Die Verschwörung des Fiesco zu Genua. Friedrich von Schiller

Die Verschwörung des Fiesco zu Genua - Friedrich von Schiller


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meine Schuld, (sich belächelnd) daß der Graf seine Augen hat?

      Fiesco. Das Verbrechen Ihrer Schönheit, Madonna, daß er sie nicht überall hat.

      Julia. Keine Delicatesse, Graf, wo die Ehre das Wort führt. Ich fordre Genugthuung. Finde ich sie bei Ihnen? oder hinter den Donnern des Herzogs?

      Fiesco. In den Armen der Liebe, die Ihnen den Mißtritt der Eifersucht abbittet.

      Julia. Eifersucht? Eifersucht? Was will denn das Köpfchen? (Vor einem Spiegel gesticulierend.) Ob sie wohl eine bessere Fürsprache für ihren Geschmack zu erwarten hat, als wenn ich ihn für den meinigen erkläre? (Stolz.) Doria und Fiesco? – ob sich die Gräfin von Lavagna nicht geehrt fühlen muß, wenn die Nichte des Herzogs ihre Wahl beneidenswürdig findet? (Freundlich, indem sie dem Grafen ihre Hand zum Küssen reicht.) Ich setze den Fall, Graf, daß ich sie so fände.

      Fiesco (lebhaft). Grausamste, und mich dennoch zu quälen! – Ich weiß es, göttliche Julia, daß ich nur Ehrfurcht gegen Sie fühlen sollte. Meine Vernunft heißt mich das Knie des Unterthans vor dem Blut Dorias beugen, aber mein Herz betet die schöne Julia an. Eine Verbrecherin ist meine Liebe, aber eine Heldin zugleich, die kühn genug ist, die Ringmauer des Rangs durchzubrechen und gegen die verzehrende Sonne der Majestät anzufliegen.

      Julia. Eine große, große, gräfliche Lüge, die auf Stelzen heranhinkt – Seine Zunge vergöttert mich, sein Herz hüpft unter dem Schattenriß einer Andern.

      Fiesco. Oder besser, Signora, es schlägt unwillig dagegen und will ihn hinwegdrücken. (Indem er die Silhouette Leonorens, die an einem himmelblauen Bande hängt, herabnimmt und sie der Julia überliefert.) Stellen Sie Ihr Bild an diesem Altar auf, so können Sie diesen Götzen zerstören.

      Julia (steckt das Bild hastig zu sich, vergnügt). Ein großes Opfer, bei meiner Ehre, das meinen Dank verdient. (Sie hängt ihm die ihrige um.) So, Sklave! trage die Farbe deines Herrn. (Sie geht ab.)

      Fiesco (mit Feuer). Julia liebt mich! Julia! Ich beneide keinen Gott. (Frohlockend im Saal.) Diese Nacht sei eine Festnacht der Götter, die Freude soll ihr Meisterstück machen. Holla! holla! (Menge Bediente.) Der Boden meiner Zimmer lecke cyprischen Nektar, Musik lärme die Mitternacht aus ihrem bleiernen Schlummer auf, tausend brennende Lampen spotten die Morgensonne hinweg – Allgemein sei die Lust, der bacchantische Tanz stampfe das Todtenreich in polternde Trümmer!

      (Er eilt ab. Rauschendes Allegro, unter welchem der Mittelvorhang aufgezogen wird und einen großen illuminierten Saal eröffnet, worin viele Masken tanzen. Zur Seite Schenk – und Spieltische von Gästen besetzt.)

      Fünfter Auftritt

      Gianettino halb betrunken. Lomellin. Zibo. Zenturione. Verrina.

      Sacco. Calcagno. Alle maskiert. Mehrere Damen und Nobili.

      Gianettino (lärmend). Bravo! Bravo! Diese Weine glitschen herrlich, unsre Tänzerinnen springen à merveille. Geh Einer von euch, streu' es in Genua aus, ich sei heitern Humors, man könne sich gütlich thun – Bei meiner Geburt! sie werden den Tag roth im Kalender zeichnen und drunter schreiben: Heute war Prinz Doria lustig.

      Gäste (setzen die Gläser an). Die Republik! (Trompetenstoß.)

      Gianettino (wirft das Glas mit Macht auf die Erde). Hier liegen die

      Scherben. (Drei schwarze Masken fahren auf, versammeln sich um Gianettino.)

      Lomellin (führt den Prinzen vor). Gnädiger Herr, Sie sagten mir neulich von einem Frauenzimmer, das Ihnen in der Lorenzokirche begegnete?

      Gianettino. Das hab' ich auch, Bursche, und muß ihre Bekanntschaft haben.

      Lomellin. Die kann ich Eurer Gnaden verschaffen.

      Gianettino (rasch). Kannst du? Kannst du? Lomellin, du hast dich neulich zur Procuratorwürde gemeldet. Du sollst sie erhalten.

      Lomellin. Gnädiger Prinz, es ist die zweite im Staat, mehr denn sechzig Edelleute bewerben sich darum, alle reicher und angesehener, als Euer Gnaden unterthäniger Diener.

      Gianettino (schnaubt ihn trotzig an). Donner und Doria! Du sollst Procurator werden. (Die drei Masken kommen vorwärts.) Adel in Genua? Laß sie all ihre Ahnen und Wappen zumal in die Wagschale schmeißen, was braucht es mehr, als ein Haar aus dem weißen Bart meines Onkels, Genuas ganze Adelschaft in alle Lüfte zu schnellen? Ich will, du sollst Procurator sein, das ist so viel als alle Stimmen der Signoria.

      Lomellin (leiser). Das Mädchen ist die einzige Tochter eines gewissen Verrina.

      Gianettino. Das Mädchen ist hübsch, und trutz allen Teufeln! muß ich sie brauchen.

      Lomellin. Gnädiger Herr! das einzige Kind des starrköpfigsten Republikaners!

      Gianettino. Geh in die Hölle mit deinem Republikaner! Der Zorn eines Vasallen und meine Leidenschaft! Das heißt, der Leuchtthurm muß einstürzen, wenn Buben mit Muscheln darnach werfen. (Drei schwarze Masken treten mit großen Bewegungen näher.) Hat darum Herzog Andreas seine Narben geholt in den Schlachten dieser Lumpenrepublikaner, daß sein Neffe die Gunst ihrer Kinder und Bräute erbetteln soll? Donner und Doria! diesen Gelust müssen sie niederschlucken, oder ich will über den Gebeinen meines Oheims einen Galgen aufpflanzen, an dem sich ihre genuesische Freiheit zu Tod zappeln soll. (Die drei Masken treten zurück.)

      Lomellin. Das Mädchen ist eben jetzt allein. Ihr Vater ist hier und eine von den drei Masken.

      Gianettino. Erwünscht, Lomellin. Gleich bringe mich zu ihr.

      Lomellin. Aber Sie werden eine Buhlerin suchen und eine Empfindlerin finden.

      Gianettino. Gewalt ist die beste Beredsamkeit. Führe mich alsobald hin; den republikanischen Hund will ich sehen, der am Bären Doria hinaufspringt. (Fiesco begegnet ihm an der Thür.) Wo ist die Gräfin?

      Sechster Auftritt

      Vorige. Fiesco.

      Fiesco. Ich habe sie in den Wagen gehoben. (Er faßt Gianettinos Hand und hält sie gegen seine Brust.) Prinz, ich bin jetzt doppelt in Ihren Banden. Gianettino herrscht über meinen Kopf und Genua; über mein Herz Ihre liebenswürdige Schwester.

      Lomellin. Fiesco ist ganz Epikuräer worden. Die große Welt hat viel an Ihnen verloren.

      Fiesco. Aber Fiesco nichts an der großen Welt. Leben heißt träumen; weise sein, Lomellin, heißt angenehm träumen. Kann man das besser unter den Donnern des Throns, wo die Räder der Regierung ewig ins gellende Ohr krachen, als am Busen eines schmachtenden Weibs? Gianettino Doria mag über Genua herrschen. Fiesco wird lieben.

      Gianettino. Brich auf, Lomellin! Es wird Mitternacht. Die Zeit rückt heran. Lavagna, wir danken für deine Bewirtung. Ich war zufrieden.

      Fiesco. Das ist alles, was ich wünschen kann, Prinz.

      Gianettino. Also gute Nacht. Morgen ist Spiel bei Doria, und Fiesco ist eingeladen. Komm, Procurator.

      Fiesco. Musik! Lichter!

      Gianettino (trotzig durch die drei Masken). Platz dem Namen des Herzogs.

      Eine von den drei Masken (murmelt unwillig). In der Hölle! Niemals in Genua!

      Gäste (in Bewegung). Der Prinz bricht auf. Gute Nacht, Lavagna!

      (Taumeln hinaus.)

      Siebenter Auftritt

      Die drei schwarzen Masken. Fiesco. Pause.

      Fiesco. Ich werde hier Gäste gewahr, die die Freuden meines Festes nicht theilen.

      Masken (murmeln verdrießlich durcheinander). Nicht Einer.

      Fiesco (verbindlich). Sollte mein guter Wille einen Genueser mißvergnügt weglassen? Hurtig, Lakaien! man soll den Ball erneuern und die großen Pokale füllen. Ich wollte nicht, daß Jemand hier Langeweile hätte. Darf ich Ihre Augen mit Feuerwerken ergötzen? Wollen Sie die Künste meines Harlekins hören? Vielleicht finden Sie bei meinem Frauenzimmer Zerstreuung? Oder wollen wir uns zum Pharao setzen und die Zeit mit Spielen betrügen?

      Eine Maske. Wir sind gewohnt, die mit


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