Praxis des Bußgeldverfahrens im Kapitalmarktrecht. André-M. Szesny

Praxis des Bußgeldverfahrens im Kapitalmarktrecht - André-M. Szesny


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der Verjährung Anwendung.[252]

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      Sollten sich im Verlauf der Ermittlungen im Bußgeldverfahren Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat ergeben, ist das Verfahren gem. § 41 Abs. 1 OWiG an die Staatsanwaltschaft abzugeben. Die BaFin ist nicht zuständig für die Verfolgung von Straftaten. Erlangt sie Kenntnis von Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat begründen, muss sie dies unverzüglich der zuständigen Staatsanwaltschaft anzeigen (§ 11 S. 3 WpHG). Steht die zu verfolgende Ordnungswidrigkeit in Tateinheit mit einer Straftat oder steht sie mit einer solchen in Zusammenhang, muss die BaFin die Sache an die Staatsanwaltschaft abgeben (§ 41 OWiG) oder die Staatsanwaltschaft übernimmt die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit (§ 42 Abs. 1 OWiG).

      Umgekehrt gibt die Staatsanwaltschaft das Verfahren an die BaFin gem. § 43 OWiG ab, wenn deren Ermittlungen ergeben haben, dass nur eine Ordnungswidrigkeit in Betracht kommt. Gleiches gilt, wenn die Staatsanwaltschaft die Verfolgung der Tat aus Opportunitätsgründen gem. §§ 153, 154 StPO einstellt. Stellt sie das Verfahren demgegenüber gem. § 153a StPO gegen Auflagen (zumeist einer Geldauflage) ein und werden diese erfüllt, tritt gem. § 153a Abs. 1 S. 5 StPO (teilweise) Strafklageverbrauch ein. Die Verfolgung der (prozessualen) Tat als Ordnungswidrigkeit scheidet aus. Es ist in der Praxis keineswegs ausgeschlossen, dass die Höhe der Geldauflage für den Beschuldigten weit niedriger ist als die Geldbuße, die im Fall der Verfolgung der Tat als Ordnungswidrigkeit durch die Verwaltungsbehörde gegen ihn verhängt worden wäre.

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      Die BaFin ist gem. § 35 Abs. 2 OWiG auch für die Ahndung der Ordnungswidrigkeit zuständig. Die Ordnungswidrigkeit wird gem. § 65 OWiG durch Bußgeldbescheid geahndet.

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      Der Bußgeldbescheid darf erlassen werden, wenn der Fallbearbeiter der BaFin zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Tat erwiesen, verfolgbar und ahndungswürdig ist.[253] Der Verdachtsgrad der überwiegenden Verurteilungswahrscheinlichkeit (hinreichender Tatverdacht), der Voraussetzung im Strafverfahren für die Erhebung der öffentlichen Klage gem. § 170 Abs. 1 i.V.m. § 203 StPO ist, soll nicht genügen.[254]

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      Der wesentliche Inhalt des Bußgeldbescheides wird in § 66 OWiG geregelt. Die gesetzlichen Anforderungen sind denen an die Anklageschrift (§ 200 Abs. 1 S. 1 StPO) und an den Strafbefehl (§§ 407 ff. StPO) im Strafverfahren nachgebildet.[255]

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      Der Bußgeldbescheid soll den Betroffenen darüber informieren, was ihm aufgrund welcher Beweismittel konkret vorgeworfen wird (Informationsfunktion).[256] Ihm wird dadurch die Entscheidung ermöglicht, ob und in welcher Form er sich gegen den Bußgeldbescheid verteidigen kann (Anspruch des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs).[257] Zudem soll durch den Bußgeldbescheid der Lebenssachverhalt dargestellt werden, der Gegenstand des konkreten Bußgeldverfahrens ist.[258] Der Bußgeldbescheid muss die Tat im prozessualen Sinne in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht von anderen vergleichbaren Sachverhalten abgrenzen (Umgrenzungsfunktion).[259] Durch die Umgrenzung des Lebenssachverhalts wird die gerichtliche Kognitionspflicht sowie der Umfang der Rechtskraft bestimmt.[260] Im Übrigen bildet der rechtkräftige Bußgeldbescheid die Grundlage der Vollstreckung der dort – hinreichend konkret – angeordneten Rechtsfolge (Vollstreckungsfunktion).[261]

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      Um diesen Funktionen zu genügen, hat der Gesetzgeber Pflichtangaben im Bußgeldbescheid vorgeschrieben, § 66 Abs. 1 OWiG:

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      Bei einer natürlichen Person:

Bußgeldbescheid
Gegen
Herrn Max Mustermann, geboren 13.10.1970 in Neustadt, Straße, PLZ Ortschaft
Betroffener
Verteidigerin: RA‘in , Kanzleiadresse

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      Bei juristischen Personen bzw. Personenvereinigungen als Nebenbeteiligte ist zusätzlich die Angabe eines vertretungsberechtigten Organs notwendig.[262] Zur eindeutigen Identifizierung der Nebenbeteiligten bietet es sich zusätzlich an, die aktive Rechtsträgerkennung im Bußgeldbescheid zu benennen. Bei allen gem. Art. 26 MiFIR meldepflichtigen Geschäften ist seit dem 3.1.2018 eine aktive Rechtsträgerkennung (Legal Entity Identifier, LEI) zur Identifizierung des meldepflichtigen Wertpapierdienstleistungsunternehmens sowie dessen Kunden erforderlich (Art. 26 Abs. 6 MiFIR). Kann das meldepflichtige Institut bzw. die Bank keine LEI des Kunden benennen, kann es das Geschäft nicht ausführen. Weitere Pflichten zur Führung einer LEI finden sich in Art. 27 MiFIR, Art. 9 EMIR sowie Art. 4 SFTR. Da im Ergebnis kaum die Beteiligung einer rechtsfähigen Körperschaft ohne LEI denkbar ist, eignet sich diese weltweit gültige Kennungsnummer zur eindeutigen Identifizierung von juristischen Personen, Anstalten, Stiftungen und sonstigen Körperschaften deutschen und ausländischen Rechts. Die mit LEI geführten weltweiten Unternehmen können auf der Website der Global LEI Foundation (GLEIF.org) eingesehen werden.

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Als Nebenfolge dieser Ordnungswidrigkeit wird zudem gegen die
XYZ AG Straße, PLZ Ortschaft
Rechtsträgerkennung (LEI): …
– Nebenbeteiligte
vertreten durch den Vorstand Herrn … und Frau … Verteidiger: Rechtsanwalt …, Kanzleiadresse
gem. § 30 Abs. 1 OWiG eine Geldbuße in Höhe von […] festgesetzt.

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      Sollte der Betroffene bzw. die Nebenbeteiligte – wie häufig – einen Verteidiger haben, ist dieser als möglicher Zustellungsadressat des Bußgeldbescheids mit in den Bußgeldbescheid aufzunehmen. Soll statt an den Betroffenen bzw. die Nebenbeteiligte an den Verteidiger zugestellt werden, muss die Zustellung an ihn und nicht an dessen Rechtsanwaltskanzlei oder Anwaltssozietät erfolgen, da Verteidiger gem. § 137 StPO nur natürliche Personen sein können.[263] Hat der Betroffene mehr als einen von höchstens drei Verteidigern, genügt die Zustellung an einen der Verteidiger unter Benachrichtigung des Betroffenen bzw. der Nebenbeteiligten.[264]


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