Verwehte Spuren. Franz Treller
weithin erstreckenden Swampes lag, wie die Farmer ganz richtig vermuteten, eine ziemlich umfangreiche Strecke festen Bodens, eine Insel, rings von ungangbarem Morast umgeben. Während im Sumpfe selbst nur die rote Zeder wuchs, trug dieses Eiland dieselben Baumarten, wie sie ringsum in den Wäldern sich erhoben. Von Bäumen und Büschen dicht eingehüllt lag hier auf einem Hügel eine ziemlich große Blockhütte und dicht daneben ein niedriges Stallgebäude, aus welchem das Scharren von Pferdehufen hervordrang. In der Hütte loderte ein helles Feuer empor und beleuchtete den wenig wohnlichen Raum, wie die Gestalten der Männer, welche um dasselbe, welches einfach in der Mitte auf dem festgestampften Boden brannte, saßen.
Einige roh gefertigte Stühle und Tische, welche ungeordnet umherstanden, dienten nicht dazu, das Innere behaglicher zu gestalten.
Neben den drei Männern, welche am verflossenen Abend bei Grover einkehrten, zeigte sich noch ein vierter, der sich durch eine auffallende Persönlichkeit auszeichnete. Eine kleine, fast zierliche Gestalt trug einen nicht unschönen Kopf, den schwarzes lockiges Haar bedeckte, aus dem mageren Angesicht, dessen Nase spitz hervorragte, blickten zwei dunkle, stechende Augen hervor, dies und das spitz zulaufende Kinn, vielleicht auch noch besondere Eigenschaften, mochten dem noch jungen Mann den Namen Iltis verschafft haben, unter dem man ihn am Muskegon kannte. Auch der kleine Fred wurde er genannt; wie sein eigentlicher Name lautete, wußte hier zu Lande niemand. Neben ihm lag die herkulische Gestalt des Messerhelden von gestern abend. Ruhig und mit einem gewissen Anstand saß auf einem Schemel der, welcher die höflichen Manieren in Grovers Behausung gezeigt hatte, und neben ihm ein breitschulteriger, untersetzter Geselle mit rohem, stumpfsinnigem Gesichtsausdruck, derselbe, den Jones zu spät als den berüchtigten Tyron erkannte.
Flaschen, Becher, Reste von Mundvorräten zeigten, daß die Bursche tüchtig getafelt hatten.
»Goddam!« murrte der Lange nach einer Weile, während alle geschwiegen, und faßte nach der rechten Schulter, »der Hund hat mir richtig den Arm fast verrenkt, ich spüre es noch.«
»Ich bedauere noch jetzt, daß ich deinem unsinnigen Verlangen, bei Grover einzukehren, nachgegeben habe, Morris —«
»Nenne mich nicht Morris,« schrie der Angeredete rauh, »ich bin John Harper aus dem Jackson County, ein ehrenwerter Bürger!«
»Nun ja, meinetwegen Old Nick Der Teufel. in Person,« sagte ruhig sein Nachbar, was dem Iltis ein helles Gelächter abnötigte.
»Laßt eure Narrheiten, sonst nehme ich einen von euch am Kragen und schüttle ihm die Seele aus dem Leibe,« schrie Morris, und setzte hinzu: »Verdammt, meine Achsel.«
»Daß ich deinem Verlangen, bei Grover einzukehren, nachgegeben habe,« fuhr gelassen der andre fort, »denn es hätte uns alles verderben können!«
»So? Mußten nicht die Pferde getränkt werden, wenn sie in der Nacht noch laufen sollten — he?«
»Und mußte nicht der ehrenwerte Bürger aus dem Jackson County etwas Whisky einladen, nachdem er seine volle Flasche unterwegs in großer Eile geleert hatte?«
»Daß uns der Teufel auch die schuftigen Farmer in den Weg führte,« brummte der Angeredete, »wer konnte denn vermuten in dem einsamen Store zehn solcher Langbüchsen zu finden?«
»Ich will dir was sagen, Morris, der Whisky bereitet dir ein schlechtes Ende. War ich nicht, so hatte dich der Konstabel, der dir dicht auf den Fersen war, vorgestern in seinen Klauen.«
» Damned his eyes!« knurrte der Lange. »Muß früher aufstehen, wer John Morris fangen will.«
»Ei, jetzt bist du wieder Morris, ehrenwerter Bürger aus dem Jackson County?«
»Laß den Unsinn, Burton. Ich ärgere mich schon lange, daß ich in diese verdammte Gegend gekommen bin. Wer diesen blutigen Konstabel nur auf meine Fährte gebracht hat?«
»Du bist seit der Sache am Kalamazoo eine sehr gesuchte Persönlichkeit, und ganz Michigan beeifert sich, wie ich mit Interesse wahrgenommen habe, dem Sheriff deine nähere Bekanntschaft zu vermitteln.«
Mit einem schweren Fluche rief Morris: »Laß das gut sein, Burton, oder ich renne dir mein Messer in den Leib, ehe du Amen sagen kannst.« Diesmal brauste er wirklich in wilder Wut empor.
»Ich will dir nur zu Gemüte führen, Mann, daß du durch dein wildes Saufen und Toben dich und womöglich uns alle in Gefahr bringst. Kam ich nicht dazwischen, als der brave Konstabel dir nahe genug war und ich ihn mit der unschuldigsten Miene von der Welt in den April schickte, als er mich nach dem einsamen Reiter fragte, so hättest du jetzt eiserne Armbänder. Es war ein Glück, daß der Mann mich nicht kennt.«
»Würde sich höllisch gefreut haben, deine Bekanntschaft zu machen,« murrte Morris.
»Möglich, jedenfalls brachte ich ihn von deiner Spur ab,« erwiderte Burton ruhig.
Hierauf schwieg Morris und schnitzte eifrig mit seinem Messer an einem Stück Holz.
Tyron äußerte nach einigem Schweigen: »Geht mir das Schicksal von Battle nah, muß es nicht klug angefangen haben, um so den blutigen Hunden in die Fänge zu geraten.«
»War alles geschehen, Bill,« sagte der Iltis, »was geschehen konnte. War nicht möglich, ihn aus dem Gefängnis zu holen, mußten den Sheriff bestechen. Gelang auch, ich habe dann Tom Battle selbst über den Muskegon gesetzt. Wie die Bursche auf seine Spur gekommen sind, wie es ihnen gelang, den so erfahrenen Tom, der ihnen so manche Nase gedreht hat, zu fassen, ist mir ein Rätsel. Sprachen gestern abend davon, die Muskegonmänner in Grovers Store, konnte aber nur wenig davon, des Windes wegen, verstehen.«
»Hättest uns auch warnen können, dort einzukehren,« meinte Burton.
»Wäre auch geschehen, hattest es nur zu verdammt eilig, deinen Toddy zu nehmen. Muß meine Visage in möglichster Entfernung von diesen Leuten halten, kennen mich zu genau.«
»Konnte gefährlich werden, fuhr mir in die Glieder, als ich die Bursche sah. Mußte noch der Morris wegen einer elenden Rothaut Streit beginnen. Was, zum Teufel, konnte dich veranlassen, mit dem betrunkenen Indianer anzubinden? Konnte uns an den Hals gehen.«
»Seitdem mir der tückische Hund, dieser Peschewa, den Laufpaß gegeben hat, habe ich eine Wut auf die rote Rasse, die bei jeder Gelegenheit losbricht. Der Bursche war sicher ein Ottawa.«
»Der Ottawahäuptling ist, wie du selbst sagst, nur dem Drucke gewichen, den man von Lansing aus auf ihn ausgeübt hat, sonst ist uns der Mann gewogen; wenn der die Räuberfaust in die Tasche steckt, geschieht es nur höchst unfreiwillig.«
»Soll mich nicht wundern,« warf der Iltis mit der hellen Knabenstimme, welche ganz zu seiner Persönlichkeit paßte, ein, »wenn die Roten bald wieder von sich hören lassen.«
»Wie ist das?« fuhr Morris empor, »haben sie die blutige Lektion vergessen, die sie vor drei Jahren erhielten?«
Der Iltis zuckte die Achseln: »War oben am Mackinaw, habe Freunde dort und habe da so ein Liedlein pfeifen hören, die roten Männer stecken die Köpfe zusammen und halten geheime Ratsversammlungen.«
»Ich habe ein ganzes Jahr bei den roten Schuften zugebracht, als es mir im Süden zu heiß wurde, der Peschewa nannte mich seinen Freund, bis der rote Hund mir endlich rund erklärt: ich müsse fort. Wenn dein Liedlein die Wahrheit sagt, und unwahrscheinlich ist mir das nicht, dann wird sich der gute Peschewa wohl wieder nach mir und meiner Büchse sehnen.«
»Kann schon sein.«
»Ist immer ein guter Unterschlupf da oben für den Notfall, man darf‘s mit den roten Burschen nicht verderben.«
»Siehe gestern abend,« sagte Burton.
»Gestern abend überkam mich gerade die Wut auf das undankbare Gesindel, als ich nach langer Frist wieder eine Rothaut erblickte.«
»Es war ein Glück, daß die Sache so ablief, sonst hätten die Farmer am Ende uns und besonders Tyron etwas genauer angesehen, und das hätte uns Unannehmlichkeiten bereiten können.«
»Ein weiteres Glück, daß niemand Tyron kannte.«
»Der