Unternehmenssanierung, eBook. Guido Koch

Unternehmenssanierung, eBook - Guido Koch


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auf die eigene Finanzstärke. Die anhaltend niedrigen Kreditzinsen haben die Kreditaufnahme nicht übermäßig steigen lassen. Knapp ein Drittel der Befragten (32,4 %) hat in den letzten Monaten ein Darlehen aufgenommen. Dabei reicht die Spanne von 34,8 % im Dienstleistungsgewerbe bis 28,3 % im Handel. Mehrheitlich haben die deutschen Mittelständler demnach keinen Bankkredit benötigt. Im Vergleich zum Jahr 2012, als diese Befragung ebenfalls durchgeführt wurde, zeigt sich allerdings eine etwas stärkere Verbreitung der Kreditfinanzierung. Insbesondere Handel und Dienstleister sind aktuell stärker auf Kredite angewiesen bzw. nutzen diese, während das Baugewerbe eher weniger bankfinanziert als vor neun Jahren ist.[18]

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      Die Finanzierungsbedingungen für den Mittelstand haben sich aktuell leicht verschärft. Demnach berichtete jedes siebte befragte Unternehmen (14,7 %), dass sich die Finanzierungsbedingungen zuletzt verschlechtert hätten. Gehäuft meldeten das Unternehmen aus dem Handel und dem Dienstleistungsgewerbe. Anscheinend haben Kreditgeber hier zunehmend Sorge vor Ausfällen aufgrund der Wirtschaftskrise. Verschärfungen stellten die mittelständischen Unternehmen vor allem bei den zu stellenden Sicherheiten fest (60,6 %). Auch die Kreditzinsen sind den Angaben der Unternehmen zufolge gestiegen (22,9 %). Bei 13,8 % der Befragten wurde der Kreditwunsch abgelehnt.[19]

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      Ausgehend von den Analysen der Creditreform ist festzuhalten, dass Gründe für die Sanierungsbedürftigkeit der deutschen Unternehmen oftmals in einer zu niedrigen Eigenkapitalquote und einer schwachen Ertragskraft liegen.

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      Auch mit Hilfe von Ausfallraten, ermittelt durch die Creditreform Rating Agentur, lassen sich über die Anzahl und statistische Verteilung mittelbar Rückschlüsse auf sanierungsbedürftige Unternehmen ziehen und ein erhöhter Sanierungsbedarf herausarbeiten. So lassen sich z.B. besonders insolvenzanfällige Branchen und Unternehmensgrößen benennen.

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      In einer Studie vom Mai 2019 wurden Unternehmen bei Vorliegen harter Negativmerkmale gem. Creditreform-Definition[20] aufgrund einer Basel-III-konformen Definition des Ausfallereignisses als ausgefallen bewertet. Nach dieser Definition fielen im Jahr 2018 1,41 % der Unternehmen in Deutschland aus. Im Jahr 2017 fielen 1,44 % aller wirtschaftsaktiven Unternehmen aus.[21] In der längerfristigen Betrachtung sind die Ausfallraten deutscher Unternehmen damit leicht gesunken.

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      Abb. 7: Entwicklung der Ausfallraten[22]

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      Bei Betrachtung der Ausfallraten nach Branchenzugehörigkeit fallen deutliche Unterschiede auf, so dass höhere Ausfallraten auch auf einen erhöhten Sanierungsbedarf schließen lassen. 2018 lag das niedrigste Ausfallrisiko bei der Grundstoffindustrie. Dies betrifft vor allem die Bereiche Landwirtschaft und Rohstoffindustrie. Auch die Chemie- und Kunststoffindustrie erwiesen sich als nicht sehr ausfallanfällig. Die mit großem Abstand höchsten Ausfallraten waren im Verkehrs- und Logistikbereich und im Baugewerbe zu verzeichnen. In der längerfristigen Rückschau ist die Rangfolge nahezu unverändert, bei in allen Bereichen rückläufigen Ausfallraten.

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      Abb. 8: Ausfallraten nach Wirtschaftszweigen[23]

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      Prinzipiell ist festzustellen, dass die Ausfallraten in allen Größenklassen gegenüber 2017 und auch in der längerfristigen Betrachtung gesunken sind. Am deutlichsten sank die Quote der Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 10 und 20 Mio. EUR. Die Ausfallquote von Unternehmen mit Jahreserlösen zwischen 50 und 250 Mio. EUR blieb mit 0,46 % in 2017 und 2018 konstant.[24]

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      Abb. 9: Ausfallrate nach Unternehmensgröße[25]

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      In der Sanierungspraxis spielen kleine Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle, da sie regelmäßig nicht in der Lage sind, die für einen Sanierungsprozess erforderlichen Mittel aufzubringen und für die Beteiligten und Betroffenen die auf sie entfallenden maximalen Verluste die Investition in ein Sanierungskonzept nicht zu rechtfertigen vermögen.

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      Folgt man den Analysen der Creditreform, so kann festgehalten werden, dass branchenbezogen Unterschiede in der Krisenanfälligkeit von Unternehmen erkennbar vorhanden sind. Eine Aussage, inwieweit sich dies auch auf das Sanierungsgeschehen auswirkt, ist aber nur bedingt möglich, da die Statistiken von einer Vielzahl von Klein- und Kleinstunternehmen geprägt sind, die im Sanierungsalltag professioneller Berater keine wesentliche Rolle spielen.

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      Krisen von Konzernen und internationalen Unternehmensgruppen sind in der Unternehmenssanierung besondere Herausforderungen. Versuche, zu ermitteln, welche Bedeutung Konzerne und internationale Unternehmensgruppen im Bereich Sanierung oder Insolvenz einnehmen, sind schwierig. EuroStat[26] und das Statistische Bundesamt[27] haben erst spät begonnen, Informationen über Unternehmensverflechtungen und Unternehmensgruppen zu sammeln und aufzubereiten.

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      Folgt man andererseits der Fachpresse, so haben sowohl Insolvenz- als auch Restrukturierungsfälle bei Konzernen und international tätigen Unternehmensgruppen einen hohen Stellenwert und nehmen breiten Raum ein. Dies erklärt sich sicherlich zum einen daraus, dass bei Sanierungsprojekten von Unternehmensgruppen häufig eine sehr große Zahl von Beratern involviert ist, aber auch aus der wirtschaftlichen Relevanz von größeren Unternehmensgruppen.

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      Aber auch in kleineren Dimensionen spielt das Phänomen der Ketteninsolvenzen in Folge von Unternehmensverflechtungen im aktuellen Insolvenzgeschehen Deutschlands eine bedeutende Rolle. Die Creditreform Wirtschaftsforschung hat die rund 4 000 Unternehmensinsolvenzen (GmbH) des 1. Halbjahres 2020 untersucht und deren Zusammenhang mit möglichen Insolvenzfällen der Unternehmensbeteiligten und -verflechtungen bis auf die 2. Ebene nachverfolgt. Dabei zeigt sich, dass unmittelbar im selben Zeitraum (1. Halbjahr 2020) mindestens 292 Insolvenzen – zum Teil die beteiligten Personen als Gesellschafter oder Geschäftsführer – folgten). Weitet man den Zeitraum aus, kommen zusätzliche Fälle als Folgeinsolvenzen hinzu. Solche sog. Insolvenzketten spielen demnach bei schätzungsweise 7-8 % der registrierten Unternehmensinsolvenzen eine Rolle.

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      Auch außerhalb der Unternehmensbeteiligten kann sich die Insolvenzkette


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