Old Surehand I. Karl May

Old Surehand I - Karl May


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glaube ich nicht.«

      »Doch! Ueberlegt Euch nur: Das Wasser des Sees mit den Sternen liegt ruhig vor ihnen; bei jeder Bewegung entstehen Wellen, und die Sterne wabbeln hin und her, auf und nieder. Wenn wir angeschwommen kommen, giebt das eine solche Erschütterung und Revolution des ganzen im Wasser strahlenden Firmamentes, daß die Wächter unbedingt aufmerksam auf uns werden müssen.«

      »Was schadet das?«

      Wir waren weiter gegangen; jetzt blieb er wieder stehen, hielt mich an und fragte:

      »Wa – — – wie – — – was? Was das schadet? Und das fragt ein Old Shatterhand? Eine solche Frage könnte mich nur von einem Greenhorn nicht wundern. Was das schadet! Die Kerls werden natürlich sofort um Hilfe brüllen; dann werfen sich sämtliche Comantschen in das Wasser, und es giebt eine Jagd, bei der wir verloren sind. Wenn wir noch so fein schwimmen, viele Hunde sind doch des Hasen Tod.«

      »Sie werden wohl nicht um Hilfe rufen,« antwortete ich, indem ich ihn zum Weitergehen nötigte.

      »Natürlich werden sie es! Sie sehen doch, daß zwei Menschen, zwei Weiße, kommen! Und wenn sie wirklich nicht schreien sollten, so schicken sie uns doch gewiß einige Kugeln in die Köpfe!«

      »Auch das thun sie nicht!«

      »Aber, Sir, ich begreife Euch nicht!«

      »Sie werden uns gar nicht sehen.«

      »Nicht – — – wie – — – was? Nicht sehen, wenn das ganze Firmament im Wasser krabbelt und wabbelt?«

      »Nein, denn wir werden uns maskieren.«

      »Maskieren? Das wird ja immer toller! Wie wollen wir uns maskieren? Etwa Ihr als Domino und ich als Harlekin? Ich danke für solchen Karneval!«

      »Versteht mich doch richtig, Mr. Cutter! Unter maskieren verstehe ich so viel wie verstecken.«

      »Auch gut! Wohin wollt Ihr Euch denn im Wasser stecken?«

      »Hinter Schilf.«

      »Das giebts auf dem See nicht, sondern nur am Ufer.«

      »Wir nehmen welches mit.«

      »Unsinn! Kein Roter wird sich dadurch irre machen lassen.«

      »Ich kann Euch das Gegenteil beweisen.«

      »Wieso?«

      »Ich habe vorhin so eine Maskerade getrieben, weil ich meinen Zweck auf keine andre Weise erreichen konnte.«

      »Wirklich?«

      »Ja.«

      Ich erzählte es ihm; als ich fertig war, meinte er:

      »Hm, es ist doch nicht ganz so dumm, wie ich dachte! Aber ein einzelner Schilfbusch, das mag gehen, aber zwei? Wir bringen es doch wohl kaum fertig, ganz gleich zu schwimmen; die beiden Büsche würden also bald zusammen, und bald auseinander geraten. Das muß auffallen und Verdacht erwecken.«

      »Allerdings; aber wir werden eben nicht zwei Büsche oder Bündel nehmen, sondern uns eine Schilfinsel herstellen, unter der wir stecken.«

      »Nicht übel!«

      »Erst schwimmen wir schnell, sobald wir aber in Sicht gelangen, kommt unsre Schilfinsel langsam, sehr langsam angetrieben.«

      »Aber unsre hellen Körper! Um neben einander schwimmen zu können, brauchen wir wenigstens sieben Ellen Platz; dürfen wir das Schilffloß so groß machen? Die Wächter werden uns sehen, weil unsre Haut hell ist.«

      »Wir behalten die Kleider an.«

      »Hm!« brummte er.

      »Meint Ihr, daß Euch dies das Schwimmen erschweren wird, Mr. Cutter?«

      »Gar nicht, ganz und gar nicht! Es fragt sich nur, wenn sonst auch alles glückt, ob die Wächter unser Schilf an ihrer Insel landen lassen werden.«

      »Es soll nicht landen.«

      »Es soll nicht? Wir also auch nicht? Und doch müssen wir auf die Insel! Gradezu unbegreiflich!«

      »Ganz leicht erklärlich! Könnt Ihr tauchen?«

      »Wie ein Frosch, sage ich, wie ein Frosch; th‘is clear; so tief hinab und hinunter, wie Ihr wollt!«

      »Das ist gut, denn das Tauchen gehört dazu. Wenn wir uns der Insel nähern und die Wächter das Schilffloß bemerken, werden sie auf die Seite der Insel gehen, an der es vorüberschwimmen will.«

      »Das läßt sich denken; landen werden sie es aber wohl nicht lassen.«

      »Nein. Nun kommt die Hauptsache: In dem Augenblicke, an welchem es der Insel am nächsten ist, verlassen wir unsren Schutz, tauchen nieder und schwimmen unter dem Wasser um sie herum, um an der andern Seite wieder aufzutauchen. Während die Wächter dem Schilfe nachblicken, besteigen wir hinter ihrem Rücken die Insel, und ich springe auf sie zu, um sie mit zwei guten Fausthieben unschädlich zu machen.«

      »Brillant, Mr. Shatterhand! Und ich?«

      »Für Euch ist es das erste, die Fesseln des Gefangenen zu durchschneiden, damit er schnell frei wird, denn es kann, wenn ich es auch nicht für wahrscheinlich halte, doch der Fall eintreten, daß wir gleich wieder fort müssen. Es ist ja möglich, daß ich einen der Kerls nicht richtig treffe und er Zeit gewinnt, um Hilfe zu rufen.«

      »Das wäre faul, sehr faul!«

      »Ja. Ihr seht wohl ein, daß wir viel zu leisten haben und daß alles gut klappen muß, wenn der Streich gelingen soll. Ich denke also, daß Ihr es mir nicht übel nehmen werdet, wenn ich Euch bitte, Euch noch einmal zu prüfen, ob Ihr das, was ich von Euch verlangen muß, auch wirklich ausführen könnt.«

      »Mit Leichtigkeit, Sir, mit größter Leichtigkeit!«

      »Bitte, nicht so schnell antworten! Wir dürfen nicht leichtsinnig sein. Ich sage Euch aufrichtig, daß ich es mir nicht leicht vorstelle. Ich kenne mich genau und weiß, daß ich es ausführen kann, wenn nichts dazwischen kommt und alles so glatt verläuft, wie ich vermute; aber dennoch halte ich die Sache für schwer, hier sogar für sehr schwer.«

      »Redet nicht von Leichtsinn, Sir! Habt Ihr diesen Old Wabble hier einmal schwimmen sehen?«

      »Nein.«

      »Oder gar tauchen?«

      »Noch viel weniger.«

      »So seid still, und wartet es ruhig ab! Und wenn e& vorüber ist, dann werdet Ihr sagen, daß Ihr keinen bessern und geschicktern Helfer als mich finden konntet; th‘is clear!«

      »Das soll mich freuen, denn es handelt sich hier mehr um unser Leben als bei jeder andern Gelegenheit.«

      Ich war mir wirklich darüber unklar, ob ich ihm trauen könne oder nicht. Seine Knochengestalt ließ keinen guten Schwimmer vermuten, und seine Versicherungen hatten etwas Prahlerisches; aber er war bekanntermaßen ein mutiger und erfahrener Mann und sprach in einem solchen Brusttone der Ueberzeugung, daß es schwer war, ihm keinen Glauben zu schenken. Uebrigens gab es keine Zeit mehr für weitere Auseinandersetzungen, weil wir jetzt unsern Lagerplatz erreichten.

      Die Gefährten waren wegen unsrer langen Abwesenheit in Sorge um uns gewesen. Wir erzählten ihnen, was wir gesehen und erfahren hatten und erklärten ihnen den Rettungsplan, den wir ausführen wollten.

      Parker und Hawley bedauerten, daß sie keine direkte Rolle dabei spielen sollten; die andern sagten nichts; sie waren wohl ganz zufrieden damit, daß ich ihnen nicht zumutete, ihr Leben auf das Spiel zu setzen. Wir bestiegen unsre Pferde und brachen von hier auf, um nach der andern Seite des Sees zu reiten.

      Dort angekommen, mußten wir im Dunkel durch das Gebüsch, um von der offenen Grasprairie an das Wasser zu gelangen, wo wir wieder abstiegen und die Pferde anbanden. Drüben brannten die Lagerfeuer.

      Es gab hier auch Schilf. Wir schnitten davon so viel, wie wir brauchten; einige starke Aeste bildeten die Unterlage, den Rahmen des Floßes. Als wir mit der Herstellung desselben fertig waren, war es für unsern Zweck ein kleines Meisterwerk. Es hatte unten Oeffnungen für unsre Köpfe und vier lederne Schlingen, in die wir die Arme zu stecken hatten; natürlich war


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