Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil

Tausend Und Eine Nacht - Gustav  Weil


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und bei allem, was er von Schönheit umschließt, bei seiner freigebigen Hand und aufrichtigen Zunge, bei seinem edlen Stamm und erhabenen Range. Der Moschusgeruch ist nichts anderes als seine Ausdünstung, und der Ambraduft ist von ihm entnommen. Auch die leuchtende Sonne stehet so tief unter ihm wie einer seiner abgeschnittenen Nägel.«

      Der erste Blick, den ich auf ihn warf, brachte mir schon Gefahr; mein Herz ward durch Liebe an ihn gebunden. Ich sagte ihm: »O mein Herr! Geliebter meines Herzens! erzähle mir die Geschichte deiner Stadt«, und er erwiderte: »Wisse, o Magd Gottes! diese Stadt gehörte meinem Vater, er ist der schwarze Stein innerhalb des Schlosses, den du bei der Königin, meiner Mutter, im Schlafkabinette gesehen. Die Einwohner dieser Stadt waren Magier, die das Feuer anbeteten und bei ihm schworen, nicht beim allmächtigen König. Mein Vater hatte mich durch göttliche Gnade in hohem Alter erhalten. Als ich heranwuchs, lehrte mich eine alte Frau, die bei uns im Hause war, den Koran, auch sagte sie mir, bete nur den erhabenen Gott an. Ich lernte den Koran bei ihr, ohne daß mein Vater und meine Leute etwas davon wußten. Eines Tages hörten wir eine furchtbare Stimme, welche rief: Ihr Bewohner dieser Stadt! hört auf, das Feuer anzubeten! betet zu Gott, dem Barmherzigen! Sie bekehrten sich aber nicht. Diese Stimme kam drei Jahre nacheinander drei Mal wieder, und nach dem letzten Jahre war auf einmal die Stadt wie du sie jetzt siehst. Ich kam allein davon und bringe meine Zeit hin, Gott zu dienen. Schon verlor ich aber die Geduld in meiner Einsamkeit, weil ich niemanden habe, der mich unterhalte und tröste.« Ich sagte hierauf zu ihm, denn schon war er Herr meines Geistes und meines Herzens geworden: »Willst du mit mir nach Bagdad kommen? die Sklavin, die du hier vor dir siehst, ist Herrin unter ihrem Volke; sie gebietet über Männer und Sklaven, ich besitze viele Güter und Waren und nur ein Teil derselben füllt das ganze Schiff aus, das an der Stadt vor Anker liegt, das so lange herumgeirrt, bis es Gott hierher geworfen, damit ich mit deiner Jugend mich vereinige.« Ich fuhr fort ihn zu liebkosen und ihm zuzureden, bis er einwilligte; ich schlief jene Nacht zu seinen Füßen und konnte nicht den Morgen erwarten, bis wir aufstanden und von den Schätzen seines Vaters, was am kostbarsten und am leichtesten zu tragen war, mitnahmen.

      Als wir vom Schlosse in die Stadt kamen, fand ich meine Schwestern, den Hauptmann des Schiffs und die Diener, die mich suchten; sie freuten sich, als sie mich sahen; ich erzählte ihnen die Geschichte des Jünglings und der Stadt. Sie wunderten sich darüber. Aber, o Fürst der Gläubigen! Sobald meine Schwestern den Jüngling sahen, beneideten sie mich und beschlossen Böses gegen mich; wir gingen alle aufs Schiff, heiter vor Freude über den Gewinn. Ich aber freute mich noch mehr mit dem Jüngling. Wir warteten dann bis guter Wind kam, um abzusegeln. Als der Wind gut ward, fuhr das Mädchen fort, reisten wir ab, setzten uns und plauderten mit einander; da sagten meine Schwestern: »O Schwester, was willst du mit diesem Jüngling anfangen?« Ich antwortete: »Ihn zum Mann nehmen.« Hierauf ging ich gleich zu ihm und sprach: »Mein Herr! ich hoffe, du wirst mir meinen Wunsch gewähren, und wenn ich mich dir bei unserer Ankunft in Bagdad als untertäniges Weib vorstelle, mein Mann werden.« — »Recht gern«, antwortete der Jüngling, »werde ich dir gehorchen und dich dazu noch als meine Herrin und Gebieterin ansehen.« Ich wandte mich dann wieder zu meinen Schwestern und sagte ihnen: »Dies ist mein Gewinn, euch bleibe hingegen alles, was ihr aus der Stadt mitgenommen.« Aber sie verheimlichten böse Gedanken gegen mich, sie wurden blaß aus Neid wegen des Jünglings. Wir hatten guten Wind, bis wir in den Strom der Sicherheit kamen. Als wir schon in der Nähe von Baßrah waren und nachts schliefen, da benutzten meine Schwestern den Schlaf, hoben mich mit meinen Bette auf und warfen mich in den Strom; dann taten sie das gleiche mit dem Jüngling. Dieser ertrank, ich hätte mit ihm ertrinken mögen, aber Gott hat meine Rettung beschlossen, ich fiel auf eine kleine aber hohe Insel. Als ich erwachte, und mich mitten im Wasser befand, dachte ich wohl, daß meine Schwestern mich verraten hatten; ich dankte Gott für meine Rettung. Da indessen ihr Schiff wie ein Blitz vorübereilte, blieb ich die ganze Nacht auf dem Inselchen stehen.

      Als der Tag heranbrach, sah ich am Ende der Insel, auf welcher ich war, ein trocknes Stück; ich ging dahin, preßte meine Kleider aus und hing sie zum Trocken, aß von den Früchten der Insel, trank von dem Wasser, ging ein wenig umher, dann ruhte ich mich wieder aus. Ich war nur noch zwei Stunden entfernt von der Stadt; da kam eine lange Schlange, so dick wie ein Dattelbaum. Sie schlich langsam herbei, bald rechts bald links, bis sie bei mir war, ich sah wie sie die Zunge eine Spanne weit herausstreckte und die Erde aufwühlte; hinter ihr gewahrte ich einen dünnen Basilisk, nicht dicker als eine Lanze, aber so lang wie zwei Lanzen; er hatte schon den Schwanz der Schlange erreicht, die vor ihm floh und mit weinenden Augen sich links und rechts umsah. Da bekam ich Mitleid mit der Schlange, o Fürst der Gläubigen! nahm einen großen Stein, rief Gott zu Hilfe und schlug den Basilisk damit, bis er tot war. Sogleich schlug die Schlange zwei Flügel auf und flog davon, bis ich sie nicht mehr sah. Ich setzte mich, um auszuruhen, und schlief ein. Als ich erwachte, sah ich eine schwarze Sklavin mit zwei schwarzen Hündinnen, die mich an den Füßen berührte; ich stand auf, setzte mich und sagte: »Wer bist du, meine Schwester?« Sie antwortete mir: »Du hast mich schnell vergessen; ich bin‘s, der du so viel Gutes erwiesen, ich bin die Schlange, die eben hier war, und deren Feind du mit Gottes Hilfe erschlagen; um dich zu belohnen, holte ich das Schiff ein und befahl einem meiner Gehilfen, es untergehen zu lassen. Zuvor aber hatte ich alles, was darin war, in dein Haus gebracht, denn ich wußte wohl, wie deine Schwestern gegen dich verfahren, denen du immer so viel Gutes erwiesen, und die dich doch wegen des Jünglings beneidet; sie sind nun diese zwei schwarzen Hündinnen. Und ich schwöre bei dem, der Himmel und Erde geschaffen, daß wenn du dem, was ich dir sage, nicht gehorchst, ich dich unter der Erde einsperren werde.« Die Sklavin verschwand hierauf, ward ein Vogel, flog mit mir und meinen Schwestern davon und setzte uns auf mein Haus hin. Hier fand ich alles, was auf dem Schiffe gewesen war, wieder. Sie sagte mir dann noch: »Ich schwöre zum zweiten Mal bei dem, der die beiden Meere vereinigte — und wenn du mir nicht gehorchst, werde ich dich, auch wie sie, zur Hündin machen — du mußt jeder von ihnen jede Nacht dreihundert Prügel geben, um sie für ihre Schandtat zu bestrafen.« Als ich zu gehorchen versprach, verließ sie mich. Und von der Zeit an, als sie so geschworen hatte, strafe ich sie jede Nacht, bis das Blut fließt. Es tut mir zwar im Herzen weh, aber ich habe keine Wahl; darum peinige ich sie und weine dann mit ihnen. Sie wissen wohl, daß ich sie nicht gerne so mißhandle, und entschuldigen mich deshalb. Dies ist meine Geschichte.

      Es sagt der Erzähler: Als der Kalif dies hörte, war er höchst erstaunt und befahl Djafar, das andere Mädchen zu fragen, warum sie selbst so ihre Brust und Seiten zerschlage, und sie erzählte:

      Geschichte des zweiten Mädchens

      Als mein Vater starb, hinterließ er mir ein großes Vermögen; ich verheiratete mich mit einem der vornehmsten Männer in Bagdad und lebte ein Jahr lang höchst angenehm mit ihm. Nach einem Jahre starb er und hinterließ mir 90.000 Dinare; ich lebte im größten Wohlstande, ließ mir viele Kleider machen und sie mit Stickereien und Randbesatz verzieren, so daß man überall von mir redete. Ich hatte zehn verschiedene Kleidungen, jede für 1000 Dinare. Als ich einst zu Hause saß, kam eine steinalte Frau mit runzeligem Gesicht, kahlen Augenbrauen, hohlen, triefenden Augen, abgebrochenen Zähnen, weißen Haaren, aussätzigem Körper, gebücktem Rücken, gespenstischer Farbe und fließender Nase, wie ein Dichter sagte:

      »Sie hat sieben Fehler im Gesichte; einer davon ist schon ekelhaft und häßlich! In ihrem Gesicht ist ein Überfluß an Flüssigkeit, ihre ganze Gestalt ist morsch und ihre Haare fallen ihr von einer Kopfkrankheit aus.«

      Sie grüßte mich, küßte die Erde vor mir und sprach: »Wisse, o Gebieterin! ich habe eine Tochter, die Waise ist, heute Nacht ist ihre Hochzeit und ihre Ausschmückung; wir sind fremd in dieser Stadt, kennen keinen ihrer Bewohner, dies tut unsern Herzen weh; du wirst dir aber ein großes Verdienst erwerben, wenn du zu uns kommst, damit die Frauen dieser Stadt es hören und auch kommen; du wirst, wenn du mit deiner Gegenwart uns beehrst, meiner Tochter Herz stärken.« Sie setzte dann noch folgende Verse hinzu:

      »Eure Gegenwart macht uns Ehre und wir erkennen dies an; bleibt ihr aber weg, so kann euch niemand ersetzen.«

      Sie weinte dann und bat so lange, bis ich sie bemitleidete, ihre Bitte gewährte und zu ihr also sprach: »So Gott will, werde ich deiner Tochter dies zu Gefallen tun und sie dazu noch mit meinem Schmucke zieren.« Die Alte fiel vor Freude mir zu


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