Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer

Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer


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werden und bedarf keiner Unterschrift (I 3). Die elektronische Form des § 126a ist gesetzlich nicht mehr ausgeschlossen und kann nach § 126 III die Schriftform ersetzen.

      4.2 Der Vertragsinhalt

      Den Inhalt des Verbraucherdarlehensvertrags überlässt das Gesetz nicht den Vertragspartnern, sondern schreibt ihn, wenn der Vertrag nicht schon an einem Formfehler scheitern soll, penibel vor. So muss der schriftliche Darlehensvertrag über die beiderseitigen Hauptpflichten hinaus nach § 492 II auch noch all das enthalten, was, je nach Art des Darlehens, Art. 247 §§ 6-13 EGBGB auf mehreren Seiten Gesetzestext aufführt. Das ist die umfangreichste Verweisung einer Vorschrift auf eine andere Vorschrift, die sich der Gesetzgeber bisher geleistet hat, und eine unerträgliche Zumutung für jeden Gesetzesanwender. Die Banken werden umfangreiche Vertragsformulare verwenden, die kein Verbraucher lesen, und sollte er sie doch lesen, verstehen wird. Wie soll er da, ohne die kostspielige Hilfe eines Spezialisten, kontrollieren, ob sein Vertrag auch alle erforderlichen Angaben enthalte. Fehlende Angaben können gemäß § 492 VI auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden.

      Die Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, der sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist nach § 492 VII nur wirksam, wenn diese Bezugsgrößen eindeutig und für beide Vertragspartner überprüfbar sind.

      4.3 Vertragsabschrift und Tilgungsplan

      Nach § 492 III hat der Verbraucher Anspruch auf eine Abschrift des Darlehensvertrags (S. 1), und er darf, wenn der Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt ist, vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan gemäß Art. 247 § 14 EGBGB verlangen (S. 2).

      4.4 Die Vollmacht

      Auch die Vollmacht zum Abschluss eines Darlehensvertrags muss der Verbraucher nach § 492 IV schriftlich erteilen mit all den Angaben, die Art. 247 §§ 6-13 EGBGB für den Darlehensvertrag vorschreibt. Aus der formfreien Vollmacht des § 167 wird ein gleichermaßen umfangreiches wie unübersichtliches Dokument. Nur Prozessvollmacht und notariell beurkundete Vollmacht sind von dieser strengen Form befreit.

      4.5 Erklärungen des Darlehensgebers

      Erklärungen an die Adresse des Verbrauchers gibt der Darlehensgeber nach Vertragsschluss gemäß § 492 V auf einem dauerhaften Datenträger ab.

      Rechtsgrundlage ist der umfangreiche § 494.

      Der Verbraucherdarlehensvertrag ist nichtig, wenn er der Schriftform vollständig entbehrt oder im schriftlichen Vertrag eine der zahlreichen Angaben fehlt, die Art. 247 §§ 6, 9-13 EGBGB vorschreibt (I)[68]. Nichtig ist auch die Vollmacht, die diese Form nicht wahrt (I). Der nichtige Darlehensvertrag wird jedoch wirksam, soweit der Verbraucher das Darlehen nutzt (II 1)[69].

      Fehlt die Angabe des Sollzinssatzes, des effektiven Jahreszinses oder des Gesamtbetrags, schuldet der Verbraucher nur den gesetzlichen Zins (II 2). Ist der effektive Jahreszins zu niedrig angegeben, verringert sich der angegebene Sollzinssatz um einen Prozentsatz, den der Verbraucher leicht berechnen kann, wenn er Mathematik studiert hat (III). Der Verbraucher schuldet keine Kosten, die der Vertrag nicht ausweist (IV 1), und der Darlehensgeber darf Kosten oder Zinsen zum Nachteil des Verbrauchers nicht ändern, wenn der Vertrag die Voraussetzungen der Änderung nicht regelt (IV 2). Vereinbarte Teilzahlungen des Verbrauchers sind, wenn sich Zinsen oder Kosten verringern, neu zu berechnen (V).

      Der Verbraucher darf den Vertrag, der weder die Laufzeit des Darlehens noch das Kündigungsrecht regelt, jederzeit kündigen und schuldet dem Darlehensgeber dafür keine Vorfälligkeitszinsen (VI 1). Der Darlehensgeber darf keine Sicherheit verlangen, die der Vertrag nicht vorsieht (VI 2)[70], es sei denn der Nettobetrag des Allgemein-Verbraucherdarlehens übersteigt 75 000 € (VI 3). Schließlich hat der Verbraucher Anspruch auf eine Abschrift des Vertrags, der die Änderungen aus II-VI festhält (VII)[71].

      6.1 Die vorvertragliche Information

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      Um den Verbraucher vor allen denkbaren Kreditrisiken zu schützen, hat ihn der Darlehensgeber nach § 491a schon rechtzeitig vor Vertragsschluss über die Einzelheiten des Art. 247 EGBGB zu unterrichten (I), und deren gibt es gewaltig viele, umfasst doch dieser Artikel nicht weniger als 17 Paragrafen mit mehr als 7 Seiten Text. Das ist eine Menge schwer verdaulicher Lesestoff. Der Verbraucher hat Anspruch auf einen Vertragsentwurf, wenn nicht der Darlehensgeber einen Vertragsschluss von vorneherein ablehnt (II). Damit nicht genug, soll der Darlehensgeber wie ein Rechts- und Wirtschaftsberater die Darlehensbedingungen angemessen erläutern, damit der Verbraucher beurteilen kann, ob das Darlehen zweckdienlich und finanziell tragbar sei (III 1). Dazu soll der Darlehensgeber gegebenenfalls die geschuldeten Informationen, die Hauptmerkmale des angebotenen Darlehens und die vertragstypischen Auswirkungen samt Zahlungsverzug erklären (III 2). Dieser Absatz ist total misslungen. Was ist eine „angemessene Erläuterung“, was bedeutet „gegebenenfalls“ und was sind die „Hauptmerkmale“ eines Darlehens? Der Darlehensgeber entledigt sich seiner vorvertraglichen Informationspflicht schon dadurch, dass er das Muster der europäischen Standardinformation gemäß Art. 247 § 2 EGBGB verwendet.

      Verletzt der Darlehensgeber seine vorvertragliche Informationspflicht, ist er dem Verbraucher, der sich auf das Geschäft einlässt, nach §§ 280 I 1, 311 II zum Schadensersatz verpflichtet und verliert nach § 249 I seine Rechte aus dem Darlehensvertrag.

      6.2 Die vertragliche Information

      Nach Abschluss des Darlehensvertrags hat der Darlehensgeber den Verbraucher gemäß § 493 rechtzeitig darüber zu informierten:

- ob er nach Ablauf der vereinbarten zu einer neuen Zinsbindung bereit sei (I);
- ob er bereit sei, das abgelaufene Darlehensverhältnis fortzusetzen (II 1), und wenn er dazu bereit sei, über die Pflichtangaben gemäß § 491a I (II 2);
- über die Anpassung des veränderlichen Sollzinssatzes entsprechend Art. 247 § 15 EGBGB, die erst nach der geschuldeten Information wirksam wird (III).

      Zur gleichen Information ist nach Abtretung der Darlehensforderung der neue Gläubiger verpflichtet, wenn nicht der alte Gläubiger weiterhin als Gläubiger auftreten soll (VI). Diese Vorschrift hätte sich der Gesetzgeber sparen können, wenn er die Abtretung von Verbraucherkrediten schlichtweg ausgeschlossen hätte. Aber soweit geht die Liebe zum Verbraucher dann doch nicht.

      7.1 Das Widerrufsrecht des Verbrauchers und seine Ausnahmen

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      Nach § 495 I darf der Verbraucher seine Vertragserklärung gemäß § 355 widerrufen und sich so vom Darlehensvertrag lösen. Der Widerruf ist seine schärfste Waffe. Die Einzelheiten regeln die §§ 355, 356b, 357a III, 358-361[72].

      Nach § 495 II sind unwiderruflich:

- Darlehensverträge, die einen wegen Zahlungsverzugs
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