Unternehmenskaufvertrag. Christoph Louven
regelmäßig anglo-amerikanischem Vorbild folgen, eine Tendenz zur Regelungstiefe. Gewisse, aufgrund der Besonderheiten der konkreten Transaktion denkbare atypische Ereignisse können, wenn möglich, ergänzend geregelt werden. Umgekehrt wird es regelmäßig weder möglich noch dem Verhandlungserfolg dienlich noch zweckmäßig sein, alle in der konkreten Transaktion möglichen Ereignisse zu regeln und die daraus erwachsenden Risiken den Parteien zuzuweisen.101 Dies führte oft nur zu Spekulationen über hypothetische Kausalverläufe und einer Fixierung auf hypothetische Szenarien, die einer Partei als besonders bedrohlich erscheinen,102 und fördert zunehmendes Misstrauen in den Vertragsverhandlungen. Die nach solchen Diskussionen gefundenen vertraglichen Regelungen sind selten besonders zweckmäßig.103 Verbleibende Lücken werden nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen geschlossen (Treu und Glauben, ergänzende Vertragsauslegung) oder behandelt (Störung der Geschäftsgrundlage).
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Das Buch und der anhängende Mustervertrag (S. 465ff.) folgen dem modernen anglo-amerikanischen Stil eines Unternehmenskaufvertrags. Die Grobgliederung für einen Vertrag über einen Share Deal wird unter Rn. 30ff. vorgestellt. Sie kann im soeben beschriebenen Sinne als erster, grober „Algorithmus“ für den Leser verstanden werden, der einen Unternehmenskaufvertrag entwirft. Die Darstellung dieses Buchs folgt dem durch die Grobgliederung des Unternehmenskaufvertrags vorgegebenen Ablauf. Zu fast jedem der behandelten Regelungsabschnitte folgt im soeben beschriebenen Sinne ein „Panoptikum“ an Musterformulierungen einzelner Klauseln. Entsprechend der eher US-amerikanischen Gestaltung erfolgen die Definitionen innerhalb des Vertragstextes. Das vorangestellte Definitionsverzeichnis dient nur der besseren Lesbarkeit des Vertrags. Kaufgegenstand sind Geschäftsanteile an einer GmbH (Share Deal). Das Muster ist tendenziell käuferfreundlich. Es eignet sich daher als Erstentwurf eines Käufers bei bilateralen Verhandlungen. Weder Verkäufer noch Zielgesellschaft sind in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Es ist zu erwarten, dass der Verkäufer zur Abgabe von Garantien und Freistellungen bereit ist und daraus erwachsende Ansprüche auch erfüllen könnte. Die Zielgesellschaft besteht seit mehr als zehn Jahren selbstständig. Sie ist ein mittelgroßes Unternehmen ohne Tochtergesellschaften. Sie war nicht in konzerninternen Finanzierungen oder Cash Pools eingebunden, es bestand kein Unternehmensvertrag mit der Verkäuferin. Für die Parteien sind Unternehmenskäufe Teil ihrer Unternehmensstrategie.
53 Zu seinem gesamten Aufgabenspektrum unten Rn. 67f. 54 Rehbinder, AcP 174 (1974), 265, 266. 55 Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 1. 56 Dazu Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 1; Moes, Vertragsgestaltung, Rn. 1. 57 Dazu Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 1; Moes, Vertragsgestaltung, Rn. 1. 58 Vgl. Fleischer, RabelsZ 82, 239, 241 m.w.N. 59 Fleischer, RabelsZ 82, 239, 245 m.w.N. 60 Fleischer, RabelsZ 82, 239, 245f. m.w.N. 61 Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 2. 62 Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 3. 63 Dazu Moes, Vertragsgestaltung, 2020, Rn. 92ff. 64 Dazu Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 18ff. 65 Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 18f. 66 Zur Klassifizierung von Verträgen im Rahmen der Vertragsgestaltung Moes, Vertragsgestaltung, Rn. 28ff. 67 Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 19. 68 Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 19. 69 Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 19. 70 Rehbinder, Vertragsgestaltung, S. 19. 71 Zum Carve-Out siehe Rn. 82. 72 Dazu Rn. 26ff., 262ff., 1030ff. 73 Meyer-Sparenberg, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, § 40 Rn. 2. 74 Freund, Anatomy of a Merger, 5.3.1, S. 153ff.; dazu auch Rn. 31. 75 So auch Moes, Vertragsgestaltung, Rn. 136. 76 Moes, Vertragsgestaltung, Rn. 22. 77 Freund, Anatomy of a Merger, 5.1.2, S. 141. 78 Freund, Anatomy of a Merger, 5.1.2, S. 141. 79 Freund, Anatomy of a Merger, 5.1.2, S. 141. 80 Moes, Vertragsgestaltung, Rn. 97. 81 Moes, Vertragsgestaltung, Rn. 97. 82 Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 183; dazu auch Rn. 61. 83 Möllers, Juristische Arbeitstechnik, § 4 Rn. 5. 84 Meyer-Sparenberg, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, § 40 Rn. 29. 85 So zu Recht Meyer-Sparenberg, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, § 40 Rn. 34. 86 Vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Kap. 4, 2 a) und f), S. 143 und 163f. 87 Vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Kap. 1, 7, S. 66. 88 BGH, Urt. v. 19.12.2001 – XII ZR 281/99, NJW 2002, 1260, 1261. 89 BGH, Urt. v. 19.12.2001 – XII ZR 281/99, NJW 2002, 1260, 1261. 90 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Kap. 4, 2 a), S. 143. 91 RG, Urt. v. 8.6.1920 – Rep. II. 549/19, RGZ 99, 147, 148 („Haaksjöringsköd“); Busche, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2018, § 155 Rn. 7. 92 Zu ihnen im Kontext von Unternehmenskaufverträgen ausführlich Mehrbrey, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 2 Rn. 289ff.; im Allgemeinen Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Kap. 4, 2 a) und f), S. 141ff. 93 Busche, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2018, § 133 Rn. 29. 94 Mehrbrey, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 2 Rn. 292. 95 Meyer-Sparenberg, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, § 40 Rn. 39. 96 Dazu ausführlich Mehrbrey, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 2 Rn. 296–339. 97 Meyer-Sparenberg, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, § 40 Rn. 39. 98