Bestimmt . Морган Райс
wieder in den überfüllten Straßen von Rom zu sein, vor allem in diesem Jahrhundert. Die armseligen Menschen waren noch Hunderte von Jahren von jeglicher Überwachungstechnologie entfernt. Daher könnte er, wenn er wollte, diesen Ort völlig entspannt und sorglos auseinandernehmen, ohne sich vor Entdeckung zu fürchten.
Nun bog er in die Via Del Seminario ein, die bald in einen großen, alten Platz mündete, die Piazza Della Rotonda.
Dort blieb Kyle stehen, schloss die Augen und atmete tief durch. Es fühlte sich so gut an, endlich wieder hier zu sein. Direkt vor ihm stand das Gebäude, das er jahrhundertelang als sein Zuhause betrachtet hatte, einer der bedeutendsten Vampirstandorte auf der Welt: das Pantheon.
Zufrieden stellte Kyle fest, dass das Pantheon aussah wie immer, ein massives, altes Bauwerk aus Stein, dessen hinterer Bereich aus einer großen Kuppel bestand, während vorne riesige, imposante Steinsäulen das Bild dominierten. Tagsüber war es selbst im achtzehnten Jahrhundert für Besucher geöffnet. Horden von Menschen waren dort täglich zu sehen.
Doch nachts, nachdem die Tore für die Öffentlichkeit geschlossen worden waren, traten die eigentlichen Eigentümer, die eigentlichen Bewohner des Gebäudes auf den Plan: der Große Vampirrat.
Vampire von kleinen und großen Clans strömten aus allen Winkeln der Erde zusammen, um den Sitzungen beizuwohnen, die die ganze Nacht andauerten. Der Rat traf Entscheidungen in allen möglichen Angelegenheiten, erteilte Genehmigungen oder entzog sie wieder. Nichts passierte in der Welt der Vampire ohne ihre Kenntnis und – jedenfalls in den meisten Fällen – ohne ihre Zustimmung.
Alles passte perfekt. Das Gebäude war ursprünglich ein Tempel zu Verehrung heidnischer Götter gewesen. Es war immer schon ein Ort der Verehrung und der Versammlung der dunklen Vampirmächte gewesen. Jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte die Oden an heidnische Götter, die Fresken, Gemälde und Statuen überall sehen. Jeder menschliche Besucher, der sich die Zeit nahm, die Mission des Ortes zu lesen, musste einfach verstehen, worin dessen wahrer Zweck bestand.
Und als wäre das noch nicht genug, waren auch noch alle bedeutenden Vampire dort begraben. Das Ganze war ein lebendes Mausoleum, der perfekte Ort für Kyle und seinesgleichen, um ihn als ihr Zuhause zu betrachten.
Als Kyle die Stufen hinaufstieg, hatte er das Gefühl, nach Hause zu kommen. Er marschierte geradewegs auf die riesengroße, eiserne Flügeltür zu und betätigte forsch viermal den Metalltürklopfer – das Signal für Vampire – und wartete dann.
Kurz darauf wurde die schwere Tür einen Spalt breit geöffnet, und Kyle sah ein unbekanntes Gesicht. Die Tür öffnete sich gerade eben weit genug, um Kyle einzulassen, dann wurde sie schnell wieder zugemacht.
Der große, kräftige Wachposten – er war noch größer als Kyle – sah auf ihn hinunter.
»Wirst du erwartet?«, fragte er misstrauisch.
»Nein.«
Kyle ignorierte den Wachposten einfach und ging an ihm vorbei. Doch dann spürte er plötzlich einen eiskalten Griff an seinem Arm und blieb stehen. Kochend vor Wut drehte er sich um.
Der fremde Vampir war genauso wütend.
»Ohne Termin kommt hier niemand rein«, knurrte er. »Du musst wieder gehen und ein anderes Mal wiederkommen.«
»Ich gehe hin, wohin ich will«, erwiderte Kyle schäumend vor Wut. »Und wenn du mich nicht auf der Stelle loslässt, wirst du es bitter bereuen.«
Der Wachposten erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken, und gab keinen Deut nach.
»Wie ich sehe, ändern manche Dinge sich nie «, sagte plötzlich jemand. »Es ist in Ordnung, du kannst ihn loslassen.«
Der Griff um Kyles Arm lockerte sich, und als er sich umdrehte, sah er ein vertrautes Gesicht: Es war Lore, einer der Hauptberater des Großen Rates. Lächelnd sah er Kyle an und schüttelte langsam den Kopf.
»Kyle«, sagte er dann, »ich hätte nicht gedacht, dass ich dich noch mal wiedersehen würde.«
Immer noch kochend vor Wut zog Kyle seine Jacke glatt und nickte bedächtig. »Ich muss etwas mit dem Rat besprechen«, erwiderte er. »Und es duldet keinen Aufschub.«
»Tut mir leid, alter Freund«, fuhr Lore fort, »der Terminplan für heute ist komplett. Einige Vampire warten schon seit Monaten. Anscheinend gibt es in jedem Winkel der Welt dringende Probleme. Aber wenn du nächste Woche wiederkommst, kann ich vielleicht dafür sorgen …«
Jetzt trat Kyle einen Schritt vor. »Du verstehst mich nicht«, widersprach er angespannt. »Ich bin nicht aus dieser Zeit gekommen, sondern aus der Zukunft – von heute ausgehend in zweihundert Jahren. Aus einer ganz anderen Welt. Es geht um alles – wir stehen kurz vor dem Sieg, dem Gesamtsieg. Und wenn ich nicht sofort mit dem Großen Rat sprechen kann, wird das schwerwiegende Folgen für uns alle haben.«
Lores Lächeln verblasste, als er begriff, wie ernst es Kyle damit war. Nach einem kurzen angespannten Schweigen räusperte er sich schließlich und forderte ihn auf: »Komm mit.«
Als er sich umdrehte und ging, folgte Kyle ihm dicht auf den Fersen.
Der lange, breite Gang mündete in einen großen, offenen Saal. Er hatte eine hohe Kuppeldecke, und der Boden bestand aus glänzendem Marmor. Der Raum war rund, und am Rand befanden sich kunstvoll verzierte Säulen sowie Statuen, die auf Sockeln platziert waren.
An den Wänden standen Hunderte von Vampiren aus allen Teilen der Welt und von allen möglichen Clans. Kyle wusste, dass die meisten von ihnen Söldner und genauso böse waren wie er selbst. Geduldig beobachteten sie, wie der Große Rat, der am anderen Ende des Saales an der Richterbank saß, seine Urteile fällte. Die Luft vibrierte vor gespannter Erwartung.
Kyle trat ein und nahm die Szene in sich auf. Es war die richtige Entscheidung gewesen, sich an den Rat zu wenden. Natürlich hätte er sich auch dagegen entscheiden und Caitlin auf eigene Faust aufspüren können, doch der Rat verfügte über geheime Informationsquellen und würde ihn sicherlich schneller zu ihr führen. Zudem brauchte er ihre offizielle Genehmigung, denn Caitlin war nicht nur eine persönliche Angelegenheit für ihn, sondern eine Sache von äußerster Wichtigkeit für die gesamte Vampirwelt. Wenn der Rat ihn unterstützte – und dessen war er sich vollkommen sicher -, dann würde er nicht nur ihre Genehmigung bekommen, sondern auch auf ihre Ressourcen zurückgreifen können. Er könnte sie schneller töten und um so schneller wieder zurückkehren, um den Krieg zu Ende zu führen.
Ohne ihre Billigung wäre er nichts weiter als ein abtrünniger Einzelgänger. Eigentlich würde das Kyle nichts ausmachen, aber er wollte nicht ständig auf der Hut sein müssen: Wenn er gegen ihren Willen handelte, würden sie ihm vielleicht Jäger auf den Hals hetzen, die ihn töten sollten. Obwohl er zuversichtlich war, dass er gut auf sich aufpassen konnte, wollte er keine Zeit und keine Energie darauf verschwenden.
Doch falls sie sein Begehren abweisen sollten, war er bereit, alles zu tun, um Caitlin trotzdem zur Strecke zu bringen.
Letztendlich war das Ganze nur eine weitere Formsache unter endlos vielen anderen Formsachen. Diese Etikette war sozusagen der Klebstoff, der für den Zusammenhalt unter den Vampiren sorgte – aber trotzdem ärgerte Kyle sich maßlos darüber.
Als er nun in den Saal hineinging, musterte er die Ratsmitglieder. Sie sahen genauso aus, wie er sie in Erinnerung hatte. Die zwölf Richter des Großen Rates saßen erhöht auf einem Podium und trugen schlichte, schwarze Roben mit schwarzen Kapuzen, die auch ihre Gesichter bedeckten. Trotzdem wusste Kyle, wer diese Männer waren. Im Laufe der Jahrhunderte hatte er oft genug vor ihnen gestanden. Einmal – nur ein einziges Mal – hatten sie ihre Kapuzen abgesetzt, sodass er ihre unheimlichen, greisenhaften Gesichter hatte sehen können. Er zuckte innerlich zusammen, als er daran dachte. Sie waren hässliche Geschöpfe der Nacht.
Doch sie bildeten den Großen Rat und hatten immer schon hier residiert, seit das Pantheon erbaut worden war. Dieses Bauwerk war geradezu ein Teil von ihnen, und niemand, nicht einmal Kyle, wagte es, das Gericht in Frage zu stellen. Dafür war ihre Macht einfach zu groß, die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einfach zu unermesslich. Selbst wenn Kyle versuchen würde, einen oder zwei der Richter zu töten, würden sie ihm ihre