Klausurenkurs im Familien- und Erbrecht. Susanne Benner

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      Fraglich ist, ob die Voraussetzungen für eine Scheidung der Ehe zwischen J und M erfüllt sind. Grundlage für die Scheidung einer Ehe ist gemäß § 1565 I 1 allein der Umstand, dass die Ehe – aus welchen Gründen auch immer – gescheitert ist (sog. Zerrüttungsprinzip).

      Das Zerrüttungsprinzip hat das bis 1977 geltende Verschuldens- bzw. Schuldprinzip abgelöst, so dass es für eine Scheidung nicht mehr ausschlaggebend ist, ob einem der Ehegatten ein bestimmtes ehewidriges Verhalten zum Vorwurf gemacht wird[9]. Auf ein etwaiges Verschulden des M kann es mithin nicht ankommen, sondern allein auf die Frage, ob die Ehe zwischen J und M als gescheitert anzusehen ist.

      I. Scheitern der Ehe

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      Das Scheitern einer Ehe kann folgendermaßen nachgewiesen werden:

      Erstens durch die unwiderlegbare Zerrüttungsvermutung des § 1566 I, der ein einjähriges Getrenntleben und das Einverständnis der Ehegatten über die Scheidungsabsicht voraussetzt, zweitens durch die unwiderlegbare Zerrüttungsvermutung des § 1566 II, der ein dreijähriges Getrenntleben voraussetzt und, neben diesen beiden mittelbaren Nachweisen, drittens durch den unmittelbaren Nachweis einer positiven Feststellung des Scheiterns der Ehe nach § 1565 I 2.

      Da J und M i.S.v. § 1567 noch nicht einmal ein Jahr getrennt leben und daher die Zerrüttungsvermutungen des § 1566 I bzw. II nicht zum Tragen kommen können, ist das Scheitern der Ehe hier i.S.v. § 1565 I 2 positiv festzustellen.

      Nach § 1565 I 2 ist eine Ehe gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft aufgehoben ist – was durch eine sog. Eheanalyse der Lebensverhältnisse aufgrund konkreter Umstände im Einzelfall nachzuweisen ist – und eine Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft aufgrund einer Prognose nicht mehr zu erwarten ist[10].

      Die Lebensgemeinschaft zwischen J und M bestand vorliegend nicht mehr und darüber hinaus ist sich J sicher, dass sie mit M nichts mehr zu tun haben will, so dass eine positive Prognose bezüglich der Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht abgegeben werden kann. Somit ist die Ehe zwischen J und M i.S.v. § 1565 I 2 als gescheitert zu qualifizieren.

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      Hinweis zur Lösung:

      Um auf die Härteklauseln des § 1568 1. und 2. Fall eingehen zu können, wurde die Prüfung des § 1568 der Prüfung des § 1565 II vorangestellt.

      II. Keine Härte i.S.d. § 1568 1. Fall oder § 1568 2. Fall

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      Eine Ehe soll jedoch i.S.d. Härteklauseln des § 1568 1. Fall und 2. Fall trotz ihres Scheiterns nicht geschieden werden, wenn die Scheidung für den Ehepartner oder die gemeinsamen Kinder ausnahmsweise unzumutbar ist.

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       Exkurs/Vertiefung:

      Als Härtefall i.S.d. § 1568 kommt z.B. die ernsthafte Suizidgefahr des Ehegatten oder Kindes in Betracht[11].

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      Nicht ausreichend ist eine allein durch das Scheitern der Ehe bedingte Härte. Vielmehr muss die schwere Härte auf Umständen beruhen, die nach objektiver Beurteilung außergewöhnlich sind[12].

      Eine besondere Härte i.S.v. § 1568 1. oder 2. Fall ist für M und Tochter T nicht ersichtlich. § 1568 steht einer Scheidung von J und M mithin nicht entgegen.

      III. Unzumutbare Härte i.S.v. § 1565 II

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      Es könnte sich jedoch aus § 1565 II ergeben, dass eine Scheidung derzeit nicht möglich ist.

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      Exkurs/Vertiefung:

      Als unzumutbare Härte i.S.v. § 1565 II wurde z.B. angesehen:

- Misshandlung durch den Partner[14]
- Alkoholmissbrauch[15]
- dass ein Ehegatte den anderen Ehegatten, nachdem dieser das ehebrecherische Verhältnis entdeckt hatte, zum Geschlechtsverkehr zu dritt aufgefordert hatte[16]
- dauernde Verweigerung des Geschlechtsverkehrs[17]
- intime Beziehung zum Schwager oder der Schwägerin[18].

      Z.T. wird es auch als unzumutbare Härte i.S.v. § 1565 II angesehen, wenn aus einer außerehelichen Beziehung eine Schwangerschaft erwachsen ist[19]: Der Ehemann sollte nicht erst das Trennungsjahr abwarten müssen, um nicht i.S.d. § 1592 Nr. 1 als Vater des von einem anderen Mann gezeugten Kindes zu gelten[20].

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      Sinn und Zweck des § 1565 II ist es zum einen, übereilte Scheidungen zu verhindern und die nach § 1565 I vorzunehmende Prognose zu vereinfachen, zum anderen aber auch, einem etwaigen Rechtsmissbrauch entgegenzuwirken, zu dem es dadurch kommen könnte, dass der eine Partner die Ehe einseitig zerstört und sogleich daraus für sich vorteilhafte Rechtsfolgen herleitet[21].

      Fraglich ist, ob die Situation des „Weiter-miteinander-verheiratet-Seins“ von J und M für J einen derartigen Härtefall darstellt, dass das Abwarten des Trennungsjahres für sie nicht zumutbar ist. Als Anknüpfungspunkt für die Unzumutbarkeit käme allenfalls das Verhältnis von M mit einer Sängerin in Betracht, dies kann für J jedoch bereits insofern schon nicht als unzumutbare Härte i.S.d. § 1565 II qualifiziert werden, als sie selbst ebenfalls nicht treu war.

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      Exkurs/Vertiefung:

      Die Verletzung der ehelichen Treuepflicht stellt nicht per se einen Härtegrund dar[22]. Vielmehr kommt es im Einzelfall auf die besondere Art und Weise sowie die Begleitumstände an[23].

      Es ist daher nicht ersichtlich, warum es für J unzumutbar sein sollte, bis zum Ablauf des Trennungsjahres mit der Einreichung des Scheidungsantrages zu warten.

      Folglich ist eine Scheidung der zwischen J und M bestehenden Ehe im Jahr 2020 nicht möglich.

      D. Ergebnis

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      J hat im Jahr 2020 keine Möglichkeit, die Ehe mit M zu beenden.

      2. Teil: Folgen bei Beendigung der Ehe

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      Fraglich ist, welche Rechtsfolgen nach Beendigung der Ehe durch Scheidung auf den M zukommen könnten.

      A. Unterhaltsanspruch der J gegen M gemäß §§ 1569 ff.

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      J könnte gegen M nach erfolgter Scheidung ein Unterhaltsanspruch gemäß §§ 1569 ff. zustehen.


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