Robert Blum. Blum Hans

Robert Blum - Blum Hans


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Blum.

      P. S. Ich habe das Wichtigste vergessen: es fand durchaus keine Ruhestörung Statt.“

      Bald ward der Bürgerschaft Leipzigs Gelegenheit geboten, die patriotischen Gelübde, die an dieser geweihten Stätte dargebracht worden waren, zur That werden zu lassen. Am 17. November 1837 hatten die mannhaften sieben Göttinger Professoren Dahlmann, Albrecht, Gervinus, die Gebrüder Grimm, Weber und Ewald dem Curatorium der Universität einen Protest überreicht gegen die eidbrüchige Verfassungsverletzung des Königs Ernst August von Hannover. Der Protest wurde veröffentlicht und jubelnd in ganz Deutschland begrüßt von Allen, welche Recht und Gesetz und geschworene Eide hoch hielten. Das waren unter dem allgemeinen Molluskenthum, das seit den Bundestagsbeschlüssen von 1832 an der Oberfläche unseres öffentlichen Lebens schwamm, doch einmal sieben ganze Männer! Sie wagten dem eidbrüchigen Verbrecher auf dem Throne zuzurufen: „das ganze Gelingen ihrer Wirksamkeit beruht nicht sicherer auf dem wissenschaftlichen Werthe ihrer Lehren als auf ihrer persönlichen Unbescholtenheit. Sobald sie vor der studirenden Jugend als Männer erscheinen, die mit ihren Eiden ein leichtfertiges Spiel treiben, ebensobald ist der Segen ihrer Wirksamkeit dahin. Und was würde Sr. Majestät dem Könige der Eid unserer Treue und Huldigung bedeuten, wenn er von Solchen ausginge, die eben erst ihre eidliche Versicherung freventlich verletzt haben.“

      In Leipzig namentlich fand der kühne Schritt der Göttinger Sieben wohl den begeistertsten Widerhall. Nur Hamburg und Kiel konnten sich mit Leipzig in thatkräftigem Handeln messen. So rein und naturgewaltig drang von Leipzig die Zustimmung zurück zu Dahlmann und seinen Genossen, daß, als das Schicksal des treuen „Siebengestirns“ sich erfüllt hatte, Dahlmann und Albrecht nach Leipzig ihre Augen und Schritte lenkten, als nach einer neuen Heimath. Doch schon lange ehe es soweit kam, hatte Leipzig gehandelt so kräftig und opferbereit wie keine andere Stadt. Am 7. December gaben die Liberalen Leipzigs den aus der Ständeversammlung heimgekehrten Abgeordneten ein Festmahl, das hauptsächlich Blum angeregt und zu Stande gebracht hatte. Ein kräftiges Tafellied aus seiner Feder wurde gesungen. Hier regte er mit Andern an, eine Adresse an die Sieben Göttinger zu senden. In wenigen kräftigen Worten hob sie das große Verdienst der eidestreuen Männer hervor und erregte bei Dahlmann, an dessen Adresse sie gesandt wurde, besondere Freude. Dabei begnügte sich aber Leipzig nicht. Schon am 9. December erließen hervorragende Kaufleute, Gelehrte, Buchhändler der Stadt einen Aufruf zur Zeichnung von Beiträgen für den Fall, daß „jene biedern Männer ihres Amtes verlustig gehen sollten“ und in den ersten zwölf Stunden schon hatten Reich und Arm, Jung und Alt, Männer und Frauen der Leipziger Bürgerschaft fast tausend Thaler für die Göttinger Sieben gezeichnet. Wenn Robert Blum’s Name unter diesem schönsten Zeugniß fehlt, das der Patriotismus der Leipziger Bürgerschaft in den dreißiger Jahren sich ausstellte, so sprechen doch zahlreiche Beweise dafür, daß er mit der ganzen ihm eigenen Thatkraft für die Sache der sieben Göttinger wirkte. Er hat noch manches Jahr später, als er schon der anerkannte Führer des vorgeschrittenen Liberalismus in Leipzig war, immer, wo es irgend anging, vermieden, seinen Namen an die Spitze zu stellen oder hervorzudrängen, vor Allem deßhalb, weil er sich seiner abhängigen Stellung als Theatersecretair bewußt war und mit Recht annahm, daß in den Augen des Publikums höhere Titel, die Namen gelehrter, reicher oder berühmter Männer mehr wirken würden, als der seine. Aber man braucht nur die Leipziger Allgemeine Zeitung, die Elegante Welt, das vom Abgeordneten Todt herausgegebene Adorfer Wochenblatt, und alle sonstigen Zeitungen jener Tage, auf welche Robert Blum direct oder indirect Einfluß hatte, aufzuschlagen, um zu erkennen, wie begeistert und nachhaltig er die Sache der Göttinger Sieben förderte. Hat doch auch Johann Jacoby, sein getreuer Gesinnungsgenosse, in Königsberg sich an die Spitze der Agitation und Sammlungen für die sieben tapfern Gelehrten gestellt.

      Und als dann das Erwartete geschah, und der König seinem Eidbruch den schnöden Rechtsbruch hinzufügte, die sieben Professoren am 11. December ihres Amtes enthob und sie als Verbannte in die weite Welt trieb und dann Dahlmann und nach ihm Albrecht in Leipzig ein Asyl suchten, da hat Robert Blum die armen Vertriebenen öffentlich angeredet und ihnen, umgeben von Hunderten gleichgesinnter schlichter Bürger, die trostreiche Versicherung zugerufen, daß sie nicht zu verzagen brauchten, da das Herz des ganzen deutschen Volkes mit ihnen schlage, das ganze deutsche Volk sie stütze und trage. Das war die erste öffentliche Rede Blum’s: sie galt der Anerkennung opfermuthiger Pflichterfüllung, unbeugsamer Manneswürde, der Brandmarkung rechtloser und eidbrüchiger fürstlicher Willkür.

      Wie tief Robert Blum die lebendige Erinnerung an die Frevelthat des Königs von Hannover und den Heroismus der Göttinger Sieben bewahrte, erhellt aus seinen Reden, Briefen und Schriften der folgenden Jahre. Als längst die öffentliche Theilnahme für das Ereigniß und seine Opfer erkaltet war, wies er immer von Neuem darauf hin. Auch das nächste Geburtstagsfest des Königs von Sachsen gedachte er zu diesem Zwecke zu benützen. Er hatte, wie gewöhnlich, den Theater-Festprolog verfaßt. „Es ist des Königs Fest“ heißt es da:

      „Des Königs, der, als in den jüngsten Tagen

      Ein ferner Sturm das Völkerheil bedroht,

      Ein Königliches Wort nur durfte sagen,

      Das jeder Sorge, jeder Furcht gebot,

      Das seinen Namen weit hinaus getragen

      Und anknüpft an der Zukunft Morgenroth,

      Das dem Verdienst, dem freien Männerworte

      Eröffnet des Asyles heil’ge Pforte.“

      „Bezieht sich auf die Aufnahme der Göttinger Professoren,“ hat Blum in einer Anmerkung zum besseren Verständniß Eines Hohen Theater-Ober-Censur-Collegiums dieser Strophe hinzugefügt. Aber gerade diese Deutlichkeit der Anspielung brachte die Strophe zu Fall. Man war in Dresden in banger Sorge über Dahlmann’s Anwesenheit in Leipzig. Selbst der wackere freisinnige Minister Lindenau berief sich ihm gegenüber auf die 1832er Bundestagsbeschlüsse[22]. Nur Albrecht duldete man und stellte man an, da gegen ihn der welfische Rachezorn bei weitem geringer tobte, als gegen den Führer der Sieben. Unter solchen Umständen durfte natürlich die Regierung zu Königs Geburtstag nicht erinnert werden an ihre großen Worte, da die Armseligkeit ihrer Thaten bald aller Welt kund werden sollte.

      Oben ist schon angedeutet worden, daß die Leipziger Messen Robert Blum auch in rege persönliche Verbindung mit hervorragenden, an öffentlichen Angelegenheiten lebhaft theilnehmenden Männern der Provinz brachten. Die zwanglose gesellige Form des Blum’schen Kreises, persönliche Beziehungen zu dem einen oder andern Mitgliede dieses Kreises führte nach und nach fast alle bedeutenderen Männer der Provinz, die in den Messen oder außerhalb derselben Leipzig berührten, in diesen Kreis: den wackeren Weber Franz Rewitzer aus Chemnitz, die rührigen Fabrikanten Böhler und Mammen aus Plauen im Voigtland, zahlreiche Buchhändler und Verleger aus ganz Deutschland, die Abgeordneten der Sächsischen Kammer Dieskau, Todt, später Braun und zahlreiche Andere, die in den kommenden Jahren eine nicht unbedeutende Rolle in der Geschichte ihres engeren und weiteren Vaterlandes gespielt haben. Mit ihnen allen fast hat Blum die persönlich in Leipzig geknüpften Beziehungen in regem Briefwechsel unterhalten und auf diese Weise stets ein treues, durch die Erweiterung seines Freundeskreises immer umfassenderes Bild von dem politischen Leben der Provinz erhalten.

      Das Jahr 1837 sollte nicht scheiden, ohne die Wunde, welche die Untreue der Auguste Forster in Blum’s Herzen zurückgelassen, vollständig zu heilen und ihm das schönste Glück für die Zukunft zu verheißen. Schon im Sommer 1837 meldete er den Seinen nach Köln, daß er ein junges Mädchen kennen gelernt habe, das ihn mächtig anziehe. Im Frühjahr desselben Jahres war er durch einen Freund, Ferd. Mey, in dessen elterliches Haus in Leipzig eingeführt worden. Dieses Haus lag an der Dresdener Straße, unweit des äußeren Grimmaischen Thores, das vierundzwanzig Jahre zuvor die Königsberger Landwehr unter Friccius gestürmt hatte. Noch hafteten überall die Kanonenkugeln der Völkerschlacht in den Mauern der Häuser. Jenseits des Thores, wo das Mey’sche Haus zur Rechten lag, war damals fast Alles noch Garten. Mit der Rückseite stieß das Besitzthum an das üppig-grünende Heiligthum des Johanniskirchhofes. Wer konnte ahnen, daß auch der jungen Liebe, die dort emporkeimte, die Trauerweide des Friedhofes in so furchtbarer Nähe erwachsen sollte!

      Ein achtzehnjähriges


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<p>Fussnote_22_22</p>

A. Springer, Dahlmann, 2 Thl. S. 22 fg.