Unternehmensnachfolge. Manzur Esskandari
sondern gegen dessen Zustandekommen auf. Zumindest für den in wirtschaftlicher und steuerlicher Hinsicht sensiblen Bereich der Unternehmensnachfolge ist daher von einer solchen von erheblichen Unwägbarkeiten geprägten Klausel gänzlich abzuraten.
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Bei den speziellen Verwirkungsklauseln setzt der Erblasser dem Bedachten genaue Verhaltensregeln und ordnet für den Fall des Verstoßes als Sanktion den Verlust der Zuwendung an (z.B. Wiederverheiratungsklauseln). Die in einem Unternehmertestament wohl gebräuchlichste spezielle Verwirkungsklausel will den Vollzug einer Auflage sichern (z.B. Auflage über das Unternehmen nicht zu verfügen oder das ererbte Unternehmen umzuwandeln, vgl. hierzu Rn. 248, 79). Oft soll eine spezielle Verwirkungsklausel auch den Bestand post- oder transmortaler Vollmachten sichern, etwa dadurch, dass die Erbeinsetzung auflösend bedingt ist durch den Widerruf der Vollmacht. Auf diese Weise kann auch die Erteilung von Vollmachten, z.B. an den Testamentsvollstrecker, erzwungen werden (vgl. hierzu Rn. 222).
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Praxishinweis:
Ein Unternehmenserblasser sollte Bedingungen weitestgehend vermeiden. Die damit verbundene konstruktive Vor- und Nacherbfolge führt im unternehmerischen Bereich zu erheblichen Nachteilen (vgl. Rn. 197). Darüber hinaus kann die Anordnung einer Bedingung dazu führen, dass der Erbe im Ergebnis gar nichts erhält. Tritt eine auflösende Bedingung nämlich erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § 2332 BGB ein, muss der Erbe den Nachlass herausgeben und kann nicht mal mehr seine Pflichtteilsansprüche geltend machen. Nicht zuletzt hat das BVerfG generell die Wirksamkeit von Bedingungen in Frage gestellt, wenn sie zu einer unzulässigen Beschränkung der Entscheidungsfreiheit des Bedachten führen können[92] – ein weiterer Unsicherheitsaspekt, der zu zurückhaltender Verwendung von Bedingungen gerade in Unternehmertestamenten raten lässt. Alternativ zu einer Bedingung kommen aufschiebend/auflösend bedingte Vermächtnisse in Betracht, die wegen ihrer weitestgehend nur schuldrechtlichen Wirkung bedeutend flexibler sind (vgl. hierzu Rn. 91 ff.).
b) Auflage
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Mittels einer Auflage kann der Erblasser durch Testament seinen Erben oder Vermächtnisnehmer zu einer Leistung verpflichten, ohne einem anderen ein Recht auf diese Leistung zuzuwenden, § 1940 BGB. Dem durch die Auflage Begünstigten steht demnach kein einklagbarer Anspruch auf Leistung gegen den Beschwerten zu. Regelmäßig bietet sich daher die Anordnung einer Testamentsvollstreckung an,[93] um die Durchsetzung der Auflage sicherzustellen. Eine noch weitergehende Absicherung der Erfüllung der Auflage kann der Erblasser dadurch erreichen, dass die Erbeinsetzung auflösend bedingt durch die Nichterfüllung der Auflage ist. Die auflösende Bedingung führt jedoch zu einer konstruktiven Vor- und Nacherbschaft und sollte daher allenfalls in Ausnahmefällen verwandt werden (vgl. Rn. 70). Inhalt der Auflage kann jedes Tun oder Unterlassen sein, zu dem man sich schuldrechtlich verpflichten kann. Eine Auflage muss damit, im Gegensatz zum Vermächtnis, nicht zwangsläufig die Zuwendung eines Vermögensvorteils bezwecken. Verfolgt die Auflage die Begünstigung einer bestimmten Person, so kann der Erblasser noch freier als beim Vermächtnis dem Beschwerten oder einem Dritten die Wahl des Begünstigten und des Gegenstands überlassen.[94] Erforderlich ist lediglich die Angabe des Zwecks der Zuwendung, § 2193 BGB.
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Diese weitgehende Flexibilität macht die Auflage gerade im Unternehmertestament zu einem beliebten Gestaltungsmittel, um auch nach dem Ableben Einfluss auf die Unternehmensführung zu nehmen. Ein Einzelunternehmer verfolgt mit einer Auflage regelmäßig drei Ziele: die Erteilung von Vollmachten (etwa an den Testamentsvollstrecker), die Umwandlung des Einzelunternehmens in eine Gesellschaft (Gesellschaftsgründungsklausel) sowie die Pflicht, das Unternehmen nicht innerhalb einer bestimmten Frist zu veräußern, andernfalls eine Nachabfindung droht.[95]
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Formulierungsbeispiel Nachabfindung:
Zu meinem Nachlass gehört das von mir betriebene einzelkaufmännische Unternehmen …, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Memmingen unter HRA … Meinen Erben … belaste ich mit folgender Auflage: Für den Fall, dass der Erbe das vorgenannte Unternehmen innerhalb von fünf Jahren nach dem Erbfall veräußern sollte, hat er je ein Drittel der Veräußerungserlöse an meine Ehefrau und meine Tochter … abzuführen. Veräußert mein Erbe innerhalb des genannten Zeitraums mehr als 50 % der Vermögenswerte des Unternehmens nach Buchwerten (alt.: Verkehrswerten), hat der Erbe an die vorgenannten Personen einen Betrag in Höhe von je einem Drittel der erzielten Veräußerungserlöse (nach Steuern) zu zahlen.
Einer Veräußerung stehen alle Rechtsgeschäfts gleich, die einem Verkauf entsprechen, z.B. Einbringung, Tausch oder Umwandlungsvorgänge. Wenn der Erbe Sachleistungen für die Veräußerung erlangt, gilt der Verkehrswert der Sachleistung als Gegenleistung. Ist die Gegenleistung niedriger als der Wert, der bei einem Verkauf an einen Dritten hätte erzielt werden können, wird der Verkehrswert angesetzt.
Mein Erbe … hat meine Ehefrau und meine Tochter … über jegliche Veräußerung im vorgenannten Sinne zu informieren und auf Verlangen alle relevanten Unterlagen vorzulegen.
Ich ordne Testamentsvollstreckung (Abwicklungsvollstreckung) an und bestimme . . ., ersatzweise … zum Testamentsvollstrecker. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, für die Vollziehung der angeordneten Auflage zu sorgen. Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers endet nach der Erfüllung der Auflage.
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Mittels einer Gesellschaftsgründungsklausel möchte der Erblasser seine Erben verpflichten, eine Gesellschaft zu gründen, um etwa die Nachteile einer Erbengemeinschaft am Einzelunternehmen zu vermeiden. Eine erbrechtliche Anordnung, mittels derer unmittelbar mit dem Erbfall eine Gesellschaft zwischen den Erben entstehen würde, kennt das deutsche Erbrecht nicht. Eine solcher Zwangsgesellschaft würden im Übrigen auch gesellschaftsrechtliche Erwägungen entgegen.[96]
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Um Streitigkeiten zwischen mehreren Erben weitestgehend zu vermeiden, sollte der Erblasser die einzelnen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags so detailliert vorgeben, dass z.B. ein Testamentsvollstrecker etwaige Lücken ausfüllen kann.[97] Ist nur ein Gesellschafter-Erbe vorhanden, macht die detaillierte Vorgabe des Gesellschaftsvertrags allerdings wenig Sinn, da der Erbe diesen (nach Abschluss einer etwaigen Testamentsvollstreckung) sofort ändern könnte. Zur Umsetzung der Gesellschaftsgründungsklausel empfiehlt sich regelmäßig die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers. Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker aber nicht anweisen, ohne Zuziehung der Erben den Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft abzuschließen.[98] Die damit verbundene persönliche Haftung der Erben lässt sich mit der beschränkten Rechtsmacht des Testamentsvollstreckers nicht herbeiführen, §§ 2206, 2207 BGB. Zur Gründung einer bzw. Umwandlung in eine GmbH vgl. 3. Kap. Rn. 99.
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Was den Inhalt des Gesellschaftsvertrags betrifft, ist zu berücksichtigen, dass diesen der Erblasser vorgibt und nicht die Erben frei aushandeln. Der Gesellschaftsvertrag muss also in erster Linie an erbrechtlichen Maßstäben gemessen werden. Vor diesem Hintergrund sind Abweichungen möglich, die bei einem frei ausgehandelten Gesellschaftsvertrag möglicherweise nicht zulässig wären.[99] Zu nennen wären hier insbesondere der Abfindungsanspruch eines Erben-Gesellschafters, der im Rahmen einer erbrechtlichen Gründungsklausel ganz ausgeschlossen werden kann,[100] sowie das freie Hinauskündigungsrecht eines Miterben-Gesellschafters.[101]