Öffentliche Finanzwirtschaft. Thomas Sauerland
Ertragskompetenz der Länder. Zu nennen sind u. a. die–Gewerbesteuer,–Erbschaft- und Schenkungsteuer,–Grunderwerbsteuer,–Feuerschutzsteuer,–Rennwett- und Lotteriesteuer und–Biersteuer.
4. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz der Länder
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Den Ländern steht die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für die „übrigen Steuern“ im Sinne des Art. 105 Abs. 2 Satz 2 GG zu, solange und soweit der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat. Übt der Bund die ihm nach Art. 105 Abs. 2 Satz 2 GG zustehende Gesetzgebungskompetenz zunächst nicht aus, sind die Länder zur Gesetzgebung befugt. Trifft der Bundesgesetzgeber später eine gesetzliche Regelung, entfällt die Gesetzgebungsbefugnis der Länder.
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Eine Sperrwirkung zulasten der Länder entfaltet Art. 105 Abs. 2 Satz 2 GG nur, soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Ob dies der Fall ist, ist der Rechtsprechung des BVerfG zufolge anhand des „Gleichartigkeitsverbots“ zu prüfen. Danach ist dem Landesgesetzgeber die Erhebung einer „gleichartigen“ Steuer untersagt. Zwischen einer bundesgesetzlich und einer landesgesetzlich geregelten Steuer besteht „Gleichartigkeit“, wenn die Landessteuer mit der Bundessteuer „im Wesentlichen“, d. h. hinsichtlich
–des Steuergegenstands,–des Steuermaßstabs,–der Art der Steuererhebung und–der wirtschaftlichen Auswirkungen
übereinstimmt. Liegt eine solche „Gleichartigkeit“ vor, fehlt dem Landesgesetzgeber die erforderliche Kompetenz zur Schaffung einer entsprechenden Landessteuer.
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Soweit das Aufkommen der Steuern ganz oder teilweise den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt, bedürfen die Steuergesetze des Bundes gemäß Art. 105 Abs. 3 GG der Zustimmung des Bundesrates.
5. Ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder
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Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder besteht gemäß Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG für die örtlichen Aufwand- und Verbrauchsteuern, gemäß Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG für die Festlegung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer und gemäß Art. 140 GG in Verb. mit Art. 137 Abs. 6 WRV für die Kirchensteuern.
5.1 Örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern
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Definition
Verbrauchsteuern sind Steuern auf den Verbrauch von Gütern. Sie werden nicht nach dem Entgelt der Güter, sondern nach deren Zahl, Menge oder Gewicht bemessen.
Beispiele
Energiesteuer; Stromsteuer; Tabaksteuer; Biersteuer.
104
Definition
Aufwandsteuern belasten das Halten von Gütern.
Beispiele
Hundesteuer; Zweitwohnungsteuer; Jagdsteuer; Fischereisteuer
105
Als Faustformel lässt sich anführen: „Während die Verbrauchsteuer an einen tatsächlichen Fortgang, ein einmaliges oder fortdauerndes Geschehen anknüpft, ist bei der Aufwandsteuer ein tatsächlicher oder rechtlicher Zustand der steuerbegründende Tatbestand“[26].
106
Sowohl bei den Aufwand- als auch bei den Verbrauchsteuern ist Anknüpfungspunkt der Besteuerung die im Gebrauch oder Verbrauch der Güter zum Ausdruck kommende Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf und damit die besondere persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen.
107
Definition
Örtlich sind solche Steuern, die „an örtliche Gegebenheiten, v. a. an die Belegenheit einer Sache oder an einen Vorgang im Gebiet einer steuererhebenden Gemeinde anknüpfen und wegen der Begrenzung ihrer unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet nicht zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle führen können“[27].
5.2 Grunderwerbsteuersatz
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Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG besteht die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder auch für die Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
5.3 Kirchensteuer
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Außerhalb der Finanzverfassung des Grundgesetzes wird den Ländern in Art. 140 GG in Verb. mit Art. 137 Abs. 6 WRV eine ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit für die Kirchensteuer eingeräumt. Die Länder dürfen daher Kirchensteuergesetze erlassen, auf deren Grundlage die katholische und die evangelischen Kirchen Kirchensteuern als Zuschläge insbesondere zur Einkommensteuer erheben.
6. Steuersatzungsrechte der Gemeinden
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Eine wichtige steuerwirksame Rechtsetzungsbefugnis der Gemeinden resultiert aus ihrem Recht, die Hebesätze der Realsteuern festzusetzen (Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG). Realsteuern sind die Gewerbesteuer und die Grundsteuer (§ 3 Abs. 2 AO). Der Bundesgesetzgeber kann den Gemeinden zudem ein Hebesatzrecht für ihren Anteil an der Einkommensteuer einräumen (Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG); bislang hat er von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch gemacht.
7. Zusammenfassung
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–Art. 105 GG legt die Steuergesetzgebungszuständigkeit zwischen Bund und Ländern abschließend fest. Er geht als lex specialis den allgemeinen Gesetzgebungskompetenzen in Art. 70 ff. GG vor. Den allgemeinen Kompetenzvorschriften über die Gesetzgebung kommt aber gleichwohl eine abgabenrechtliche Bedeutung für die nichtsteuerlichen Abgaben zu. Denn nichtsteuerliche Abgaben, wie z. B. Gebühren und Beiträge, werden von Art. 105 GG nicht erfasst.–Gemäß Art. 105 Abs. 1 GG steht dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die Zölle und Finanzmonopole zu.–Art. 105 Abs. 2 GG weist dem Bund in Satz 1 zunächst die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für die Grundsteuer zu. Im Übrigen kommt dem Bund nach Satz 2 die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die „übrigen Steuern“ zu, sofern ihm das Steueraufkommen ganz oder teilweise zusteht oder eine bundesgesetzliche Regelung im Sinne von Art. 72 Abs. 2 GG erforderlich ist.–Die Länder verfügen über die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern (Art. 105 Abs. 2a GG), die jedoch nur ein geringes Aufkommen aufweisen.
IV. Steuerverwaltungshoheit
1. Überblick
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Art. 108 GG legt die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern für den Bereich der Vollziehung der Steuergesetze fest. Dabei ist die Landesverwaltung von der bundeseigenen Verwaltung zu trennen. Die Landesverwaltung ist grundsätzlich nicht der Bundesverwaltung untergeordnet. Art. 108 GG weist den beiden Verwaltungsformen vielmehr jeweils eigene Steuergebiete zu.
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Art. 108 GG stellt eine Spezialvorschrift zu dem allgemein die bundesstaatliche Verteilung der Verwaltungskompetenzen regelnden VIII. Abschnitt des Grundgesetzes (Art. 83 bis Art. 91 GG) dar. Art. 108 GG ist allerdings nicht abschließend, sodass mitunter auf die allgemeinen Normen in Art. 83 ff. GG zurückgegriffen werden muss (Abb. 9).
Abb. 9: Verwaltungshoheit.
2. Gegenstände der Finanzverwaltung
2.1