Die Vampirschwestern – Bissgeschick um Mitternacht. Franziska Gehm

Die Vampirschwestern – Bissgeschick um Mitternacht - Franziska Gehm


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noch mit Familie Tepes verwandt. Genau genommen war er ein Brief- und Blutträger. Na gut, er war ein Mensch. Aber Oma Zezci würde ja nur mal ganz kurz an ihm nippen. Das würde sicher gar keinem auffallen. Nur dem Postboten selbst natürlich.

      Die bissige Oma der Vampirschwestern schwebte jetzt dicht über dem Postboten. Sie neigte den Kopf Richtung Briefträgerhals und riss gerade den Mund auf, als sie einen Schrei hörte. Er klang wie von einer hysterischen alten Frau. Oma Zezci drehte sich um. Im Eingang des vorletzten Reihenhauses stand ein Mann. Er war schlank, hatte einen schicken Anzug mit pinkfarbenem Polohemd an und Locken, die glänzten, als wären sie aus purem Gold. In der rechten Hand hielt er einen Autoschlüssel, in der linken einen kleinen silbernen Koffer. Er starrte Oma Zezci an und seine blassrosa Lippen bebten. Von ihm wehte eine starke Parfümwolke herüber. Ginseng-Patschuli. Oma Zezci verschlug es sofort den Appetit.

      Sie richtete sich auf, gab dem noch immer bewusstlosen Postboten einen liebevollen Klaps und flog den Lindenweg entlang auf das letzte Reihenhaus zu. Als sie auf Höhe des goldlockigen Nachbarn ihres Sohnes war, hielt sie kurz inne. Sie wollte nicht unhöflich sein. Also machte sie einen kleinen Schlenker, flog direkt an ihm vorbei und gab ihm eine freundliche Kopfnuss. „Hoi boi, Herr Nachbar. Man sieht sich in nächster Zeit sicher öfters. Bisssss bald!“ Dann flog sie ein Haus weiter, hing sich kopfüber an die Regenrinne vor dem Eingang und klingelte.

      Kaum hatte Oma Rose die Tür aufgemacht, flog Oma Zezci herein.

      Kopfnuss mit Folgen

      Dirk van Kombast rutschte erst der Autoschlüssel aus der Hand, dann das silberne Köfferchen. Beides fiel zu Boden, doch er achtete nicht darauf. Er hob die Hand und fuhr sich sachte über die Stelle, wo er eben von einer alten fliegenden Frau, die einen aufgespannten Regenschirm verkehrt herum am linken Arm hängen hatte und so blass war wie eine Leiche im Tiefkühlfach, eine Kopfnuss bekommen hatte.

      Ohne sich zu rühren, schielte Herr von Kombast zum Nachbarhaus. Seit ein paar Monaten lebte dort Familie Tepes aus Transsilvanien. Und seit ihrem Einzug bereiteten die neuen Nachbarn ihm schlaflose Nächte. Nicht, weil sie laut waren. Sie waren bissig. Davon war Dirk van Kombast überzeugt. Wer, wenn nicht er, sollte es wissen?

      Dirk van Kombast war Pharmavertreter, sah gut aus und hatte für jede Krankenschwester, jede Ärztin und jeden Arzt immer ein strahlendes Lächeln auf den Lippen. Nur für Vampire hatte er nie und nimmer ein Lächeln parat. Vielmehr stellte er sich ihnen furchtlos mit selbst gebauten Knoblauchpistolen, Kreuzen, Knoblauchpustern und anderen Spezialwaffen entgegen. Dirk van Kombast war Vampirjäger aus Leidenschaft. Vampire waren daran schuld, dass seine Mutti seit Jahren in einer geschlossenen Anstalt saß. Vampire waren daran schuld, dass ihr Mann sie verlassen hatte. Vampire hatten Dirks glückliche Kindheit zerstört. Sie würden dafür büßen. Das schwor sich Dirk van Kombast jeden Tag nach der Morgengymnastik.

      Dass direkt im Haus neben ihm bissige Wesen der Nacht eingezogen waren, war dem erfahrenen Vampirjäger natürlich nicht entgangen. Es war nur eine Frage der Zeit, der richtigen Methode und der passenden Gelegenheit, wann er sie überführen und der Öffentlichkeit präsentieren würde.

      Der Tag der Rache schien immer näher zu kommen. Die Vampire nebenan wurden immer unvorsichtiger. Jetzt ließen sie sogar ihre Oma am helllichten Tag frei herumfliegen. Wäre Dirk van Kombast nicht im richtigen Moment aus dem Haus gekommen, hätte die Stadt Bindburg jetzt einen Briefträger weniger.

      Keine Frage, schon bald würde er dem Rest der Menscheit den Beweis für die Existenz der Vampire bringen. Er musste sich nur einen geschickten, ausgeklügelten, bissfesten Plan ausdenken. Aber dieser Plan musste leider bis Arbeitsschluss warten. Dirk van Kombast hob den Autoschlüssel und das silberne Köfferchen auf. Dann ging er mit entschlossenen Schritten auf seinen silbernen Sportwagen zu. Das neue Ärztehaus im Süden der Stadt wartete bereits auf seine Pröbchen.

      Kaffee und Bloody Mary

      Das Café „Moccastube“ war eins der ältesten Cafés der Stadt Bindburg. Leider zählten seine Gäste auch zu den ältesten Bewohnern der Stadt. Um den natürlichen Schwund der Gäste, sozusagen dem Aussterben des Cafés, etwas entgegenzusetzen, veranstaltete die „Moccastube“ seit ein paar Monaten ein wöchentliches Café-Quiz. Die Besitzerin der „Moccastube“, Hildegard Schaumburg, hatte ihren letzten Urlaub in Irland verbracht und war dort zur begeisterten Anhängerin der dort üblichen Rätselrunde, dem sogenannten Pub-Quiz, geworden. Sie wandelte die Fragen für die Gäste der „Moccastube“ etwas um, setzte als Preis statt einem Fass Bier eine Doppelpackung Lamadecken aus und fertig war das Café-Quiz.

      Oma Rose, Opa Gustav und Oma Zezci saßen an einem der Tische beim Fenster. Oma Zezci saß in der Mitte und hatte einen Stift in der Hand. Vor Opa Gustav stand ein kleines Pils, vor Oma Rose ein Kännchen Kaffee und vor Oma Zezci eine Bloody Mary. Leider, wie Oma Zezci nach dem ersten Schluck feststellen musste, ganz ohne Blut.

      Das Quiz würde jeden Moment beginnen und die drei alten Herrschaften waren fest entschlossen zu gewinnen. Oma Zezci spitzte mit dem unteren und dem oberen Eckzahn den Bleistift, während Hildegard Schaumburg hinter dem Tresen noch einmal den Zettel mit den heutigen Quizfragen überflog.

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