Handbuch Arzthaftungsrecht. Alexander Raleigh Walter
belastenden Kostenquote für zwei (evtl. auch drei + Zurückverweisung) Instanzen. Dem nicht rechtschutzversicherten Mandanten bleibt von dem erzielten Erfolgt nach Abzug der ihm auferlegten Kosten dann ein deutlich geminderter Betrag, wenn überhaupt etwas übrigbleibt.
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Verjährungsdiskussionen sollten daher soweit irgend möglich von Aktivseite vermieden werden. Soweit noch Klärungsbedarf vor einer Klagerhebung gesehen wird oder soweit sich Verhandlungen hinziehen und nicht eindeutig feststellbar ist, dass die Verjährung noch gehemmt ist, bietet es sich an, bei dem Gegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung einzuholen. Das gilt auch dann, wenn nach eigener Überzeugung der Ablauf der Verjährung noch nicht droht, aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Patientin/der Patient einer Diskussion darüber ausgesetzt wird, ob in diesem Fall nicht Besonderheiten vorgelegen hätten, die eine Nachfrage oder Prüfung sehr nahegelegt hätten. Typischerweise würde dann die Bitte um einen Einredeverzicht mit dem Hinweis verbunden werden, dass man zwar noch keine drohende Verjährung sehe, aber Diskussionen über dieses Thema und über die Reichweite von Verjährungshemmungen ausschließen wolle.
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Wird ein Einredeverzicht ausgesprochen ist Vorsicht bei bestimmten Einschränkungen geboten. Schränkt der Haftpflichtversicherer den Einredeverzicht auf den „Rahmen des Versicherungsvertrages“ ein, stellt dies eine der Patientenseite unbekannte Größe dar. Deshalb sollte zumindest in größeren Schadensfällen auf eine Klarstellung zur Reichweite dieser Einschränkung gedrungen werden.
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Zu beachten ist weiter, dass der Einredeverzicht für sich genommen zwar zu einer kurzen Verjährungshemmung (vom Eingang der Anfrage bis zur Erteilung des Verzichts) führen kann[160], aber die Verjährung nicht bis zu dem kalendermäßig bestimmten Ablauf des Verzichts hemmt. Verjährungshemmung und befristeter Einredeverzicht sind unabhängig voneinander zu prüfen. So kann die Verjährungshemmung über den Ablauf des befristeten Einredeverzichts hinaus reichen.[161] Der Anspruch kann aber auch während des laufenden Einredeverzichts verjähren mit der Folge, dass nach dem Eintritt der Verjährung vor Ablauf des Einredeverzichts aufgenommene Verhandlungen keine verjährungshemmende Wirkungen mehr entfalten können.[162] Auch vorbehaltlose Zahlungen auf den Schadensersatzanspruch können dann nicht mehr zu einem Neubeginn der bereits abgelaufenen Verjährung führen.[163] Der Einredeverzicht muss daher, will man sich durch ihn absichern lassen, vor seinem Ablauf auch dann verlängert werden, wenn zu diesem Zeitpunkt Verhandlungen laufen.
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Das ist auch zu beachten, wenn ein Schlichtungsstellenverfahren eingeleitet werden soll. Mit Urteil vom 17.1.2017[164] hatte der BGH das Verfahren vor einer Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen bzw. Gutachterkommission zwar hinsichtlich der Hemmung der Verjährung grundsätzlich dem § 204 Abs. 1 Ziff. 4 BGB zugeordnet. Diese Entscheidung darf jedoch nicht dazu verleiten, den Verzicht auf die Einrede der Verjährung im Verhältnis zum Schlichtungsstellenverfahren so zu behandeln wie im Verhältnis zu einem Klagverfahren. Mit seiner Entscheidung vom 10.11.2020[165] hat der BGH klargestellt, dass der befristete Verzicht auf die Einrede der Verjährung den Gläubiger nur von der Notwendigkeit der alsbaldigen gerichtlichen Geltendmachung entheben soll. Für andere Hemmungstatbestände gelte dies vorbehaltlich einer gegenteiligen Erklärung des Schuldners nicht. Der Gläubiger muss sich mithin um eine Verlängerung des Einredeverzichts bemühen, wenn vor Einleitung des Schlichtungsstellenverfahrens die Verjährungsfrist abgelaufen war und der Schuldner nur wegen eines befristeten Verzichts die Einrede nicht erheben darf.
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Wird vor Ablauf eines kalendermäßig befristeten Einredeverzichts mehrfach ein neuer Einredeverzicht für z.B. ein weiteres Jahr ausgesprochen, wirken die so sukzessive ausgesprochenen Einredeverzichte auch mit der Einschränkung „soweit noch nicht verjährt“ in der Weise, dass sich die Passivseite in dem rechtzeitig vor Ablauf des letzten Einredeverzichts eingeleiteten Klagverfahren nicht auf den Eintritt der Verjährung berufen kann, wenn zum Zeitpunkt des ersten Einredeverzichts Verjährung noch nicht eingetreten war.[166]
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Gerät ein Klagverfahren in Stillstand und endet die Hemmung nach § 204 Abs. 2 BGB, tritt bei dann laufenden Vergleichsverhandlungen ebenfalls keine Hemmung nach § 203 BGB ein, wenn die Verjährung vor Klagerhebung bereits abgelaufen war und nur der Einredeverzicht der Verjährungseinrede im Klagverfahren entgegenstand.[167] Das muss bei auch im Arzthaftungsprozess nicht ganz seltenen Verhandlungspausen in gerichtlichen Verfahren wegen Vergleichsverhandlungen unbedingt beachtet werden. Hier bleibt, wenn sich Verhandlungen über mehr als 6 Monate zu erstrecken drohen, nur die Einholung eines neuen Einredeverzichts.
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