Bestimmt . Морган Райс
daran gewöhnt hat. Selbst die Besten von uns können ihr Wiederauftauchen nicht perfekt steuern. Es ist immer schwer zu sagen, wann und wo genau man landet. Aber du hast deine Sache gut gemacht«, fügte er hinzu und legte ihr sanft eine Hand auf den Arm.
Sie bogen in einen Gang mit einer niedrigen Gewölbedecke ein.
»Außerdem hast du dich auch gut aus der Affäre gezogen«, fuhr er fort. »Schließlich bist du in die Kirche gekommen.«
Caitlin erinnerte sich, wie sie die Kirche gesehen hatte, als sie über das Feld gerannt war.
»Es ist mir einfach nur logisch erschienen, zur Kirche zu laufen«, antwortete sie. »Sie war das erste Gebäude, das mir ins Auge gefallen ist, außerdem wirkt sie wie eine Festung.«
Lächelnd schüttelte er den Kopf. »In der Welt der Vampire gibt es keine Zufälle«, sagte er. »Alles ist vorherbestimmt. Ein Gebäude, das auf dich sicher wirkt, kann einem anderen durchaus unsicher vorkommen. Nein, du hast dich aus einem bestimmten Grund für diesen Ort entschieden. Aus einem ganz bestimmten Grund. Du solltest mich finden.«
»Aber Sie sind doch ein Priester.«
Er schüttelte ganz leicht den Kopf. »Du bist noch so jung, du hast noch so viel zu lernen. Wir haben unsere eigene Religion, unsere eigene religiöse Überzeugung. Sie unterscheidet sich gar nicht mal so sehr von der der Kirche. Man kann ein Vampir sein und trotzdem ein Leben im Dienste der Religion führen. Vor allem unsere Vampirgattung«, fügte er hinzu. »Ich unterstütze sogar täglich das Seelenleben der Menschen. Schließlich verfüge ich im Gegensatz zu den Menschenpriestern über die Weisheit von Jahrtausenden auf diesem Planeten. Glücklicherweise wissen die Menschen nicht, dass ich kein Mensch bin. Sie halten mich einfach für den Gemeindepriester.«
In Caitlins Kopf drehte sich alles, während sie versuchte, diese Informationen zu verarbeiten. Das Bild eines Vampirpriesters war in ihren Augen widersinnig. Die Vorstellung, dass es eine Vampirreligion gab, die innerhalb der Kirche praktiziert wurde, kam ihr sehr seltsam vor.
Doch so faszinierend das Ganze auch war, so war es trotzdem nicht das, was sie wirklich interessierte. Sie wollte Informationen über Caleb haben. Hatte er die Reise überlebt? Wo war er jetzt?
Und sie wollte unbedingt wissen, was mit ihrem Kind war. War sie noch schwanger, hatte das Baby überlebt?
In der Hoffnung, dass der Priester ihre unausgesprochenen Fragen beantworten würde, dachte sie sehr intensiv daran.
Doch er ging nicht auf ihre Gedanken ein.
Obwohl sie ganz sicher war, dass er wusste, was sie dachte, zog er es vor, ihre Fragen nicht zu beantworten. Damit zwang er sie, ihre Fragen laut zu stellen. Doch wahrscheinlich wusste er auch, dass sie Angst vor den Antworten hatte.
»Und was ist mit Caleb?«, fragte sie schließlich mit bebender Stimme. Um sich nach ihrem Kind zu erkundigen, war sie zu nervös.
Sein Lächeln verblasste, als er ganz leicht zusammenzuckte.
Furcht breitete sich in ihr aus.
Bitte, dachte sie. Bitte keine schlechten Nachrichten.
»Manche Dinge musst du selbst herausfinden«, antwortete er schließlich. »Manche Dinge darf ich dir nicht sagen. Du musst diese Reise unternehmen, ganz allein du.«
»Aber ist er hier?«, fragte sie voller Hoffnung. »Hat er es geschafft?«
Der Priester presste die Lippen zusammen. Er ließ die Frage unbeantwortet im Raum stehen – für eine gefühlte Ewigkeit.
Als sie schließlich vor einer weiteren Treppe stehen blieben, drehte er sich zu ihr um und sah sie an. »Ich wünschte, ich könnte dir mehr sagen«, erklärte er. »Wirklich.«
Dann hob er seine Fackel höher und stieg die Stufen hinunter.
Sie betraten einen langen Gewölbegang, dessen Decken mit Gold verziert und exquisit gestaltet waren. Sie waren vollständig mit Fresken in leuchtenden Farben überzogen, und die Bögen dazwischen waren vergoldet. Die Decken leuchteten förmlich.
Das Gleiche traf auf den Boden zu. Er bestand aus wunderschönem, rosa Marmor und sah aus, als wäre er frisch geputzt worden. Diese unterirdische Ebene der Kirche war prachtvoll und sah aus wie eine antike Schatzkammer.
»Wow«, stieß Caitlin unwillkürlich hervor. »Was ist das für ein Ort?«
»Es ist ein Ort voller Wunder. Du bist in der Kirche zum heiligen Franz von Assisi. Sie ist für uns ein sehr heiliger Ort. Die Leute – sowohl Menschen als auch Vampire – pilgern von weither zu diesem Ort. Franz von Assisi war der Schutzpatron der Tiere und auch aller Lebewesen, die keine Menschen sind – dazu gehören auch die Vampire. Es heißt, dass an diesem Ort Wunder geschehen. Seine Energie beschützt uns hier.
Du bist nicht durch Zufall hier gelandet«, fuhr er fort. »Dieser Ort stellt ein Portal für dich dar, er ist der Startpunkt für deinen Weg, deine Pilgerreise.«
Er drehte sich um und sah sie an.
»Du hast immer noch nicht begriffen«, fuhr er fort, »dass du dich auf einer Reise befindest. Und manche Pilgerreisen dauern Jahre und gehen über sehr weite Strecken.«
Caitlin dachte nach. Sie fühlte sich überwältigt. Eigentlich wollte sie gar keine Reise machen. Sie wollte nach Hause, zusammen mit Caleb, und wieder gesund und munter im einundzwanzigsten Jahrhundert sein – diesen ganzen Albtraum hier wollte sie am liebsten schnell hinter sich lassen. Wie satt sie es war, immer unterwegs zu sein, ständig auf der Flucht, pausenlos auf der Suche. Sie wollte einfach nur ein normales Leben führen, das Leben eines ganz normalen Teenagers.
Doch dann gebot sie sich selbst Einhalt, denn es führte zu nichts, wenn sie diese Gedanken weiterverfolgte. Die Dinge hatten sich endgültig geändert, und nichts würde mehr so sein wie zuvor. Sie rief sich ins Gedächtnis, dass der Wandel jetzt ihre neue Normalität war. Nie wieder würde sie das alte, durchschnittliche Menschenmädchen Caitlin sein. Inzwischen war sie älter und weiser. Und auch wenn ihr der Gedanke nicht behagte – sie war auf einer ganz speziellen Mission, die sie einfach akzeptieren musste.
»Aber worin besteht meine Pilgerschaft?«, wollte Caitlin wissen. »Was ist meine Bestimmung? Wohin genau reise ich überhaupt?«
Er ging voraus zum Ende des letzten Ganges und blieb dann vor einem großen, kunstvoll verzierten Grabmal stehen.
Als Caitlin die Energie spürte, die von dem Grab ausging, war ihr sofort klar, dass es sich um das Grab des heiligen Franz von Assisi handeln musste. Durch die bloße Nähe zu der Grabstätte wurden ihre Kräfte aufgeladen – sie wurde zunehmend stärker und hatte das Gefühl, bald wieder sie selbst zu sein. Erneut fragte sie sich, ob sie als Mensch oder als Vampir zurückgekehrt war. Sie vermisste ihre Kräfte sehr.
»Du bist immer noch ein Vampir«, sagte der Priester. »Mach dir keine Sorgen. Es dauert einfach eine Weile, bis du wieder du selbst wirst.«
Obwohl es ihr peinlich war, dass sie schon wieder vergessen hatte, ihre Gedanken zu schützen, fühlte sie sich durch seine Worte getröstet.
»Du bist eine ganze besondere Person, Caitlin«, sagte er eindringlich. »Wir Vampire brauchen dich dringend. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass ohne dich unsere ganze Gattung und auch die Menschheit vom Aussterben bedroht sind. Wir brauchen dich. Wir brauchen deine Hilfe.«
»Aber was soll ich denn tun?«, fragte sie verzagt.
»Wir sind darauf angewiesen, dass du den Schutzschild findest«, erklärte er. »Und um dem Schild auf die Spur zu kommen, musst du zuerst deinen Vater aufspüren. Nur er – einzig und allein er – weiß, wo es ist. Und um ihn zu finden, musst du deinen Clan suchen. Deinen richtigen Clan.«
»Aber ich habe keine Ahnung, wo ich anfangen soll«, erwiderte sie. »Ich weiß ja nicht mal, warum ich an diesem Ort und in dieser Zeit gelandet bin. Warum Italien? Warum im Jahr 1790?«
»Die Antworten auf diese Fragen musst du selbst herausfinden. Aber ich kann dir versichern, dass es ganz besondere Gründe dafür gibt, warum du in dieser Zeit wieder aufgetaucht bist. Du wirst ganz spezielle Leute treffen und ganz besondere Aufgaben