Markenrecht. Jennifer Fraser
ist branchenbezogen zu beurteilen (BGH GRUR 1955, 481, 483 – Hamburger Kinderstube; BGH NJW 1956, 1595, 1596 – Ihr Funkberater; vgl auch OLG Köln WRP 1974, 503 f – AREAL). Bei der Frage, ob eine Bezeichnung sprachüblich ist oder beschreibenden Charakter hat, kommt es demnach darauf an, ob sich Betriebe gleicher oder ähnlicher Art der Bezeichnung bedienen oder bedient haben und in welchen Gebietsteilen der Bundesrepublik die Benutzung des in Frage stehenden Kennzeichens aufgenommen worden ist (BGH GRUR 1955, 481, 483 – Hamburger Kinderstube). Allerdings muss die Tatsache, dass auch andere Unternehmen ein bestimmtes Kennzeichen benutzen, diesem noch nicht die für die Kennzeichnungskraft erforderliche Originalität nehmen (OLG Köln WRP 1977, 733 – Transcommerce). Besitzt eine Bezeichnung in einem Geschäftsbereich eindeutig beschreibenden Charakter, so wird derselben Angabe in einer anderen Branche häufig Kennzeichnungskraft zuzuerkennen sein. Sachbezeichnungen, die in einem unüblichen oder beschreibenden Sinn verwendet werden, verlieren regelmäßig ihren beschreibenden Charakter (BGH GRUR 1955, 481 f – Hamburger Kinderstube; BGH NJW 1956, 1595, 1596 – Ihr Funkberater; BGH NJW 1966, 1560, 1562 – UNIPLAST; BGH GRUR 1993, 923 – Pic Nic; OLG Stuttgart DB 1981, 2428 – Informatik; angedeutet auch bei BGH GRUR 1996, 68, 69 – COTTON LINE).
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Geringere Anforderungen sind an die Kennzeichnungskraft von Unternehmenskennzeichen dann zu stellen, wenn die bezeichneten Geschäftsbetriebe einen örtlich begrenzten Wirkungsbereich haben. So können die Unternehmenskennzeichen sog Platzgeschäfte auch einen Hinweis auf den Tätigkeitsbereich des Unternehmens und damit einen gewissen beschreibenden Charakter aufweisen, ohne dass deshalb die Kennzeichnungskraft zu verneinen wäre (BGH GRUR 1977, 226 – Wach- und Schließ; vgl auch OLG Hamburg GRUR 1986, 475 – Blitz-Blank). Gleiches gilt für die Etablissementsbezeichnung (BGH GRUR 1977, 165 f – Parkhotel; BGH GRUR 1995, 507 f – City-Hotel).
bb) Wortkombinationen
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Wortkombinationen sind kennzeichnungskräftig, wenn das Gesamtwort in der Umgangssprache der maßgebenden Verkehrskreise unüblich ist und es sich deshalb um eine eigenartige, phantasievolle Wortzusammensetzung handelt (BGH GRUR 1976, 643, 644 – Interglas; OLG Köln WRP 1977, 733 – Transcommerce; OLG Frankfurt WRP 1982, 420, 421 – Multicolor. Die Kennzeichnungskraft wurde ebenfalls bejaht in BGH GRUR 1973, 265, 266 – Charme & Chic; BGH NJW-RR 1990, 1318 – Datacolor; BGH GRUR 2001, 1161 – CompuNet/ComNet; OLG Oldenburg NJW-RR 1986, 591 – Video Land). Ist die Wortkombination selbst sprachunüblich, schadet es nichts, wenn die einzelnen Wörter, aus denen sich das Gesamtwort zusammensetzt, der Umgangssprache entnommen sind oder beschreibenden Charakter haben, da der Verkehr die eigenartige Verbindung der Wörter als individuellen Herkunftshinweis auffasst (BGH GRUR 1957, 561 f – REI-Chemie; BGH GRUR 1960, 296, 297 – Reiherstieg; BGH GRUR 1960, 434, 435 – Volks-Feuerbestattung; BGH NJW-RR 1995, 357 – Garant-Möbel; BGH NJW-RR 1997, 1402 f – Immo-Data). Es spricht allerdings zusätzlich für die Kennzeichnungskraft einer Wortkombination, wenn schon die benutzten Teilwörter nicht unmittelbar dem Wortschatz der deutschen Sprache entnommen sind (BGH NJW-RR 1997, 1402, 1403 – Immo-Data).
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Nicht jede Kombination sprachüblicher Wörter weist eine hinreichende Eigenart auf. Wortzusammensetzungen, auch wenn sie als solche noch nicht Eingang in die Umgangssprache gefunden haben, sind dann nicht kennzeichnungskräftig, wenn auch die Wortzusammenfügung nur ein sprachübliches Wort beschreibenden Inhalts darstellt und die einzelnen Wörter damit nicht eigenartig und phantasievoll zusammengesetzt sind (so bei BGH GRUR 1988, 319 f – VIDEO-RENT; BGH GRUR 1991, 556 f – Leasing Partner; BGH GRUR 1996, 68, 69 – COTTON LINE; BGH GRUR 2005, 517, 518 – Literaturhaus). Nicht ausreichend ist es insb, wenn sich der gewählte Begriff in der beschreibenden Angabe des Unternehmensgegenstandes erschöpft (BGH NJW-RR 1997, 1402, 1403 – Immo-Data; BGH GRUR 2005, 517, 518 – Literaturhaus). Die Kennzeichnungskraft wird hingegen bei der Wortkombination „UNIPLAST“ bejaht, da die Vorsilbe „UNI“ verschieden deutbar ist; nur beschreibende und damit nicht kennzeichnungskräftige Bezeichnungen sind nicht verschieden deutbar (BGH NJW 1966, 1560, 1561 – UNIPLAST; Beispiele für fehlende Kennzeichnungskraft: BGH GRUR 1953, 446, 447 – Verein der Steuerberater; BGH NJW 1956, 1595 f – Ihr Funkberater; BGH GRUR 1957, 426 f – Getränke-Industrie; BGH GRUR 1976, 254, 255 – Management-Seminare; OLG Köln WRP 1974, 503 f – AREAL; OLG Hamburg GRUR 1987, 184 – Sicherheit + Technik). Bei der Frage nach der Kennzeichnungskraft von Unternehmenskennzeichen sind nicht zu hohe Maßstäbe anzulegen (Ingerl/Rohnke § 5 Rn 37). So kommt es bei der Frage nach dem beschreibenden Charakter von Wortkombinationen darauf an, ob dieser bereits bei oberflächlicher Betrachtung erkennbar ist. Das Erg eingehender sprachlicher Überlegungen ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, da der Verkehr bei Wortneubildungen im Allgemeinen wenig geneigt sein wird, eine begriffliche Analyse vorzunehmen (BGH GRUR 1976, 643, 644 f – Interglas; OLG Frankfurt WRP 1982, 420 f – Multicolor).
cc) Familiennamen
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Umstritten ist die Frage, ob Familiennamen immer kennzeichnungskräftig sind (so Ingerl/Rohnke § 5 Rn 38) oder ob bei häufig vorkommenden Familiennamen wie zB „Schmidt“ oder „Schulze“ die Kennzeichnungskraft zu verneinen ist (so die herrschende Lit; vgl GK/Teplitzky § 16 Rn 202; Fezer § 15 Rn 78; aA jetzt Goldmann § 5 Rn 230). Während die ältere Rechtsprechung noch sog Allerweltsnamen die Kennzeichnungskraft absprach (BGH GRUR 1979, 642, 643 – Billich; OLG Hamburg WRP 1955, 183), hat sich der BGH in einer jüngeren Entscheidung davon ausdrücklich distanziert und festgestellt, dass auch einem häufigen Familiennamen eine zumindest schwache Kennzeichnungskraft nicht abgesprochen werden könne (BGH GRUR 2008, 801 Rn 14 – Hansen Bau).
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Das entscheidende Argument für die Notwendigkeit einer jeweiligen Überprüfung von Familiennamen auf ihre Kennzeichnungskraft ergibt sich aus der Funktion, die der Familienname im geschäftlichen Verkehr ausübt. Wird ein Familienname als Unternehmenskennzeichen benutzt, unterscheidet er sich insofern nicht mehr von frei erfundenen geschäftlichen Bezeichnungen und ist ausschließlich nach kennzeichenrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen (vgl Rn 17; differenzierend Goldmann § 5 Rn 231–242). Der Hinweis darauf, dass Familiennamen „gewissermaßen der Grundfall der Unterscheidungskraft“ seien und „seit je her zur Unterscheidung von Personen“ dienten (so Ingerl/Rohnke § 5 Rn 38), vernachlässigt das ausschließlich wirtschaftliche Interesse, dem der als Unternehmenskennzeichen verwendete – und damit von der Person abgelöste – Familienname dient. Die Verneinung der Kennzeichnungskraft von Allerweltsnamen widerspricht daher nicht dem in Art 3 Abs 1 GG geregelten Gleichheitsgrundsatz (aA Ingerl/Rohnke § 5 Rn 38). Schließlich vermag auch das Argument nicht zu überzeugen, dass „eindeutige“ Kriterien zur Bestimmung von sog Allerweltsnamen fehlen (so aber Ingerl/Rohnke § 5 Rn 38). Abgesehen davon, dass bei der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Kennzeichnungskraft“ exakte Eindeutigkeit gar nicht erreicht werden kann, kommt in Zweifelsfällen zur Ermittlung der Kennzeichnungskraft von Familiennamen eine Verkehrsbefragung in Betracht (eine solche wurde zB zur Ermittlung der Namensfunktion des Vornamens „Uwe“ durchgeführt; vgl BGH GRUR 1983, 262 f – Uwe).
aa) Allgemeines
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Die Ingebrauchnahme einer (kennzeichnungskräftigen) Bezeichnung als Voraussetzung der Entstehung des Kennzeichenschutzes beginnt mit einer nach außen in Erscheinung tretenden Kennzeichnung des Geschäftsbetriebs, die auf den Beginn einer dauernden wirtschaftlichen Betätigung schließen lässt (BGH GRUR 1969, 357, 359 – Sihl; BGH NJW 1971, 1522, 1524 – SWOPS; BGH GRUR 2009, 685 Rn 17 – ahd.de; GRUR 2012, 832 Rn 44 – ZAPPA; GRUR 2016, 705 Rn 19 – ConText). Die Anforderungen, die an die wirtschaftliche Betätigung gestellt