünewald LK 23.
BGH 22, 235 m. abl. Anm. Schmitt JZ 69, 304; BGH NStZ 88, 361. A.A. Lilie LK11 27. Zu eng BGH MDR/H 79, 987; Krey/Hellmann/Heinrich 259: Ausschluss aller unbeweglichen Gegenstände.
Eckstein NStZ 08, 128. A.A. BGH NStZ 07, 405 m. zust. Anm. Krüger NZV 07, 482: fehlende Unmittelbarkeit. Zu weit KG NZV 06, 111: „mit Hilfe“ genügt.
c) Mittels eines hinterlistigen Überfalls (Nr. 3)
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Ein hinterlistiger Überfall ist ein planmäßiges Vorgehen unter Verdeckung der wahren Absicht, um gerade hierdurch dem Angegriffenen die Abwehr des nichterwarteten Angriffs zu erschweren[33]. Ein Angriff „von hinten“ und die bloße Ausnutzung des Überraschungsmoments reichen nicht aus (BGH GA 68, 370; NStZ 07, 702), anders allerdings nach Verstecken und Auflauern (BGH GA 69, 61; NStZ 05, 40). „Hinterlist“ verlangt also mehr als die Heimtücke beim Mord (s.o. § 2 Rn. 43 ff.). Die Rechtsprechung wertet auch die heimliche Beibringung von Betäubungsmitteln als „hinterlistigen Überfall“[34], doch wird hierbei der Begriff des „Überfalls“ in unzulässiger Weise überschritten.
Anmerkungen
RG 65, 65; BGH MDR/D 56, 526. Bedenklich BGH NStZ 04, 93: Freundlichkeit eine halbe Stunde vor dem Überfall.
BGH NStZ 92, 490; NStZ-RR 96, 101.
d) Mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4)
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Diese Regelung ist in sich widersprüchlich (Schroeder JuS 02, 140). „Gemeinschaftlich“ bedeutet nach § 25 Abs. 2 StGB Mittäterschaft, „Beteiligte“ sind nach § 28 Abs. 2 StGB Täter und Teilnehmer, also auch Anstifter und Gehilfen. Man wird diese beiden gegensätzlichen Aussagen des Gesetzes dahingehend vereinen müssen, dass eine Anwesenheit der Beteiligten am Tatort erforderlich ist und damit eine besonders bedrohliche Situation für das Opfer besteht[35]. Eine Kenntnis des Opfers von der Beteiligung eines anderen ist nicht erforderlich (BGH NStZ 06, 572: Ankündigung der Ankunft des Opfers mit Handy).
Anmerkungen
So jedenfalls für die Beihilfe jetzt auch BGH 47, 383 mit der bei so kleinflächigen Problemen üblichen Anmerkungsflut (Heinrich JR 03, 213; Küper GA 03, 363; Schroth JZ 03, 215; Stree NStZ 03, 203; Paeffgen StV 04, 77). Der Anstifter ist jedoch mindestens ebenso gefährlich wie der Gehilfe.
e) Lebensgefährdende Behandlung (Nr. 5)
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Die Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB stellt nicht auf die Lebensgefährlichkeit der verursachten Verletzung, sondern auf die lebensgefährdende Behandlung ab. Auch diese Handlung braucht jedoch das Leben des Opfers nicht konkret zu gefährden. Ausreichend ist vielmehr eine objektive Eignung der Handlung zur Lebensgefährdung, wobei die konkreten Umstände zu berücksichtigen sind[36]. Typische Fälle sind: das Stoßen des Kopfes gegen Wände oder auf das Straßenpflaster (BGH 22, 235), Würgegriffe (BGH GA 61, 241), das Anfahren eines Fußgängers mit einem Kraftwagen (BGH VRS 14, 286), schwere Schläge oder Tritte an den Kopf (BGH NJW 90, 3156). Eine lebensgefährdende Behandlung ist auch der ungeschützte Geschlechtsverkehr eines Aids-Infizierten (BGH 36, 9, 265; s.o. § 2 Rn. 9). Nicht ausreichend ist die mittelbare Gefährdung durch Stoßen auf die Autobahn (BGH NStZ 07, 34). Die Qualifikation kann auch durch Unterlassen verwirklicht werden (BGH JR 56, 347 m. Anm. Maurach). Für den subjektiven Tatbestand begnügt sich die Rechtsprechung unzulässig mit der Kenntnis der die Lebensgefährdung begründenden Umstände[37].
Anmerkungen
So BT-Dr 13/8587 S. 83 unter Berufung auf die Rechtsprechung zum bisherigen Recht (BGH 36, 9).
BGH 19, 352; 28, 17; 36, 15. Dagegen mit Recht La/Kühl 9; Wessels/Hettinger/Engländer 307 ff.
2. Schwere Körperverletzung (§ 226)
Schrifttum:
v. Els, Verlust des Sehvermögens und anderer in § 224 StGB genannter Fähigkeiten, NJW 74, 1074; Remmele, Die dauernde erhebliche Entstellung i.S.d. § 224 StGB, NJW 63, 22; Stree, Zur Auslegung der §§ 224, 226 StGB, GA 60, 289; Wegner, Zum Tatbestandsmerkmal der „dauernden Entstellung“ (§ 224 StGB), NJW 66, 1849; Wegner, Die „dauernde Entstellung“ nach § 224 StGB – Gesetzeskonkurrenz mit § 223a StGB, NJW 67, 671.
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a) Im Gegensatz zu § 224 stellt § 226 nicht auf die Begehungsart, sondern allein auf den Erfolg ab. Auf die Mittel, mit denen der qualifizierende Erfolg erreicht wurde, kommt es nicht an; daher baut § 226 unter Umgehung des § 224 unmittelbar auf dem Grunddelikt auf. Die Tat wird zum Verbrechen i.S. des § 12 umqualifiziert, wenn die Körperverletzung bestimmte schwere Folgen gehabt hat.
§ 226 kann auch angewendet werden, wenn die schwere Folge unmittelbar, d.h. ohne zeitlich vorausgegangene einfache Körperverletzung, eintritt. Denn in dem schweren Erfolg ist der Erfolg des Grunddelikts notwendig enthalten. Der insoweit erforderliche Vorsatz ist hier entweder ebenfalls in dem Allgemeinvorsatz enthalten oder er ergibt sich aus den Grundsätzen über die unwesentliche Abweichung des Kausalverlaufs (näher Schroeder LK12 § 18 16).
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Bis zum 3. StÄG vom 4.8.53 genügte für § 226 wie für die anderen erfolgsqualifizierten Delikte die bloße Verursachung der schweren Folge. Diese Regelung war geschichtlich durch Nachwirken des Talionsgedankens (Anknüpfung der Strafe an den objektiv verursachten Erfolg), kriminalpolitisch durch eine bis zur