Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht. Anne Hahn

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gegen dieselbe Erstmitteilung richten, ist es erforderlich, dass der Anspruchssteller deutlich macht, mit welcher Fassung er sein Begehren als erfüllt erachtet; tut er dies nicht, entsteht hinsichtlich keiner Gegendarstellung ein Anspruch.[616]

      221

      Nach fast allen Regelungen der LPG muss das Abdruckverlangen unverzüglich, spätestens innerhalb von 3 Monaten seit der Veröffentlichung zugegangen sein.[617] Bei der Unverzüglichkeit sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich.[618] So kann z.B. ein Zeitraum von 3–4 Wochen noch ausreichend sein, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Erstmitteilung dem Leser noch in Erinnerung geblieben ist.[619] Dabei hat auch Bedeutung, in welchen periodischen Abständen ein Druckwerk erscheint oder welcher Leserkreis das Druckwerk gewöhnlicherweise liest.[620] Wer Risiken vermeiden will, tut gut daran, das Gegendarstellungsbegehren und das Abdruckverlangen spätestens[621] innerhalb von 2 Wochen zuzuleiten. Für den Fristenbeginn ist die tatsächliche Kenntnisnahme ausschlaggebend.

      222

      Wird die Gegendarstellung als nicht gesetzeskonform zurückgewiesen, kann sie überarbeitet und in einer neuen Fassung zugeleitet werden, ggf. mehrere Male. Jede neue Fassung muss unverzüglich nach der Zurückweisung der vorangegangenen zugeleitet werden.[622] Für Bayern gelten auch hier Besonderheiten.[623]

      223

      Wegen des Unverzüglichkeitsgebot sehen die LPG überwiegend[624] eine echte Ausschlussfrist von 3 Monaten nach Veröffentlichung vor. Die Frist beginnt mit dem Erscheinen, d.h. mit der tatsächlichen Verbreitung des Druckwerkes.

      224

      Die Gegendarstellung ist in der nach dem Empfang der Einsendung nächstfolgenden, für den Druck nicht abgeschlossenen Nummer in dem gleichen Teil des Druckwerkes mit gleicher Schrift wie der beanstandete Text ohne Einschaltungen oder Weglassungen abzudrucken.[625] Werden Schriftgröße, Ort oder Verbot der Glossierung[626] nicht beachtet oder nur mit Einschaltungen oder Weglassungen veröffentlicht oder die Bündelung aufgelöst, ist der Anspruch nicht erfüllt und der Abdruck kann erneut gefordert werden.[627] Statt eines Druckwerkes kann auch eine App, dort ggf. ein Teaser als „Überschrift“, Ort einer Gegendarstellung sein.[628]

      225

      Der Begriff des gleichen Teils ist eng auszulegen. Im Einzelfall ist dies nicht nur die Seite, sondern auch die konkrete Rubrik.[629] Erscheint die Rubrik oder die Seite z.B. nicht täglich, kann der nächste Erscheinungstermin abgewartet werden. Eine Rubrik ist nicht extra einzurichten. Erscheint sie z.B. nicht mehr, muss der ähnlichste Teil des Druckwerkes gewählt werden. Ansonsten muss eine gleichwertige Stelle gesucht werden, aber kein „mehr.“[630]

      226

      Der Grundsatz des gleichwertigen Teiles ist für die Titelseite eingeschränkt. Denn die Pressefreiheit gebietet, dass die Titelseite ihre Funktion nicht verlieren darf, eine Identifizierung des Blattes zu ermöglichen, die als besonders wichtig erachteten Mitteilungen aufzunehmen und das Interesse des Publikums zu erregen.[631] Deshalb kann die Veröffentlichung auf der Titelseite geboten sein; jedoch ist eine Reduzierung der Größe insoweit hinzunehmen, als die Funktionalität der Titelseite gewährleistet bleiben muss.[632] Wird der Beitrag auf der Titelseite angekündigt und findet sich die gegendarstellungsfähige Behauptung dann im Textteil in der Ausgabe, kommt im Einzelfall ein Hinweis auf der Titelseite auf die Gegendarstellung im Heft in Betracht.[633]

      227

      Unter dem Abdruck mit gleicher Schrift ist insbesondere Größe und Klarheit zu verstehen. Ausnahmen bestehen beim Titelblatt.[634] Die Unterschrift ist mit abzudrucken.

      228

      Zulässig ist es, die Gegendarstellung mit einem so genannten Redaktionsschwanz zu versehen, sofern dieser vom Text der Gegendarstellung deutlich getrennt als redaktionelle Anmerkung gekennzeichnet ist. Der Redaktionsschwanz verstößt nur dann nicht gegen das Glossierungsverbot, wenn er sich auf tatsächliche Angaben beschränkt[635] oder in der Kommentierung, die Gegendarstellung sei unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt abzudrucken.[636] Denkbar ist auch ein zustimmender Redaktionsschwanz („Herr Müller hat Recht“). Bei Gegendarstellung in einem Telemedium kann das Gericht dem Anbieter des Mediums verbieten, eine Erwiderung auf die Gegendarstellung mit dieser zu verknüpfen.[637]

      229

      Anwaltskosten sind nur dann zu erstatten, wenn die Darstellung eine schuldhaft unerlaubte Handlung ist mit der Folge, dass der Betroffene die Anwaltskosten als Schadensersatz erlangen kann oder unter den Voraussetzungen des Verzugs.[638] Wird gegen mehrere Antragsgegner vorgegangen und ist ein Vorgehen in einem einheitlichen gerichtlichen Verfahren möglich, kann die Erstattung von Kosten rechtsmissbräuchlich sein, wenn ein einheitlicher Lebenssachverhalt in mehrere Prozessmandate aufgespalten wurde.[639]

      230

      Grds. gilt das „Alles oder Nichts-Prinzip“, d.h. wenn nur einer von mehreren Gegendarstellungspunkten unzulässig ist, erfasst dieser Mangel die gesamte Gegendarstellung und macht sie nicht abdruckfähig.[640] Dieses grds. Prinzip wurde und wird in den letzten Jahren von einzelnen OLG, z.B. für aus voneinander unabhängigen Punkten bestehenden Gegendarstellungen immer mehr aufgeweicht.[641] Insbesondere existiert eine sehr differenzierte Rspr. zu der Frage, ob, inwieweit und wann man noch im gerichtlichen Verfahren das Gegendarstellungsbegehren ändern kann.[642] Hier ist auf die Besonderheiten der Rspr. im jeweiligen OLG-Bezirk zu achten.[643]

      231

      Strittig ist auch, ob der Passivlegitimierte die Zurückweisung der Gegendarstellung begründen muss.[644] In der Praxis empfiehlt sich für den Verlag, wenigstens beispielhaft ein oder zwei Gründe in abstrahierter Form („Gegendarstellung ist irreführend“) („Es fehlt das berechtigte Interesse“) zu nennen. Eine Pflicht, auf formale Mängel bei der Ablehnung hinzuweisen, besteht nicht.[645]

      232

      Die Gegendarstellung muss die Erstmitteilung, auf die die Gegendarstellung Bezug nimmt, mindestens sinngemäß wiedergeben. Dabei darf die Wiedergabe in keiner Weise verfälschend oder irreführend sein.[646] In der Praxis empfiehlt sich die wörtliche Wiedergabe der Erstmitteilung. Richtet sich die Gegendarstellung gegen einen wegen Mehrdeutigkeit der Formulierung erzeugten Eindruck, der sich nach dem Urteil des BVerfG als unabweisbare Schlussfolgerung darstellen muss,[647] sind die einzelnen Behauptungen der Erstmitteilung, aus denen sich der Eindruck ergibt, wiederzugeben. Entweder kann der entstehende Eindruck bei der Wiedergabe der Erstmitteilung berücksichtigt werden („… durch die Behauptung „…“ erweckt die X-Zeitung den Eindruck, … . Hierzu stelle ich fest: …“). Denkbar ist aber auch, die Tatsache, dass sich die Gegendarstellung gegen einen Eindruck wendet, in der Entgegnung aufzunehmen („Soweit dadurch der Eindruck erweckt wird, dass … , stelle ich hiermit fest: …“). Jedenfalls muss in der Gegendarstellung zum Ausdruck kommen, dass sie sich gegen einen Eindruck richtet.[648]

      233

      Bei der Entgegnung muss es sich um eine echte „Gegendarstellung“ im Wortsinne handeln. Die Gegendarstellung darf nicht dazu benutzt werden, umfassende nicht zur Sache gehörende Ausführungen zu ergänzen (sog. Konzentrationsmaxime). Gegenüber Teilen eines Interviews kann der Betroffene nicht eine vollständige Gegendarstellung eines gesamten Interviews verlangen.[649] Erklärende Zusätze sind nur zulässig, soweit sie zum Verständnis der Erwiderung notwendig sind.[650] Oft kann durch zusätzliche Ergänzungen auch die Gefahr der Irreführung entstehen. Risiko vermeidend ist die bloße Negation der Erstmitteilung, die zulässig ist, sofern die Negation nicht ihrerseits irreführend ist.[651]

      234

      Die Gegendarstellung


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