Handbuch Joint Venture. Torsten Fett
Nachfolgend soll ein erster Überblick über die wesentlichen Aspekte der Neugründung einer Gesellschaft gegeben werden (s. zu den Einzelheiten der Errichtung 7. Kap. Rn. 279 ff. und zur Eigenkapitalausstattung 7. Kap. Rn. 331).
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Gründen die Partner eine Joint Venture Gesellschaft originär neu, so werden sie regelmäßig bereits im Zuge des Gründungsvorgangs die Gesellschaft mit denjenigen Barmitteln und Vermögenswerten, personellen Kapazitäten und sonstigen Ressourcen ausstatten, die diese für den Beginn ihrer operativen Geschäftstätigkeit benötigt. Hierzu wird neben der Leistung bestimmter Gesellschaftereinlagen in Geld (Bareinlage) typischerweise auch die Übertragung von Vermögenswerten (Sacheinlage) nötig sein, etwa wenn einer der Partner über einen oder mehrere Teilbetriebe verfügt, die in der Joint Venture Gesellschaft fortgeführt werden sollen. Je nach gewählter Rechtsform ist auch eine Verbindung von Geld- und Sachleistungen auf die Einlage eines der Partner möglich (sog. Mischeinlage oder gemischte Einlage).[28] Hier sind viele Spielarten möglich und üblich.
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Sollen Teilbetriebe oder Betriebe im Wege der Sachgründung in eine neue Joint Venture Gesellschaft eingebracht werden, so sind sämtliche Wirtschaftgüter, die den jeweiligen relevanten Betriebsvermögen zugeordnet sind, im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die Joint Venture Gesellschaft zu übertragen. Gehören darüber hinaus bestimmte selbstständige Organisationseinheiten dazu, etwa eine gesonderte Vertriebs-KG oder eine gesonderte Forschungs- und EntwicklungsGmbH, so werden die jeweiligen Anteile an diesen Gesellschaften vom Joint Venture Partner in die Joint Venture Gesellschaft eingebracht. Insoweit bestehen keine Besonderheiten für das Joint Venture, es gelten die allgemeinen Regelungen.
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Die jeweils von den Partnern zu leistenden Einlagen werden in der Weise auszuwählen, zu bewerten und zu bemessen sein, dass die im Rahmen des Gründungsvorgangs den beteiligten Partnern zuzuordnenden Anteile letztlich zu der gewünschten Beteiligungsstruktur der neuen Joint Venture Gesellschaft führen.
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Der originären Errichtung einer neuen Gesellschaft gleicht wirtschaftlich der Erwerb einer Vorratsgesellschaft, die noch keinerlei operative Geschäftstätigkeit hat (sog. wirtschaftliche Neugründung). Typischerweise entspricht das Stamm- oder Grundkapital den gesetzlichen Mindestanforderungen. Wählen die Partner als Rechtsform der Joint Venture Gesellschaft die GmbH, ist das Mindeststammkapital 25 000 EUR, wählen sie eine GmbH & Co. KG, gilt für die Komplementär-GmbH dasselbe, wählen sie eine AG, ist das Mindestgrundkapital 50 000 EUR. Die erworbene Vorratsgesellschaft muss sodann wiederum mit den Barmitteln, Sachwerten und dem Personal ausgestattet werden, die sie für ihre operative Tätigkeit benötigt.
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Demnach bringen die Partner in einem zweiten Schritt ihren jeweiligen Beitrag in die neu erworbene Joint Venture Gesellschaft ein. Haben sie eine Kapitalgesellschaft erworben, werden sie hierzu typischerweise sowohl eine Barkapitalerhöhung als auch eine Sachkapitalerhöhung durchführen. Soll ein Partner sowohl Geld als auch Sachleistungen erbringen, ist auch im Rahmen der Kapitalerhöhungsmaßnahmen wiederum eine Gestaltung als gemischte Einlage möglich; für die Bestimmung und die Erbringung der Einlagen bei der Kapitalerhöhung gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Gründung.[29]
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Ferner kann auch das gesamte Instrumentarium des Umwandlungsrechts – aus steuerlicher Sicht unter Beachtung der Vorgaben des Umwandlungsteuergesetzes – genutzt werden. Befinden sich Teilbetriebe oder Betriebe im Vermögen einer Tochtergesellschaft des Joint Venture Partners, so kann er sie im Wege der Abspaltung zur Aufnahme aus dieser Tochtergesellschaft auf die übernehmende Joint Venture Gesellschaft gegen Gewährung von Anteilen an der Joint Venture Gesellschaft übertragen (§ 123 Abs. 2 Ziff. 1 UmwG). Er hält dann nach Vollzug (neben den verbleibenden Anteilen an der Tochtergesellschaft) die erwünschte Beteiligung an der Joint Venture Gesellschaft.[30]
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Ist der Joint Venture Partner selbst als spaltungsfähiger Rechtsträger organisiert, so kann er Teilbetriebe oder Betriebe, die sich in seinem eigenen Vermögen befinden, im Wege der Ausgliederung auf die übernehmende Joint Venture Gesellschaft gegen Gewährung von Anteilen übertragen (§ 123 Abs. 3 Ziff. 1 UmwG) und hält hernach die erwünschte Beteiligung an der Joint Venture Gesellschaft.[31]
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Hat der Partner nach dem Joint Venture Vertrag eine bestimmte Gesellschaft in die Joint Venture Gesellschaft einzubringen, etwa eine Vertriebs- oder Produktions-GmbH und soll diese im Gemeinschaftsunternehmen nicht als selbstständige Organisationseinheit fortbestehen, so kann eine Verschmelzung dieser Gesellschaft zur Aufnahme auf die Vorratsgesellschaft gegen Gewährung von Anteilen (§ 2 Ziff. 1 UmwG) die geeignete Variante sein, die dem Partner die erwünschte Beteiligung an der Joint Venture Gesellschaft verschafft.
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Aus steuerlicher Sicht ist hierbei insbesondere zu beachten, dass die genannten Transaktionen als Sachgründungen, Einbringungs- oder Tauschvorgänge zu qualifizieren sind, die ggf. zu ungewollten, steuerpflichtigen Gewinnrealisierungen führen können. Hier sind die Vorgaben des Umwandlungsteuergesetzes von zentraler Bedeutung, die eine Steuerneutralität solcher Transaktionen unter bestimmten Voraussetzungen im Inland, aber auch für EU-Fälle ermöglichen.[32]
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Hier haben die beteiligten Unternehmen große Gestaltungsfreiheit, um durch die Wahl geeigneter gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen – unter Beachtung möglicher steuerlicher Restriktionen – die gewünschte Zielstruktur zu erreichen.
3.2 Beteiligung an einem Tochterunternehmen des Partners
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Der eine Partner kann sich schließlich auch durch Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft, die seinem Joint Venture Partner entweder vollständig oder mehrheitlich gehört, beteiligen. In diesem Szenario ergeben sich keine Besonderheiten gegenüber einem sonstigen Unternehmenskauf.
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Denkbar ist ebenso eine Beteiligung im Wege der Kapitalerhöhung an der Tochter-Gesellschaft des Partners. Dies ist unproblematisch möglich, wenn der zukünftige Partner Alleingesellschafter des Zielunternehmens ist. Soll die Beteiligung jedoch an einem Unternehmen erfolgen, in welchem außer dem Joint Venture Partner noch weitere Gesellschafter vorhanden sind, die nicht an einer Aufnahme des Joint Venture Partners in das Unternehmen interessiert sind, so hängt die Möglichkeit einer Beteiligung des investitionswilligen Partners von den Mehrheitsverhältnissen in der Zielgesellschaft ab. Ebenso wie den Aktionären einer Aktiengesellschaft steht den Gesellschaftern einer GmbH bei Kapitalmaßnahmen ein Bezugsrecht zu.[33]
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Vor dem Einstieg des Joint Venture Partners sollte sichergestellt sein, dass in der Gesellschafterversammlung eine hinreichende Kapitalmehrheit vorhanden ist, um das Bezugsrecht der übrigen Gesellschafter auszuschließen und sicherzustellen, dass der Joint Venture Partner sämtliche neuen Geschäftsanteile zeichnen kann. Die Aufnahme ist einfacher möglich, wenn hinreichend genehmigtes Kapital (bei der GmbH seit Neueinführung des § 55a GmbHG durch das MoMiG möglich) zur Verfügung steht, welches das Management der Gesellschaft zugunsten des Joint Venture Partners ausnutzen kann, ohne dass es eines Gesellschafterbeschlusses bedarf.
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Unabhängig davon, ob sich ein Partner an einem bereits bestehenden Unternehmen des anderen durch Kapitalerhöhung