Handbuch des Aktienrechts. Hans-Peter Schwintowski
macht und die AG zugleich auffordert, ihm ein Zeichnungsangebot zu machen und ihm die dazu erforderlichen Unterlagen zuzusenden.[228] Die Bezugserklärung ist nicht zu verwechseln mit der Zeichnungserklärung. Der Aktionär erklärt mit der Bezugserklärung lediglich, dass er einen Zeichnungsvertrag abschließen möchte.[229] Eine Verpflichtung, die Aktien tatsächlich auch zu zeichnen, entsteht dadurch noch nicht.[230] Zeichnet der Aktionär jedoch trotz erfolgter Bezugserklärung die Aktien nicht, so kann er sich gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig machen.[231]
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Gem. § 186 Abs. 1 S. 2 AktG muss für die Ausübung des Bezugsrechts durch den Vorstand, wenn Satzung und Kapitalerhöhungsbeschluss keine andere Regelung treffen,[232] eine Frist von mindestens zwei Wochen bestimmt werden. Durch die Frist soll die Gesellschaft die Möglichkeit erhalten, sich einen Überblick über die Anzahl der zeichnungswilligen Aktionäre zu verschaffen. Ausübungsfrist und Zeichnungsfrist müssen dabei nicht identisch, die Zeichnungsfrist darf aber nicht kürzer als die Ausübungsfrist sein. Die Frist beginnt frühestens mit der Bekanntmachung nach § 186 Abs. 2 AktG, die AG kann aber einen späteren Fristbeginn festlegen.[233]
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Die Ausübungsfrist des § 186 Abs. 1 S. 2 AktG ist eine Ausschlussfrist. Nach Ablauf der Frist erlischt der Bezugsanspruch.[234] Sofern der Bezugsanspruch erloschen ist, kann der Vorstand nach freiem Ermessen die nicht bezogenen Aktien Dritten, aber auch nochmals den (vormals) bezugsberechtigten Aktionären, zum Bezug anbieten.[235] Letztere haben dann allerdings keine Vorrechte mehr gegenüber weiteren Interessenten.[236]
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Zur Ausübung des Bezugsrechts muss sich der Aktionär gegenüber der AG als Bezugsberechtigter legitimieren. Dies geschieht meist durch die Vorlage eines Gewinnanteilsscheins, welcher bei der Gesellschaft zusammen mit der Bezugserklärung einzureichen ist.[237]
1.7.4 Bekanntmachung
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In den Gesellschaftsblättern (§ 25 AktG) ist durch den Vorstand eine Bezugsaufforderung zu veröffentlichen, welche den Ausgabekurs und die Frist für die Ausübung des Bezugsrechts enthält. Selbiges gilt für eine eventuelle Anordnung, dass die Bezugserklärung nur durch die Vorlage eines förmlichen Zeichnungsscheins ausgeübt werden kann.[238] Die Pflicht zur Veröffentlichung bezieht sich nur auf den Ausgabebetrag von Aktien, für die ein Bezugsrecht besteht. Vorgenannte Veröffentlichungspflichten sind in ihrer isolierten Form jedoch für die Aktionäre allein unverständlich. Deshalb muss die Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern zusätzlich mindestens die Tatsache enthalten, dass es überhaupt einen Kapitalerhöhungsbeschluss gibt. Ebenso sind der Erhöhungsbetrag und das Bezugsverhältnis anzugeben.[239] Aus § 186 Abs. 2 S. 2 AktG ergibt sich, dass die Angabe des Ausgabebetrags zunächst entfallen kann. Dann ist jedoch spätestens drei Tage vor Ablauf der Bezugsfrist der Ausgabebetrag in den Gesellschaftsblättern und über ein elektronisches Informationsmedium bekannt zu machen. Für die Bekanntmachung über ein elektronisches Informationsmedium ist die Verbreitung der Information auf der unternehmenseigenen Internetseite ausreichend.[240]
1.7.5 Mittelbares Bezugsrecht
1.7.5.1 Allgemeines
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Beim mittelbaren Bezugsrecht werden die bei einer Kapitalerhöhung auszugebenden neuen Aktien den bisherigen Aktionären nicht von der Gesellschaft direkt, sondern zumeist von einer Bank oder einem Bankenkonsortium zum Bezug angeboten. Diese Vorgehensweise entsprach schon lange der in der Praxis vorherrschenden Methode zur Durchführung einer Kapitalerhöhung, was der Gesetzgeber durch die Einfügung des § 186 Abs. 5 AktG, welcher das mittelbare Bezugsrecht regelt, berücksichtigt hat.
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§ 186 Abs. 5 AktG stellt klar, dass der zwischenzeitliche Bezug der Aktien durch eine Bank- oder ein Emissionskonsortium keinen Bezugsrechtsausschluss darstellt, sondern lediglich Teil einer Bankdienstleistung ist. Von einem Bezugsrechtsausschluss könnte man zunächst ausgehen, da § 186 Abs. 1 AktG eigentlich ein direktes Bezugsrecht der Aktionäre statuiert. Die Aktionäre sind jedoch beim mittelbaren Bezugsrecht nicht schlechter gestellt als beim unmittelbaren Bezugsrecht, weil ihnen auch beim mittelbaren Bezugsrecht ein Anspruch auf die Zuteilung neuer Aktien entsprechend ihrem bisherigen Aktienanteil an der Gesellschaft zusteht. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass den Aktionären diese neuen Aktien nicht von der Gesellschaft direkt, sondern von der Bank angeboten werden.[241] § 186 Abs. 5 AktG stellt dabei sicher, dass eine Anwendung der Vorschriften zum Bezugsrechtssauschluss gem. § 186 Abs. 3 und 4 AktG nicht erfolgen muss. Die Rechte der Aktionäre werden dabei auch deshalb gewahrt, weil die Emissionsbank bzw. das Konsortiumsmitglied bei der Gewährung der Bezugsrechte der Aufsicht der BaFin unterstehen.[242]
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Für die AG hat das mittelbare Bezugsrecht Vorteile. Nicht nur der Organisationsaufwand ist für die direkte Erfüllung der Bezugsrechte der Altaktionäre erheblich, weil u.a. die Formalien der Zeichnung junger Aktien kompliziert sind.[243] Hinzu kommt die Gefahr, dass die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung nicht rechtzeitig oder, weil der Erhöhungsbetrag nicht voll aufgebracht wird, überhaupt nicht ins Handelsregister eingetragen wird. All diesen Schwierigkeiten kann die AG mit Hilfe des mittelbaren Bezugsrechts und unter Einschaltung einer Emissionsbank entgehen. Die Bank übernimmt zunächst das gesamte aus der Kapitalerhöhung stammende Aktienpaket, sodass für die Gesellschaft die Kapitalerhöhung bereits mit der Übernahme der Aktien durch das Emissionsinstitut durchgeführt und damit erfolgreich ist.[244] Die übernommenen Aktien bietet die Emissionsbank dann den Aktionären entsprechend ihrer bisherigen Beteiligungsquote zum Bezug an. Dabei wird zumeist ein mit der AG zuvor vereinbartes Aufgeld verlangt. Die Bank führt den so erlangten Erlös an die AG ab und erhält für die erbrachte Dienstleistung eine Provision. Fehler bei der Abwicklung lassen die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung unberührt.
1.7.5.2 Voraussetzungen und Durchführung
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Das mittelbare Bezugsrecht ist gem. § 186 Abs. 5 S. 1 AktG in dem Kapitalerhöhungsbeschluss (vgl. Wortlaut des § 186 Abs. 5 S. 1 AktG: „nach dem Beschluss“) festzusetzen.[245] Das reguläre Bezugsrecht wird im Kapitalerhöhungsbeschluss ausgeschlossen, ohne dass dabei die Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 und 4 AktG zu beachten wären.[246] Zuständig für den Beschluss über das mittelbare Bezugsrecht ist weiterhin ausschließlich die HV.[247]
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Der Kapitalerhöhungsbeschluss, in dem das mittelbare Bezugsrecht festgesetzt wird, muss weiterhin festlegen, dass die Bank vom Vorstand der AG verpflichtet werden muss, die neuen Aktien den Aktionären zum Bezug anzubieten. Durch die Verpflichtung der Bank müssen die Aktionäre letztendlich so gestellt werden, als würde ihnen ein unmittelbares Bezugsrecht zustehen. Der Vertrag, den die AG und die Emissionsbank bzw. das Emissionskonsortium abschließen, ist nach allgemeiner Ansicht als echter Vertrag zugunsten der Aktionäre als Dritte i.S.v. § 328 BGB auszugestalten.[248] Der Vertrag zugunsten Dritter muss sich dabei auf alle neuen Aktien beziehen und jedem Aktionär eine Bezugsmöglichkeit verschaffen. Die Weitergabe der Aktien muss unverzüglich erfolgen (§ 186 Abs. 5 AktG).[249]
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§ 186 Abs. 5 AktG macht zum sonstigen Inhalt des Kapitalerhöhungsbeschlusses keine weiteren Vorgaben. Die HV kann in dem Beschluss den Emissionskurs bzw. den Ausgabekurs gegenüber dem Emissionsinstitut und den Bezugskurs für den Bezug der Aktien durch die Aktionäre von der Bank festlegen.[250] Zulässig ist auch, die Kompetenz für diese Festlegungen auf den Vorstand zu übertragen und dabei einen Mindest- und einen Höchstbetrag festzulegen.[251] Der Bezugskurs, d.h. der Kurs, zu dem die Aktionäre schließlich die Aktien bei der Bank zeichnen, darf – wenn mit der Bank nicht bereits