Im Lande des Mahdi III. Karl May

Im Lande des Mahdi III - Karl May


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So schnell ertrinkt niemand.«

      »Aber ohne Besinnung. Ich will versuchen, ob er mich hört. Selim, Selim! Mach‘ doch die Augen auf!«

      Er folgte dieser Aufforderung, sah uns an, kam sofort vollends an das Land, sah voller Angst nach dem Wasser rückwärts und schrie:

      »Wo sind die Krokodile, wo? Schnell, fort von hier!«

      Er wollte wirklich fort. Ich hielt ihn fest und gebot:

      »Bleib‘, Feigling! Kein Krokodil wird so dumm sein, dich für einen guten Bissen zu halten. Du bist vollständig sicher hier. Es giebt kein Krokodil in der Nähe, aber mit unserer Jagd ist es nun auch zu Ende. Das kommt davon, daß wir dich mitgenommen haben. Ich wußte doch, daß es ohne irgend eine Dummheit nicht abgehen werde.«

      Dieses Wort brachte ihn vollständig wieder zu sich. Er sah, daß keine Gefahr vorhanden war, Grund genug für ihn, eine möglichst würdevolle Haltung einzunehmen und mir in beleidigtem Tone zu antworten:

      »Sprich ja nicht so, Effendi! Wer hat eine Dummheit gemacht, du oder ich? Wer hat uns nach diesem Grase gesteuert, welches ich für das feste Ufer halten mußte? Doch du?«

      »Nein. ich wollte an demselben vorüber; da du aber, ohne von mir den Befehl dazu erhalten zu haben, das Ruder einzogst, so bekam das Boot eine falsche Wendung. Eigentlich hätten wir dich ertrinken lassen sollen; dann brauchten wir uns nicht mehr über einen solchen Dummkopf zu ärgern.«

      »Dummkopf? Etwa ich? Nein, du kannst mich unmöglich meinen, Effendi. Und ich ertrinken? Ich sage dir, ich bin in allen Meeren und Flüssen so zu Hause, daß ich am Lande viel leichter ertrinken würde als im Wasser!«

      »Wenn das ist, so gehe da hinein und hole das Boot, vor allen Dingen aber zunächst unsere Gewehre heraus!«

      Da kratzte er sich die berühmten Stellen hinter den Ohren und schwieg. Meine Aufforderung war keineswegs ernstlich gemeint gewesen. Selim war nicht der Mann, uns wieder zu unsern Gewehren zu verhelfen. Ich mußte das selbst thun. Darum leerte ich meine Taschen, um den Inhalt derselben zum Trocknen in die Sonne zu legen, und gab auch den Gürtel mit allem, was sich in demselben befand, dazu. Nachdem ich mich der Stiefel entledigt hatte, ging ich in das Wasser. Es war leicht, die Flinten zu finden, da sie gerade an der Stelle unten lagen, an welcher der Unfall geschehen war. Während ich sie durch Untertauchen heraufholte, legte auch Ben Nil alles Ueberflüssige von sich, um nach dem Boote, welches kieloben trieb, zu schwimmen und es nach dem Ufer zu schaffen.

      Dann saßen wir an letzterem, damit beschäftigt, die Schlösser und Läufe der Gewehre zu reinigen und zu trocknen. Dabei hielten wir die Augen dem Wasser zugekehrt und sprachen laut miteinander, da wir keinen Grund zu haben glaubten, leise zu reden und dem Walde hinter uns eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Leider aber hatte der Häuptling, allerdings ohne Absicht, uns falsch berichtet. Seine Meinung, daß wir hier an diesem Ufer keinen Menschen treffen würden, erwies sich als falsch. Wir sollten Leute sehen, nicht bloß sehen, und zwar was für welche!

      Ich war eben mit meinem Gewehre fertig geworden und wollte nun nach den Revolvern langen, um nachzusehen, wieweit sie vom Wasser gelitten hatten, da erklang hinter uns eine befehlende Stimme:

      »Drauf! Haltet sie fest nieder und bindet sie!«

      Ich wurde so schnell, daß ich nicht einmal Zeit fand, mich umzudrehen, viel weniger aber aufzuspringen, von hinten gepackt und niedergerissen. Drei oder vier dunkelfarbige Kerle knieten auf mir, und ein anderer bemühte sich, mir mit seinem Kopftuche die Arme an den Leib zu binden. Ich versuchte, sie abzuwerfen und mich aufzurichten; ich kam einige Male halb auf, wurde aber immer wieder niedergerungen, bis ich endlich gebunden und Widerstand also nicht mehr möglich war. Drei ähnliche, verwegen aussehende Menschen hatten Ben Nil bemeistert. Neben diesem lag Selim. Er, der »größte Held des Weltalls«, wurde von nur einem in Schach gehalten.

      Jetzt, da wir unschädlich gemacht worden waren, ließ sich derjenige sehen, dessen Kommando wir gehört hatten. Er war im Gebüsch geblieben, um nicht etwa von uns verletzt zu werden. Jetzt, da er sich sicher fühlte, kam er hervor und redete uns an:

      »Ihr seid hier am Maijeh Semkat, ihr Hunde? Das hat Allah gefügt! Er hat euch in meine Hand gegeben, und nun sollt ihr uns gewiß keinen Schaden mehr thun.«

      Wir sahen zu unserm großen Erstaunen den Muza‘bir vor uns stehen, den Menschen, dem ich schon einige Male so glücklich entgangen war. Ich war der Meinung gewesen, daß er mit Ibn Asl gezogen sei. Warum war er hier am Maijeh zurückgeblieben, und was für Leute waren es, die er da befehligte?

      Sein Gesicht drückte die größte Freude aus, als er, hart an mich herantretend, fortfuhr:

      »Der Teufel ist dir wiederholt behilflich gewesen, uns zu entgehen, wenn wir dich ganz sicher zu haben glaubten. Dieses Mal aber wird dir seine Hilfe nichts nützen, denn wir werden dir vor allen Dingen keine Zeit zum Entkommen geben. Sobald wir mit dir das Lager erreichen, wirst du aufgehenkt. Leider ist dieser Tod ein viel zu schneller für dich; du solltest langsam totgemartert werden. Doch kann dies immer noch geschehen, wenn du dich weigerst, mir die Wahrheit zu sagen. Also willst du dir Schmerzen ersparen, so sprich aufrichtig. Wo kommt ihr her?«

      Er sprach von einem Lager. Sollte Ibn Asl noch hier sein? Schwerlich! Mich aufs Schweigen zu legen, wäre albern gewesen; freilich konnte es mir auch nicht einfallen, ihm die Wahrheit zu sagen. Ich antwortete auf seine Frage:

      »Wir drei kommen den Fluß herauf.«

      »Weiter niemand?«

      »Nein.«

      »Lüge nicht, Giaur!«

      »Ich sage die Wahrheit.«

      »Nein, du lügst; dein Boot verrät dich. Solche Boote giebt es hier nicht; es kommt weiter her; es gehört zu einem Schiffe. Und das Schiff wird dasjenige des Reis Effendina sein. Gestehe es! Von wem hast du das Boot?«

      Ich beschloß, diesmal die Wahrheit zu sagen, damit er das weitere nicht bezweifeln möge; darum antwortete ich ihm:

      »Vorn Reis Effendina.«

      »Dachte es mir! Wo liegt sein Schiff?«

      »Unten im Flusse, anderthalbe Bootstagereise von hier.«

      »Das soll ich glauben? Warum seid ihr nicht auch dort?«

      »Weil er uns vorausgesandt hat, damit wir hier im Maijeh Nilpferdfallen stellen; unsere Asaker sollten übermorgen bei ihrer Ankunft gleich Fleisch finden.«

      »Was wollt ihr überhaupt hier oben?«

      »Wir suchen Ihn Asl.«

      »Ah! Kennt ihr denn seine Seribah nicht?«

      »Nein. Wir werden sie aber noch erfahren.«

      »Ihr werdet nichts weiter erfahren, als wie es in der Hölle aussieht, denn ehe die Sonne gesunken ist, seid ihr tot. Seid ihr während eurer Fahrt auf keiner Seribah eingekehrt?«

      »Wir hielten bei der Seribah Aliab an.«

      »Wem gehört Sie?«

      »Einem alten, lahmen Manne, welcher mit den Anwohnern des Flusses Handel treibt.«

      »Vielleicht Sklavenhandel?«

      »Nein. Er ist ein ehrlicher Mann und verkauft nur Waren.«

      Da lachte er laut und höhnisch auf und sagte:

      »So dumm kann doch nur ein Christ, ein verdammter Giaur sein! Mensch, um dein Gehirn muß es traurig stehen! Du hast dich von diesem »ehrlichen Manne« fürchterlich betrügen lassen. Wisse, diese Seribah Aliab gehört Ibn Asl, und der alte, lahme Mann, der sich für einen Händler ausgegeben hat, ist der Feldwebel des Sklavenjägers!«

      »Alle Wetter!« rief ich aus, indem ich mich überrascht stellte.

      »Ja, so ist es! Ihr wollt Ibn Asl fangen. Lächerlich! Er ist längst nicht mehr da, wo ihr ihn sucht.«

      »Wo ist er denn?« fragte ich in beabsichtigter Naivetät.

      »Wo er ist? Meinst du, daß ich dir das sagen werde?« lachte er, fügte aber, schnell wieder ernst werdend, hinzu. »Doch ja, ich will es dir


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