Der Eroberer. Paul Weidmann

Der Eroberer - Paul Weidmann


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die gierigen Augen ergötzet.

      Immer erneuert mein treues Gedächtniß die selige Stunde,

      In der ich sie das erstemal sah. Wir feyerten damals

      Heilige Feste der glücklichsten Aerndte; die Mädchen erschienen

      Wie die Nymphen mit Blumen geschmücket in festlicher Kleidung

      Meine bezaubernde Daphne besiegte sie alle mit Reizen.

      Wie die Sonne die Sterne verfinstert, so glänzte nur Daphne.

      Tityr.

      Süß und zärtlich hast du gesungen, einschläfernd dem Ohre!

      Aber du sangst nur die Reize des Körpers; ich schildre die Seele.

      Und ich will auch vom Tage der frohen Erscheinung beginnen.

      Keine so heitre Frühlingsnacht kömmt nicht wieder zur Erde.

      Angenehm leuchtete damals der Mond durch stille Gebüsche,

      Als der Silberton einer erquickenden Stimme mich reizte.

      Ich fand ein Mädchen im Schatten gegossen; ich sank ihr zu Füssen.

      Göttliches Kind, du hast mich bezaubert! Die Töne sind süsser

      Als der kühlende Trunk im heissesten Sommer dem Wandrer,

      Und erquickender als der liebliche Schlummer dem Müden.

      Aber ein ängstliches Winseln zerstörte die zärtlichste Rede.

      Wie ein Pfeil schoß Daphne hinzu, die Ursach zu forschen.

      Sie fand ein gebährendes Weib im tödlichen Kampfe.

      O wie entwickelte sich die reizende Tugend der Schönen!

      Welche Menschlichkeit, welche Gefühle des edelsten Schmerzens

      Strahlten auf dem thränenden Auge der gütigen Daphne!

      Ihre gastfreundliche Liebe beseelte die himmlischen Thaten;

      Ihre Schönheit bezaubert, doch ihre Sanftmuth vollendet

      Ihre verherrlichten Siege! Sie bleibet beständig mein Abgott.

      Korid.

      Du hast zwar dem Herzen gesungen, doch Tityrus, meine

      Bessern Gesänge weichen nicht deinem erhabenen Liede.

      Dort kömmt Tyrsis, wir wollen ihn beyde zum Richter erwählen.

      Aber wie weinerlich scheint mir sein Antlitz! Was quält dich O Tyrsis?

      Tyrs.

      Soll ich wohl lächeln, wann unsere Hütten die Zierde verlieren?

      O die ganze betrübte Natur scheint mit mir zu trauren!

      Uns hat der Tod die reizendste Schäferin grausam entrissen!

      Ihr erblasset? O weinet mit mir, denn Daphne verdient es!

      Tityr.

      Du hast die Wurzeln des Lebens mit tödtlichem Beile gebrochen;

      Daphne verweile, dein Tityrus folgt dir mit hastigen Schritten!

      Korid.

      Sag uns die Ursach von ihrer Entfernung, und auch von dem Tode.

      Tyrs.

      Häßliche Krieger beschlichen zur Nachtzeit die sichersten Hütten,

      Raubten gewaltsam, und schleppten die Mädchen zur schwarzen Entehrung.

      Umsonst folgten die Räuber der flüchtigen Daphne, sie stürzte

      In die schäumenden Fluten, und ward von den Wellen verschlungen.

      Tityr.

      Nicht mehr will ich die Fluren betreten; ich fliehe die Haine.

      O lebet wohl, ihr schattigten Wälder, ihr schönen Gefilde,

      Ihr quellvollen Gebirge lebt wohl! Lebt wohl ihr Bewohner

      Seliger Hütten! Ich scheide von euch mit dieser Umarmung.

      Theuerste Brüder, lebt wohl! Ich lasse zum späten Gedächtniß

      Diese Flöte zurück, die oft mit schmachtenden Liedern

      Diese Gegend erfüllte. Lebt wohl ihr silbernen Bäche,

      Nicht mehr wird mich an euren Gestaden ein Schlummer beschleichen!

      O freundschaftliches Grab empfange den traurigsten Hirten.

      Ich will die seligen Schatten der göttlichen Daphne begrüssen.

      Pflanzet, O Brüder, der zärtlichsten Liebe zwey Myrthen zum Denkmaal!

      Schreibt auf die grünende Rinde die Worte des sterbenden Freundes:

      Tityrus liebte die Daphne mit mehr als irdischer Liebe;

      Sie war sein Leben, sein Licht, er eilte mit ihr zu erblassen!

      Tyrs.

      Wie beklag’ ich den Tityrus! Koridon, suche die Freunde,

      Sag den harrenden Schäfern die traurigste Liebesgeschichte.

      Eilet gesättigte Lämmer, der Abendstern ruft uns zur Hütte.

      Idylle

Alsin, Tityrus

      Alsin. Mein theurer Sohn, ich habe dich behorcht. Gerecht sind deine Thränen; aber mäßige deine Betrübniß. Setze dich zu mir unter diese Eiche, und höre mich aufmerksam. Die Liebe ist eine edle Leidenschaft; sie vergrössert die Herzen. Aus diesem Grunde billigte ich bisher stillschweigend deine Zärtlichkeit. Doch es nähern sich izt die entscheidenden Tage, in welchen erhabnere Pflichten dich rufen. Du bist nicht zur Weide gebohren. Tityrus erkenne dich selbst! – Du bist Eduard, der Thronerbe Jakobs; dessen Geschichte ich dir oft erzählte. Du solst ein Volk glücklich machen!

      Tityr. Mein Vater, welche Räthsel —

      Alsin. Folge mir! Wir werden auf ewig diese Hütte verlassen. Willst du?

      Tityr. O diese Gegend ist mir izt verhaßt!

      Alsin. Der Himmel bedient sich solcher Zufälle, unsern Willen zu seinen Absichten zu lenken. Der Aufenthalt des Friedens, der dir sonst so theuer war, ist dir lästig geworden. Wohlan, wir werden grosse bevölkerte Städte sehen. Mein Freund, das Geräusche ganzer Nationen wird dich betäuben. Noch ein Wort, ehe wir gehen. Was ist die Pflicht eines guten Hirten?

      Tityr. Seine anvertraute Heerde auf fetten Auen zu weiden, und sie vor den gewaltsamen Anfällen der Raubthiere wachsam zu schützen.

      Alsin. Dieß ist auch das Bild eines guten Königs! – Ein Fürst muß sein Volk beglücken und beschützen. Schwöre mir unter diesem gestirnten Himmel, daß dieses dein ewiges Geschäfte seyn soll!

      Tityr. Ich schwöre beym Himmel!

      Alsin. Die Menschen werden verschieden regieret. Ich will erst deine Begriffe erweitern.

      Dogmatische Poesie

      Ein Gesang

      Muse, besinge die rühmliche Staatskunst der Weltenbeherrscher;

      Zeig die erhabnen Gesetze, womit sie die Erde beglücken!

      Denn die Glückseligkeit jeder Gesellschaft bleibt die Säule

      Niemals erschütterter Throne, und ewigblühender Länder.

      Selbst die Thiere durch edles Instinkt erwählen sich Häupter,

      Und die honigzeugenden Bienen leben monarchisch,

      Aristokratisch die Kraniche, die demokratische Herrschaft

      Scheint den Ameisen selbst von


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