Unternehmensnachfolge. Manzur Esskandari
zu überlassen. Der Bundesgerichtshof legt diesen Grundsatz, anders als das Reichsgericht,[77] strikt aus.[78] Der Erblasser muss zum einen die entscheidungsberechtigte Person festlegen, ohne dass diese Aufgabe dem Nachlassgericht übertragen werden kann. Der Erblasser muss darüber hinaus hinsichtlich des zu bestimmenden Erben so genaue Angaben machen, dass auch jede andere sachkundige Person den Bedachten auf Grund dieser Angaben ohne eigenes Ermessen bezeichnen kann. Der Kreis der potentiellen Erben muss persönlich und sachlich eng eingegrenzt sein.[79] Unzulässig wäre daher etwa eine Bestimmung, wonach der Dritte auf die Eignung zur Unternehmensfortführung abstellen oder aus dem Kreis der Verwandten wählen darf (anders wohl aus dem Kreis der Abkömmlinge).[80]
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Praxishinweis:
Da der Dritte den Unternehmenserben nur nach vorgegebenen Kriterien bezeichnen darf, wird dieser Weg für einen Unternehmenserblasser i. d. R. zu unflexibel sein. Hinzu kommt, dass das Nachlassgericht u.U. einen Nachlasspfleger nach § 1960 BGB bestellen muss, wenn das Bestimmungsrecht über längere Zeit nicht ausgeübt wird und daher der Erbe nicht feststeht – ein für die Führung eines Unternehmens denkbar ungünstige Konstellation. Will der Unternehmer einem Dritten die Entscheidung über den Unternehmensnachfolger überlassen, bietet ein Vermächtnis deutlich bessere und flexiblere Mitwirkungsmöglichkeiten (vgl. Rn. 134 ff.). Eingeschränkt gilt dies auch für eine Teilungsanordnung, § 2048 S. 2 BGB (vgl. Rn. 207).
h) Ersatzerbe
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Der Erblasser kann gem. § 2096 BGB für den Fall, dass sein Erbe vor oder nach dem Eintritt des Erbfalls wegfällt, einen Ersatzerben berufen. Die praktisch wichtigsten Fälle des Wegfalls sind das Vorversterben des erstberufenen Erben sowie dessen Ausschlagung.[81] Der Erblasser kann den Eintritt der Ersatzerbfolge auf bestimmte Wegfallgründe beschränken (z.B. Erbunwürdigkeit, Erbverzicht, Anfechtung).
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Bei der Unternehmensnachfolge ist die Frage des Ersatzerben von besonderer Bedeutung. Hat etwa der als Erbe weggefallene Unternehmensnachfolger bereits im Unternehmen mitgearbeitet und zu dessen wirtschaftlichem Erfolg beigetragen, so kann es sachgerecht sein, die Abkömmlinge des Nachfolgers entsprechend der Auslegungsregel des § 2069 BGB als Ersatzerben zu bedenken.[82] War der präsumptive Unternehmensnachfolger bislang noch nicht im Unternehmen aktiv, ist möglicherweise ein anderes Kind des Erblassers der richtige Ersatzerbe. Der Erblasser sollte diese Frage also unbedingt in seiner letztwilligen Verfügung regeln.
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Die Auslegungsregel des § 2069 BGB bestimmt, dass bei Wegfall eines Abkömmlings des Erblassers nach der Errichtung des Testaments im Zweifel dessen Abkömmlinge bedacht sind. Wenn der Erblasser jedoch eine ausdrückliche Ersatzerbenbestimmung vornimmt, ist die gesetzliche Vermutungsregel des § 2069 BGB obsolet. Dies ist allerdings nicht unumstritten.[83] Aus diesem Grund sollte der Erblasser eine klarstellende Formulierung in das Testament aufnehmen.
Formulierungsbeispiel:
Hiermit setze ich meinen Sohn . . . zu meinem alleinigen Erben ein.
Abweichend von anders lautenden gesetzlichen oder sonstigen Auslegungs-, Vermutungs- oder Ergänzungsbestimmungen setze ich . . . zum Ersatzerben ein.
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Ungeklärt ist weiterhin die Frage, inwieweit eine Ersatzerbenbestimmung eingreift, wenn der erstgenannte Erbe einen Zuwendungsverzicht erklärt.
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Beispiel:
Die Ehegatten A und B setzen sich in einem Erbvertrag gegenseitig als Alleinerben und ihre Kinder C und D, ersatzweise deren Abkömmlinge, erbvertraglich bindend als Schlusserben ein. Nach dem Tod von A schließt B mit C einen Zuwendungsverzichtsvertrag ab.
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Die Neufassung des § 2352 BGB verweist nun ausdrücklich auf § 2349 BGB mit der Folge, dass ein Zuwendungsverzicht sich auch auf die Abkömmlinge erstreckt. Auch nach neuer Rechtslage bleibt aber unklar, ob es sich bei § 2349 BGB nur um eine Auslegungsregel handelt oder ob § 2349 eine ausdrücklich angeordnete Ersatzerbfolge vorgeht. Fraglich ist, ob in der vorstehend angeordneten Ersatzerbfolge ein entgegenstehender Erblasserwillen gesehen werden kann. Eine Lösungsmöglichkeit wäre, die Ersatzerbeneinsetzung nicht erbvertraglich bindend vorzunehmen oder eine bindend angeordnete Ersatzerbeneinsetzung auflösend bedingt durch den Abschluss eines Zuwendungsverzichtsvertrags durch den erstgenannten Erben zu stellen.[84]
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Fraglich ist schließlich, ob eine angeordnete Ersatzerbenbestimmung auch dann gelten soll, wenn der erstberufene Erbe gegen vollständige Abfindung auf seinen Erbteil verzichtet, § 2352 BGB. Dies wird regelmäßig nicht dem Willen des Erblassers entsprechen, da andernfalls der Stamm des Erbverzichtenden mehrfach begünstigt würde.[85]
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Formulierungsbeispiel:
Im Anschluss an die Ersatzerbenbestimmung:
„… Die Bestimmung der Abkömmlinge meines Sohnes als Ersatzerben ist auflösend bedingt durch den Verzicht meines Sohnes auf seinen Erbteil gegen vollständige Abfindung. Für diesen Fall setze ich … als Erben ein.“
a) Bedingung
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Letztwillige Verfügungen können grundsätzlich mit Bedingungen verbunden werden. Die §§ 2074–2076 BGB setzen dies voraus. Die Bedingung kann in einem Umstand bestehen, den niemand beeinflussen kann (Zufallsbedingungen) oder der vom Willen des Bedachten abhängt (Potestativbedingungen). Die Bedingung kann auflösend oder aufschiebend bedingt sein, § 158 Abs. 1 und 2 BGB.[86]
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Eine aufschiebend bedingte Erbeinsetzung führt zwingend zur Vor- und Nacherbfolge, auch wenn der Erblasser dies nicht anordnen wollte (sog. konstruktive Vor- und Nacherbfolge).[87] Im Zweifel sind die gesetzlichen Erben des Erblassers als Vorerben berufen, § 2105 Abs. 1 BGB. Hat der Erblasser den Erben unter einer auflösenden Bedingung eingesetzt, führt der Eintritt der Bedingung zwingend zur Nacherbfolge. Der Erbe ist damit – zum Eintritt der Bedingung auflösend bedingter Vollerbe und aufschiebend bedingter Vorerbe.[88] Aufschiebend bedingte Nacherben sind im Zweifel die gesetzlichen Erben des Erblassers zum Zeitpunkt des Bedingungseintritts, § 2104 BGB. Problematisch ist, dass auch für den aufschiebend bedingten Nacherben die Kontroll-, Sicherungs- und Mitwirkungsrechte der §§ 2113 ff. BGB gelten.[89]
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Im Unternehmertestament wird eine Bedingung oftmals als Verwirkungsklausel ihren Niederschlag finden. Die Verwirkungsklausel kann allgemein oder speziell ausgestaltet sein. Bei der allgemeinen Verwirkungsklausel setzt der Erblasser ganz allgemein die Zuwendung unter die auflösende Bedingung, dass sich der Bedachte in irgendeiner Weise seinem letzten Willen widersetzt.[90]
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Formulierungsbeispiel:
Für den Fall, dass sich … in irgendeiner Weise gegen mein Testament auflehnen sollte, so werden er und seine Abkömmlinge enterbt.
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Die Streitanfälligkeit einer solchen allgemeinen Verwirkungsklausel ist naturgemäß hoch, da nicht genau bestimmt ist, welches Verhalten die Klausel auslöst. Zweifelhaft sind insbesondere die Fälle, in denen ein erbrechtlich Übergangener eine letztwillige Verfügung anficht mit dem Argument,