Handbuch Joint Venture. Torsten Fett
das Risiko, dass der neue Partner unbekannte „Altlasten“ des Unternehmens erwirbt oder zur Aufnahme der operativen Tätigkeit der Joint Venture Gesellschaft teure und aufwändige Restrukturierungsmaßnahmen erforderlich werden. Vieles spricht daher für eine Variante der Neugründung.
3.3 Gemeinschaftlicher Neuerwerb eines bestehenden Unternehmens
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Für den gemeinschaftlichen Neuerwerb eines dritten Unternehmens, mit dem die Joint Venture Partner noch nicht gesellschaftsrechtlich verbunden sind, können die rasche Verfügbarkeit, die Nutzbarmachung einer bereits vorhandenen Marktorganisation und eventuell auch die Verringerung des Wettbewerbes sprechen.[34] Zu den hier zu beachtenden kartellrechtlichen Implikationen vgl. 5. Kap. Rn. 57 ff. und 107 ff.
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Rechtstechnisch dürfte sich der gemeinsame Neuerwerb eines bereits bestehenden Unternehmens regelmäßig dadurch vollziehen, dass die Partner zunächst eine Gesellschaft gründen (oder eine Vorratsgesellschaft erwerben) und diese als Akquisitionsvehikel nutzen, das später zur Joint Venture Gesellschaft erwächst. Vermittels dieses Vehikels erwerben die Partner entweder Anteile an der bestehenden Gesellschaft, je nach deren Rechtsform also Geschäftsanteile, Aktien oder Beteiligungen an Personengesellschaften (Share Deal), oder sie erwerben sämtliche oder bestimmte Wirtschaftsgüter und Vermögensgegenstände eines Unternehmens (Asset Deal).[35] Aus steuerlicher Sicht ist hierbei für den Erwerber regelmäßig ein Asset Deal interessant, der den Kaufpreis in steuerwirksame Abschreibungen transformiert[36] – wohingegen ein Share Deal zwar keine steuerwirksame Kaufpreisabschreibung, aber regelmäßig eine günstigere Besteuerung bei Beendigung des Joint Venture ermöglicht.[37]
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Beim Erwerb sämtlicher Vermögensgegenstände, die zu einer bestimmten Geschäftseinheit gehören, liegt regelmäßig ein (Teil-)Betriebsübergang i.S.d. § 613a BGB vor. Die bestehenden Arbeitsverhältnisse gehen demnach in dieser Variante des Asset Deal kraft Gesetzes auf das Akquisitionsvehikel über. Zu den hierbei relevanten Punkten und Gestaltungsmöglichkeiten siehe im einzelnen 6. Kap. Rn. 9 ff. Letztlich ergeben sich hier keine Besonderheiten gegenüber einem sonstigen Unternehmenskauf.
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Zusammenfassend stellen sich die Unterschiede zwischen Contractual und Equity Joint Venture wie folgt dar:
Abb. 3: Unterschiede Contractual und Equity Joint Venture
Contractual Joint Venture | Equity Joint Venture |
---|---|
keine verselbstständigte Organisation | Ausgliederung der Kooperation in eigenständiges Unternehmen mit Personal- und Entscheidungsautonomie |
lediglich Vertragsbeziehung zwischen den Joint Venture Partnern | eigene Rechtsperson, aufwändigere Gestaltung, eigene Abschlüsse, eigene Wirtschaftsprüfung, eigene Steuererklärung |
unbeschränkte Haftung der Joint Venture Partner | Haftungsbegrenzung auf Eigenkapital der Joint Venture Gesellschaft |
Finanzierung nur durch Joint Venture Partner | möglicher eigener Zugang zum Kapitalmarkt im Falle der Rechtsform der Aktiengesellschaft |
Steuerung durch Joint Venture Partner unmittelbar | Steuerung der Joint Venture Gesellschaft (in der Regel) durch Organe |
Parteien bleiben unabhängiger | erhöhter Zwang zur Zusammenarbeit |
eigene Corporate Identity schwer herzustellen | eigene Corporate Identity |
Kooperation endet automatisch bei Insolvenz eines der Joint Venture Partner | Joint Venture überlebt eventuelle Insolvenz eines Joint Venture Partners |
Kündigung | erschwerte Beendigung aufgrund Kapitalverflechtung |
Besteuerung von Lizenz- und Franchise-Gebühren | eventuell Steuervorteile durch Gewinnthesaurierung und begünstigte Ausschüttung |
keine eigenständige Bilanzierungsverpflichtung des Joint Venture | Joint Venture Gesellschaft unterliegt eigenständiger Bilanzierungspflicht |
Ziel: zumeist projektbezogen | Ziel: dauerhafte Zusammenarbeit |
Anmerkungen
Schulte/Pohl Joint Venture Gesellschaften, Rn. 3 und 8.
Müller/Hoffmann/Stengel Beck'sches Hdb. PersGes., 2002, § 23 Rn. 7: typisches Charakteristikum.
Schulte/Pohl Joint Venture Gesellschaften, Rn. 8.
Unnötig kompliziert deswegen die Bezeichnung des Joint Venture als „Doppelgesellschaft“, vgl. MünchHdb. GesR/Wirbel Bd.1, § 28 Rn. 2, 28.
Bildliche Darstellung bei Müller/Hoffmann/Stengel Beck'sches Hdb. PersGes., 2002, § 23 Rn. 7 ff.
Statt vieler Vogt/Fleischer/Kalss/Schmolke Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2014, S. 107, 111 f.
Vogel Equity Joint Ventures und deren Finanzierung, S. 10.
Zu den Verrechnungspreisen auch 7. Kap. Rn. 653 ff. und 3. Kap. Rn. 13.
S. dazu näher 4. Kap. Rn. 27 ff.
Vgl. das Modell zur Strategieentwicklung bei Schaumburg/Probst/Rüling Joint Ventures, S. 21.
Vgl. auch Arens/Tepper