Unternehmenskaufvertrag. Christoph Louven
heute35 nicht mehr.
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Auch die Rechtsprechung hat schon frühzeitig den Parteien eines Unternehmenskaufvertrags die Vereinbarung eines eigenen Haftungsregimes nahegelegt.36 Mit der wachsenden Bereitschaft, bei aus Sicht des Käufers gescheiterten Unternehmenskäufen mögliche Ansprüche gegen den Verkäufer zu prüfen und durchzusetzen, wuchs die Erkenntnis, dass das gesetzliche Regime (Verschulden bei Vertragsverhandlungen, §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB, Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, gesetzliche Gewährleistungsregelungen der §§ 434ff. BGB) ungeeignet ist, die Interessen der Parteien zu einem gerechten Ausgleich zu bringen. Zu oft mussten Käufer feststellen, dass Bestand oder Nichtbestand von Ansprüchen von dogmatischen Zufälligkeiten des Rechts abhingen (z.B. davon, ob die Ertragskraft des gekauften Unternehmens eine „zusicherungsfähige Eigenschaft“ ist oder nicht). Zentrale Rechtsfolgenanordnungen, z.B. der Rücktritt vom vollzogenen Vertrag, erwiesen sich bei einem Unternehmenskauf als offensichtlich unpraktikabel und kaum interessengerecht. Zudem drängten immer mehr ausländische Käufer, internationale, vom anglo-amerikanischen Markt und Rechtskreis geprägte Investmentbanken, ausländische finanzierende Banken, US-amerikanische oder englische Anwälte auf den Markt und setzten ihre – seinerzeit professionelleren – Verfahrens- und Dokumentationsstandards durch.37 Die Sprache deutscher M&A-Praktiker ist seitdem durchwebt mit „Legionen“38 anglo-amerikanischer Begriffe. Fast jeder deutsche M&A-Anwalt denkt oft zuerst an englischsprachige Klauseln und Begriffe, einige möglicherweise ohne sich dabei immer den entsprechenden deutschen Rechtsbegriff zu vergegenwärtigen.39 In diesem Sinne hat sich in Deutschland ein eigenes „M&A-Recht“40 herausgebildet.
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Heute sind, sowohl was das Verfahren beim Verkauf eines Unternehmens (Auktionsverfahren, Dual- oder Triple-Track-Verfahren, der häufige Einsatz der Vendor’s Due Diligence etc.) als auch die Dokumentation angeht, diese professionelleren, inzwischen weltweit etablierten Standards auch in Deutschland anerkannt.
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Allerdings kann man in jüngerer Vergangenheit verstärkt beobachten, dass insbesondere Ansprüche aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (Verschulden bei Vertragsverhandlungen oder c.i.c.) wachsende Bedeutung erlangen.41 Unter Berufung auf vorsätzliche Verletzung vorvertraglicher Pflichten (insbesondere zur Aufklärung) können Käufer, da im Unternehmenskaufvertrag vereinbarte Beschränkungen bei Vorsatz (zu dem auch bedingter Vorsatz zählt) und Arglist nicht gelten (§ 276 Abs. 3 BGB, § 444 BGB), unabhängig von Garantieverletzungen und unbeschwert von vertraglich vereinbarten Aufgreifschwellen, Höchstbeträgen oder anderen Beschränkungen, Schadensersatz verlangen. Dabei muss sich der Verkäufer in weitem Umfang Wissen, das in seiner Organisation vorhanden ist, ebenso zu- und zusammenrechnen lassen (§ 166 BGB analog) wie das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB). Dies kann zu ganz erheblichen Haftungsrisiken des Verkäufers führen. In der Praxis ist deshalb zu beobachten (und zu empfehlen), auch dem Verkaufsprozess besonders auf Verkäuferseite große Aufmerksamkeit zu widmen und in der Organisation des Verkäufers bekannte Umstände, deren Verschweigen eine Aufklärungspflichtverletzung begründen kann, möglichst im Vorfeld festzustellen.
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Wesentliche Grundelemente des modernen Unternehmenskaufvertrags sind:
– Bestimmung des Kaufgegenstands: Sie erfolgt beim Share Deal durch die genaue Bezeichnung der zu verkaufenden Anteile (einschließlich solcher von Tochter- und Beteiligungsgesellschaften); bei einem Asset Deal erfolgt sie durch eine detaillierte Bezeichnung des zu verkaufenden Geschäftsbereichs, also seiner Vermögensgegenstände, Rechte, Pflichten, der zu übernehmenden Verträge, Rechtsverhältnisse und ggf. Verbindlichkeiten;
– Vereinbarung des Kaufs und Verkaufs;
– Vereinbarung der dinglichen Übertragung des Kaufgegenstands: Hängt der dingliche Vollzug, wie nicht selten, vom Eintritt bestimmter Vollzugsvoraussetzungen ab (wie etwa der Freigabe durch die zuständigen Kartellbehörden), erfolgt die dingliche Übertragung oft nicht bereits aufschiebend bedingt im Unternehmenskaufvertrag (Vertragsmodell mit aufschiebender Bedingung, sog. One-Step-Modell oder Einheitslösung42), sondern aufgrund einer gesonderten Vereinbarung, die beim Vollzug abgeschlossen wird (Vertragsmodell mit gesondertem Vollzug, sog. Two-Step-Modell oder Trennungslösung43);
– Vollzugsvoraussetzungen (Conditions to Closing): In ihnen werden insbesondere die Voraussetzungen für die Vornahme des Vollzugs (Closing), die dingliche Übertragung der Anteile und/oder Vermögensgegenstände sowie sonstige Vollzugshandlungen vereinbart; prominente Vollzugsvoraussetzungen sind kartellbehördliche Freigaben, sonstige behördliche Freigaben (rechtlich zwingende Vollzugsvoraussetzungen) oder sonstige, rechtlich nicht zwingende Vollzugsvoraussetzungen (Vollzugshindernisse);44
– Vereinbarung des Kaufpreises;
– Ggf. Regelungen zur Anpassung des Kaufpreises auf einen bestimmten Stichtag, regelmäßig aber nicht notwendigerweise den Vollzugstag, auf Grundlage sog. Closing Accounts;
– Verpflichtungen des Verkäufers im Zeitraum zwischen Unterzeichnung und Vollzug (Pre-Closing Covenants);
– Regelungen zum Vollzug (hier auch synonym „Closing“);
– Verkäufergarantien (Representations & Warranties);
– Autonomes vertragliches Haftungsregime und Rechtsfolgenregelungen (Remedies);
– Freistellungen (Indemnities): Insbesondere hinsichtlich vor Vertragsabschluss erkannter, nicht im Preis berücksichtigter spezieller Risiken, deren Eintritt und Höhe bei Vertragsabschluss noch ungewiss ist; regelmäßig hinsichtlich Steuern, oft auch hinsichtlich Altlasten; je nach Ergebnis der Due-Diligence-Prüfung, in Bezug auf bestimmte festgestellte Sonderrisiken, etwa den Ausgang eines Rechtsstreits der Zielgesellschaft;
– Dem Vollzug nachlaufende Verpflichtungen (Post-Closing Covenants): Ab dem Vollzugstag bestehende weitere Verpflichtungen der Parteien, insbesondere aber des Verkäufers, z.B. Wettbewerbsverbot des Verkäufers und seiner verbundenen Unternehmen, Geheimhaltungsverpflichtung, Abwerbeverbot, Pflicht des Käufers zum „Rebranding“.
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Wesentliche Grundelemente eines jeden Unternehmenskaufvertrags sind, wie die Aufstellung zeigt, die sog. „Reps and Warranties“, „Conditions“, „Indemnities“ (womit neben den Freistellungen im engeren Sinne auch die Rechtsfolgenregelungen gemeint sein dürften) und „Covenants“ (also sonstige Verpflichtungen oder Verhaltenspflichten der Parteien), die der US-amerikanische M&A-Anwalt James C. Freund als die „Four Horsemen“ des Unternehmenskaufvertrags bezeichnet.45
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Diese Grundelemente stehen nicht beziehungslos zueinander, sondern greifen ineinander und führen oft erst im Zusammenspiel zu den gewünschten Ergebnissen:
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Ein Käufer wird bestrebt sein, den Garantiekatalog46 dort engmaschiger zu fassen, wo seine Due Diligence47 keine abschließenden zufriedenstellenden Ergebnisse brachte oder aber – ohne Garantieverletzungen als solche oder die ihnen zugrundeliegenden Tatsachen in einer Weise zu kennen, dass Garantieansprüche nach dem Wortlaut des Unternehmenskaufvertrags wegen Kenntnis oder (grob) fahrlässiger Unkenntnis des Käufers48 ausgeschlossen sein könnten – Hinweise auf mögliche Risiken bot.
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Der Katalog von speziellen Freistellungen,49 die sich der Kaufinteressent wünscht, wird umso länger, je mehr konkrete und gewichtige Risiken (derentwegen der Käufer nach dem Wortlaut des Vertrags mit Garantieansprüchen wegen Kenntnis, möglicherweise je nach Vertragsgestaltung auch (grob) fahrlässiger Unkenntnis, ausgeschlossen sein könnte) die Due Diligence offenbarte, die der Käufer nicht „einpreisen“ konnte oder wollte.
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Die Höhe des Kaufpreises,