Zwangsvollstreckungsrecht, eBook. Alexander Bruns
(Rn. 11.2); er ist anfechtbar (§ 766). Die Überprüfung der vom Vollstreckungsgericht bejahten Zuständigkeit ist aber auf das Erinnerungsverfahren beschränkt und in der anschließenden Beschwerdeinstanz entsprechend § 513 Abs. 2 ausgeschlossen[137]. Bei einem Kompetenzkonflikt oder verschiedenen Gerichtsständen gilt § 36 entsprechend[138].
1. Funktionelle Zuständigkeit
8.36
Das Prozessgericht erster Instanz ist funktionell zuständig für die Zwangsvollstreckung zur Erzwingung von Handlungen und Unterlassungen (§§ 887, 888, 890).
Die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts ist auch dann gegeben, wenn der Vollstreckungstitel (das Urteil) von dem Rechtsmittelgericht erlassen wurde[139]. Grundsätzlich entscheidet der nach §§ 348, 348a zuständige Einzelrichter; eine erstmalige Übertragung auf den Einzelrichter ist im Vollstreckungsverfahren nicht zulässig[140].
2. Örtliche Zuständigkeit
8.37
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit brauchten nicht erlassen zu werden, da immer das konkrete erstinstanzliche Gericht berufen ist.
Bei einem Beschluss, der einen Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt (§§ 1060, 1062 Abs. 1 Nr. 4), oder einem ausländischen Urteil (§ 722) ist das Gericht zuständig, das den Schiedsspruch bzw. den Titel für vollstreckbar erklärt hat.
1. Grundbuchamt
8.38
Das Grundbuchamt ist zuständig für die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen durch Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 867) und in gewissem Umfang bei der Vollstreckung in Rechte an Grundstücken (§§ 830, 857). Das Grundbuchamt handelt in diesen Fällen als Vollstreckungsbehörde[141] und als Organ der freiwilligen Gerichtsbarkeit[142]. Der Antrag des Gläubigers ist unmittelbar an das Grundbuchamt zu richten[143]. Ein Ersuchen seitens des Vollstreckungsgerichts erfolgt nicht (Ausnahme: § 941).
2. Einschreiten anderer Behörden
8.39
Wird zum Zwecke der Vollstreckung das Einschreiten einer anderen Behörde erforderlich, so hat das Gericht, nicht der Gerichtsvollzieher, die Behörde um ihr Einschreiten zu ersuchen (§ 789). Zuständig ist grundsätzlich das Vollstreckungsgericht; das Prozessgericht nur, soweit es vollstreckt (Rn. 8.36).
Polizeischutz muss der Gerichtsvollzieher selbst beantragen; § 758 Abs. 3 ist lex specialis zu § 789.
§ 9 Beginn, Stillstand und Beendigung der Zwangsvollstreckung
9.1
Wann die Zwangsvollstreckung beginnt, wann sie beendet ist, spielt in vielfacher Hinsicht eine Rolle. So leuchtet ohne weiteres ein, dass der Schuldner vor oder gleichzeitig mit dem Beginn der Zwangsvollstreckung unterrichtet werden muss, auf welcher Grundlage die Zwangsvollstreckung gegen ihn betrieben wird (§ 750), oder dass der Schuldner sich nicht mehr gegen die Vollstreckung des im Titel verbrieften materiellen Anspruchs mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767) wenden kann, wenn die Zwangsvollstreckung beendet ist. Wenn die Bedeutung des Beginns und der Beendigung der Zwangsvollstreckung auch erst bei den einzelnen vollstreckungsrechtlichen Situationen voll einsichtig wird, so empfiehlt es sich doch, die allgemein geltenden Grundsätze vorweg darzustellen.
Zum Verständnis der folgenden Darstellung ist die Überlegung wichtig, dass ein Unterschied besteht zwischen Beginn und Ende der Zwangsvollstreckung insgesamt (z.B. der Gerichtsvollzieher hat den Versteigerungserlös an den Gläubiger abgeliefert, dieser ist voll befriedigt) und Beginn und Ende des einzelnen Vollstreckungsakts (der Gerichtsvollzieher hat eine Sache des Schuldners gepfändet, versteigert und den Erlös an den Gläubiger ausbezahlt, der Gläubiger hat aber noch nicht alles erhalten, was ihm zusteht; die Zwangsvollstreckung wird daher in andere Vermögensobjekte des Schuldners fortgesetzt).
I. Beginn der Zwangsvollstreckung
9.2
Die Zwangsvollstreckung beginnt nach h.M. mit der ersten Maßnahme des funktionell zuständigen Vollstreckungsorgans, die sich gegen den Schuldner richtet und die Ausführung des Vollstreckungstitels bezweckt. Der Erlass des Vollstreckungstitels (z.B. des Urteils), die Erteilung der Vollstreckungsklausel, der Antrag des Gläubigers auf Vornahme der Zwangsvollstreckung bedeuten dagegen noch nicht den Beginn der Zwangsvollstreckung[1].
Beispiele für den Beginn der Zwangsvollstreckung:
1. | Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen a) in bewegliche Sachen: Pfändung durch den Gerichtsvollzieher, aber auch schon Anordnung einer Durchsuchung nach §§ 758, 758a (Rn. 8.12); b) in Forderungen und sonstige Rechte: Pfändungsbeschluss des Gerichts, nicht erst Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner[2]. |
2. | Herausgabevollstreckung nach §§ 883, 884: Wegnahme der Sache durch den Gerichtsvollzieher. |
3. | Zwangsvollstreckung zur Erzwingung von Unterlassungen: Androhung eines Ordnungsmittels (§ 890 Abs. 2)[3]; ist diese bereits im Urteil enthalten, dann beginnt die Zwangsvollstreckung erst mit dem Erlass des wegen einer Zuwiderhandlung ergehenden Beschlusses. |
Die Feststellung des Beginns der Zwangsvollstreckung ist z.B. bedeutsam in § 750 (keine Zwangsvollstreckung vor Zustellung des Vollstreckungstitels, s. Rn. 12.3, 21.4), § 771 (Drittwiderspruchsklage spätestens mit Beginn der Zwangsvollstreckung; s. Rn. 46.1, 46.27).
II. Stillstand der Zwangsvollstreckung
9.3
In der Zwangsvollstreckung kann ein Stillstand dadurch eintreten, dass die Vollstreckung einstweilen eingestellt wird; ohne eine solche Einstellung ist ein tatsächlicher Stillstand auf Grund des Verhaltens des Vollstreckungsorgans oder des Gläubigers möglich.
Die Einstellung kann sich auf die Zwangsvollstreckung als Ganzes beziehen (so z.B. nach § 769) oder auf eine einzelne Vollstreckungsmaßregel (so z.B. nach § 766: wenn die Pfändung des einzigen Schrankes des Schuldners für unzulässig erklärt wird, so bedeutet das nicht, dass der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung aus dem Titel überhaupt einstellen muss!); im letztgenannten Fall spricht man am besten von „Beschränkungen“ der Zwangsvollstreckung (§ 775).
1. Einstellung der Zwangsvollstreckung und ihre Anordnung
9.4
Die einstweilige Einstellung ist das Ruhen der Zwangsvollstreckung; sie bedeutet, dass bereits begonnene Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht fortgesetzt werden und dass von weiteren