Praxishandbuch Open Source. Christian Galetzka
von FOSS.39 Will man diese auflösend bedingte Rechtseinräumung nicht als Begründung eines Forderungsrechts verstehen, muss der Rechtsgedanke des echten Vertrags zugunsten Dritter nach § 328 Abs. 1, Abs. 2 BGB herangezogen werden, um dem Empfänger ein eigenes Forderungsrecht zu gewähren.40 Nur ein solches Verständnis wird Sinn und Zweck der FOSS gerecht.41 Dies scheint jedoch, soweit ersichtlich, bisher nur in Frankreich gerichtlich anerkannt zu sein (siehe Rn. 45).
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Zu der FOSS Lizenz können im Verhältnis eines Zulieferers zu einem Hersteller kaufvertragsrechtliche Elemente treten (insbesondere, wenn neben der FOSS zugleich proprietäre Software vertrieben wird). Die Rechtseinräumung bzgl. der FOSS erfolgt aber unentgeltlich. Die jeweiligen Rechtsverhältnisse sind im Hinblick auf die typologische Einordnung und die Geltung der unterschiedlichen Vertragsbedingungen sorgfältig zu unterscheiden. Die Ausführungen hier gehen von einer Rechtseinräumung zeitgleich mit der Überlassung der FOSS aus.42
cc) Schriftform
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Für die Schaffung und Übertragung von Nutzungsrechten gilt der Grundsatz der Formfreiheit, eine Schriftform ist nicht erforderlich.43 Das OLG Frankfurt a.M.44 geht mit einer weit verbreiteten Auffassung davon aus, dass Nutzungsrechte nicht nur formlos, sondern insbesondere auch stillschweigend eingeräumt werden können. Bestehende Ausnahmen vom Grundsatz der Formfreiheit erscheinen im vorliegenden Kontext größtenteils nicht relevant. Einerseits müssten unbekannte Nutzungsarten betroffen sein, § 31a Abs. 1 Satz 1 UrhG, oder aber eine Rechtseinräumung an künftigen noch nicht bestimmten Werken, § 40 Abs. 1 UrhG. Weitere Möglichkeiten stellen rechtsgeschäftliche Vereinbarungen zwischen den Beteiligten dar.
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Hier kann allenfalls zum Tragen kommen, dass viele FOSS Lizenzen bereits seit den 1990er Jahren bestehen und aktuelle technische Möglichkeiten besonders im Zusammenhang mit der Verbreitung der Cloud-Nutzung sich demgegenüber tatsächlich als damals noch unbekannte Nutzungsarten darstellen könnten.45 Andererseits ist es jedoch so, dass es sich dabei im Wesentlichen um Server Client Anwendungen handelt, die bereits mit der ersten Nutzung von Computern und Internet bekannt waren und nur in einen anderen technischen Rahmen übertragen wurden. Durch diese Übertragung wurden auch keine neuen Absatzmärkte kommerzialisiert,46 da im Wesentlichen Software, die zuvor über einen Kauf erworben wurde, nunmehr alternativ über Miete genutzt werden kann.47
1 Jaeger/Metzger, Open Source Software, Rn. 247, demzufolge die durch freie Lizenzen eingeräumten Nutzungsrechte dem Erwerber gerade in erster Linie die Weiterentwicklung und den Vertrieb der FOSS ermöglichen sollen, anders als dies bei den sonst üblichen EULA der Fall ist. Zu Recht weisen Jaeger/Metzger, Open Source Software, Rn. 246, darauf hin, dass in allen Fällen, in denen die Software zur bloßen Benutzung erworben wird, keine vertragliche Einräumung von Nutzungsrechten erforderlich ist. 2 Jaeger/Metzger, Open Source Software, Rn. 255. 3 Mantz, in: Kilian/Heussen, Computerrechts-Handbuch, 35. EL Juni 2020, 32.6 Open Source Software, Rn. 41, auch Rn. 39. 4 Das mag bei der (Mit-)Überlassung von eigener, proprietärer Software, soweit diese von der FOSS getrennt werden kann und nicht infiziert ist, durchaus anders sein. 5 Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 17. 6 Schöttle, DSRITB 2020, 833, 835; Galetzka/Hackel, MMR 2019, 452, 457f.; Czychowski, GRUR-RR 2018, 1; Mantz, GRUR Int. 2008, 20, 21; Strobel, MMR 2003, 778, 780; Mantz, in: Kilian/Heussen, Computerrechts-Handbuch, 35. EL Juni 2020, 32.6 Open Source Software, Rn. 41, 39; Metzger/Jaeger, GRUR Int. 1999, 839, 846; Sujecki, JurPC Web-Dok 145/2005, Abs. 10 m.w.N. 7 OLG Köln, 31.10.2014 – I 6 U 60/14, K&R 2015, 57, Rn. 69; LG München I, 19.5.2004 – 21 O 6123/04, MMR 2004, 693; LG Frankfurt a.M., 6.9.2006 – 2-6 O 224/06, CR 2006, 729; nicht problematisiert von LG Köln, 20.10.2017 – 14 O 188/17, GRUR-RR 2018, 11, ab Rn. 80. 8 Allgemein für Lizenzverträge Lettl, Urheberrecht, § 5 Rn. 13; Grützmacher, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, § 69c Rn. 75. 9 Mantz, in: Kilian/Heussen, Computerrechts-Handbuch, 35. EL Juni 2020, 32.6 Open Source Software, Rn. 9. 10 BGH, 3.11.2004 – VIII ZR 375/03, NJW 2005, 53, 54. 11 LG Frankfurt a.M., 6.9.2006 – 2-6 O 224/06, CR 2006, 729, 731; Metzger/Jaeger, GRUR Int. 1999, 839, 843; Mantz, in: Kilian/Heussen, Computerrechts-Handbuch, 35. EL Juni 2020, 32.6 Open Source Software, Rn. 9. 12 Siehe LG Frankfurt a.M., 6.9.2006 – 2-6 O 224/06, CR 2006, 729, 731; kritisch, aber dies zumindest für möglich haltend Grützmacher, in: Wandtke/Bullinger/, UrhG, § 69c Rn. 110. 13 LG Frankfurt a.M., 6.9.2006 – 2-6 O 224/06, CR 2006, 729, 731; ebenso LG München I, 19.5.2004 – 21 O 6123/04, MMR 2004, 693, 694. Nach dem BGH soll es für eine wirksame Einbeziehung nicht ausreichen, wenn die entsprechenden AGB branchenüblich sind, aber eine Einbeziehungsvereinbarung fehlt, BGH, 15.1.2014 – VIII ZR 111/13, NJW 2014, 1296. 14 Spindler, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, Vor §§ 69a ff. Rn. 29. 15 Jaeger/Metzger, Open Source Software, Rn. 254, m.w.N. in Fn. 995; Mantz, in: Kilian/Heussen, Computerrechts-Handbuch, 35. EL Juni 2020, 32.6 Open Source Software, Rn. 42; Spindler, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, Vor §§ 69a ff. Rn. 30. 16 Fälle aus der Rechtsprechung betrafen, soweit ersichtlich, stets Sachverhalte, bei denen Programmierer im Rahmen kommerzieller Weiterentwicklung und Weiterverbreitung tätig geworden sind. OLG Köln, 30.9.2016 – 6 U 18/16, GRUR-RR 2017, 138 (markenrechtliche Entscheidung mit dem Bezugspunkt zur GPL-2.0) dürfte eine absolute Ausnahme darstellen; in Rn. 19 der Entscheidung (GRUR-RR 2017, 138, 139) stellt das OLG fest, dass der Beklagte als Student neben der kostenlosen Zurverfügungstellung seiner Software keinerlei weitergehende geschäftliche Tätigkeit entfaltet hatte und dass keinerlei Bezug zu einer geschäftlichen Tätigkeit erkennbar war. 17 https://www.derstandard.at/story/2000101285309/programmieren-ist-fuer-jeden-aber-nur-wenn-man-englisch-spricht. 18 Allgemeine Auffassung: Mantz, in: Kilian/Heussen, Computerrechts-Handbuch, 35. EL Juni 2020, 32.6 Open Source Software, Rn. 44; Redeker, IT-Recht, Rn. 622. Darüber hinaus kommt bei der verbreiteten Formulierung, z.B. in Ziff. 11 GPL-2.0 „... soweit gesetzlich zulässig ...“ ein Verstoß gegen § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB in Betracht. Dann fehlt es an einer wirksamen Einbeziehung. Soweit ersichtlich, hat diese Unwirksamkeit noch kein deutsches Gericht bejaht, daher birgt diese Feststellung ein gewisses Risiko. 19 LG München I, 19.5.2004 – 21 O 6123/04, ZUM 2004, 861, 864 ab I. B. 20 Mit derselben Begründung verneint OLG Köln, 31.10.2014 – 6 U 60/14, GRUR 2015, 167, 172, unter ff), bei der CCPL eine unangemessene Benachteiligung und eine überraschende Klausel. 21 BGH, 6.4.2005 – XII ZR 132/03, NJW 2005, 2225. 22 Soweit ersichtlich, wird selten Bezug genommen auf § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, jedoch verbreitet eine Unwirksamkeit (teilweise pauschal) nach § 307 BGB erörtert, respektive die Wirksamkeit nach § 307 BGB in Frage gestellt, siehe Grützmacher, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, § 69c Rn. 115. 23 Czychowski, GRUR-RR