Ein Reich der Schatten. Морган Райс
Augenblick später zertrümmerte er den Stein in zwei Hälften und verpasste den sich duckenden Ra nur knapp. Ra bemerkte panisch wie der Stein unter seinen Füßen nachgab.
Kurz danach merkte er wie er fiel. Er zappelte und schrie als er in Richtung Boden flog. Er hatte geglaubt, er wäre unbesiegbar gewesen, mächtiger als sie alle.
Aber der Tod hatte ihn nach allem doch noch gefunden.
KAPITEL SECHS
Kyle schwang seinen Stab mit allem, was er hatte, er taumelte bereits vor Erschöpfung als ihn die pandesischen Soldaten auf der einen und die Trolle auf der anderen Seite umzingelten.
Er schlug Männer und Trolle links und rechts nieder während ihre Schwerter und Hellebarden gegen seinen Stab klirrten und Funken in alle Richtungen sprühten. Sogar während er sie bekämpfte, konnte er den Schmerz tief in seinen Schultern spüren. Er kämpfte bereits seit Stunden und war nun von allen Seiten umzingelt. Seine Situation, das wusste er, war katastrophal.
Zuerst hatten sich die Pandesier und die Trolle gegenseitig bekämpft und Kyle hatte die Wahl gehabt, auf wen er sich zuerst konzentrieren wollte, aber als sie sahen wie Kyle alle um sich herum besiegte, hatten sie offensichtlich realisiert, dass es in ihrem gemeinsamen Interesse war sich gegen ihn zu verbünden. Für einen Moment hatten die Pandesier und die Trolle aufgehört sich gegenseitig zu bekämpfen und ihren Fokus darauf gelegt ihn umzubringen.
Während Kyle seinen Stab schwang und drei Trolle gleichzeitig abwehrte, schaffte es ein Pandesier sich von hinten anzuschleichen und Kyle mit seinem Schwert in den Magen zu stechen. Kyle schrie vor Schmerz auf und drehte sich um, um das Schlimmste zu vermeiden, dennoch blutete er. Bevor er parieren konnte, erhob ein Troll eine Keule und schmetterte sie Kyle auf die Schulter und schlug ihm den Stab aus der Hand. Kyle ging zu Boden.
Kyle kniete dort, der Schmerz schoss seine Schulter hinauf und hinab, als er versuchte wieder zu Atem zu kommen. Bevor er sich wieder sammeln konnte, stürzte ein weiterer Troll nach vorne und trat ihm ins Gesicht und ließ ihn wieder zu Boden gehen.
Ein Pandesier trat mit einem langen Speer mit beiden Händen hoch in die Luft erhoben nach vorn und ließ ihn in Richtung seines Kopfes krachen.
Kyle, der noch nicht bereit war zu sterben, drehte sich aus dem Weg und der Speer landete nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. Er rollte sich weiter, kam zurück auf die Füße und als zwei weitere Trolle angriffen, nahm er sich ein Schwert vom Boden, drehte sich um und erstach beide.
Als einige weitere sich annäherten, schnappte sich Kyle schnell seinen Stab und schlug sie alle um, er kämpfte wie ein eingeengtes Tier während er einen Kreis um sich zog. Er stand dort, atmete schwer und Blut lief von seiner Lippe, während seine Gegner einen immer dichteren Kreis um ihn zogen und mit Blut in den Augen näher kamen.
Der Schmerz in seinem Magen und seiner Schulter war unerträglich. Kyle versuchte es auszublenden und sich zu konzentrieren. Er sah sich dem Tod gegenüber und er fand nur Trost in dem Fakt, dass er Kyra gerettet hatte. Das war es wert gewesen und er war bereit diesen Preis zu zahlen.
Er sah zum Horizont und fand Trost in der Tatsache, dass sie von alldem davon gekommen und auf Andor zurück geritten war. Er fragte sich, ob sie in Sicherheit war und er betete, dass dem so war.
Kyle hatte stundenlang brillant gekämpft, ein Mann allein gegen zwei dieser riesigen Heere und er hatte tausende von ihnen umgebracht. Und doch, das wusste er, war er zu schwach um weiter zu machen. Es gab einfach zu viele von ihnen und sie schienen nie weniger zu werden. Er fand sich inmitten von Krieg wieder, die Trolle fluteten das Land von Norden während die Pandesier von Süden kamen und er konnte sie nicht mehr gleichzeitig bekämpfen.
Kyle spürte einen plötzlichen Schmerz in seinen Rippen als ein Troll von hinten angerannt kam und ihm mit dem Schaft seiner Axt in den Rücken stach. Kyle schwang seinen Stab herum, stieß ihm dem Troll in den Rachen und brachte ihn damit zu Boden – aber zugleich stürzten zwei pandesische Soldaten nach vorne und schlugen ihn mit ihren Schildern. Der Schmerz in seinem Kopf war kaum auszuhalten. Kyle fiel zu Boden, seine Zeit war vorbei. Er war zu schwach um wieder aufzustehen.
Kyle schloss die Augen und die Bilder seines Lebens liefen vor seinem geistigen Auge ab. Er sah all die Wächter, Menschen, denen er seit Jahrhunderten gedient hatte und all die Menschen, der er gekannt und geliebt hatte. Und vor allem sah er Kyras Gesicht. Das Einzige, was er bereute war, dass er sie bevor er starb nicht noch einmal würde sehen können.
Kyle sah drei scheußliche Trolle mit erhobenen Hellebarden auf ihn zukommen. Er wusste, dass es nun vorbei war.
Als sie immer näher kamen, konnte er auf einmal alles wahrnehmen. Er war in der Lage den Wind zu hören; er konnte das Knistern, die kalte Luft riechen. Das erste Mal seit Jahrhunderten fühlte er sich am Leben. Er fragte sich warum er erst kurz vor seinem Tod in der Lage gewesen war das Leben wirklich zu genießen.
Als Kyle die Augen schloss und sich auf seinen Tod einstellte, zerriss auf einmal ein Brüllen die Luft. Es holte ihn in die Realität zurück. Er blinzelte und sah nach oben und sah wie etwas die Wolken durchbrach. Zuerst dachte Kyle, dass es Engel waren, die kamen um seinen toten Körper wegzutragen.
Aber dann sah er, dass auch die Trolle über ihm vor Verwirrung erstarrt waren. Sie alle suchten den Himmel ab – und Kyle wusste, dass es echt war. Es war etwas anderes.
Und dann erhaschte er einen Blick davon, was es wirklich war und ihm blieb das Herz stehen.
Drachen.
Eine Horde Drachen kreiste und flog feuerspeiend voller Zorn durch den Himmel. Sie kamen schnell näher und ließen mit ausgefahrenen Krallen ihren Flammen freien Lauf und brachten so ohne Vorwarnung hunderte Soldaten und Trolle auf einmal um. Eine Feuerwelle kam hinunter, verteilte sich und in wenigen Sekunden verbrannten die Trolle, die sich über Kyle gebeugt hatten. Kyle, der die Flammen hatte kommen sehen, ergriff ein riesiges Kupferschild neben sich und versteckte sich dahinter, als eine weitere Welle aus Flammen auf ihn zukam. Die Hitze war so intensiv als die Flammen über ihn hinwegfegten und verbrannten ihm fast die Hände. Trotzdem ließ er nicht los. Die toten Trolle und Soldaten landeten auf ihm, ihre Rüstungen beschützten ihn, als eine weitere, sogar noch mächtigere Flamme kam. Ironischerweise retteten ihn diese Trolle und Pandesier vor dem Tod.
Er hielt schwitzend am Schild fest und war kaum noch in der Lage zu stehen, als die Hitze der Drachen wieder und wieder zuschlug.
Kaum fähig länger zu stehen, wurde er ohnmächtig und betete mit allem, was er hatte, dass er nicht lebend verbrannt wurde.
KAPITEL SIEBEN
Vesuvius stand an der Ecke der Klippe, neben dem Turm von Kos und starrte auf die krachenden Wellen des Meeres des Leidens hinunter. Der Dampf des gesunkenen Feuerschwerts stieg nach oben in die Luft – und er grinste breit. Er hatte es geschafft. Das Flammenschwert war zerstört. Er hatte den Turm von Kos bestohlen, er hatte Escalon um seinen wertvollsten Artefakt bestohlen. Er hatte ein für alle Mal die Flammen gesenkt.
Vesuvius strahlte, schwindlig vor Aufregung. Seine Handfläche pochte immer noch dort, wo er das brennende Schwert der Flammen ergriffen hatte. Er sah nach unten und betrachtete das eingebrannte Abzeichen. Er ließ seinen Finger über die frischen Narben streichen und wusste, dass sie für immer bleiben würden, ein Zeichen seines Erfolgs. Der Schmerz war unerträglich und doch verdrängte er ihn und zwang sich, sich nicht davon stören zu lassen. Tatsächlich hatte er sich beigebracht den Schmerz zu genießen.
Nach all diesen Jahrhunderten bekam jetzt endlich sein Volk sein Recht zurück. Sie würden nicht mehr länger nach Marda verbannt sein, im nördlichsten Teil des Reiches, in diesem unfruchtbaren Land. Nun würden sie ihre Rache für die lange Quarantäne-Zeit hinter der Flammenwand bekommen. Sie würden Escalon fluten und es in Stücke reißen.
Sein Herz setzte einen Moment aus, ihm wurde bei dem Gedanken. Er konnte es kaum noch erwarten, sich umzudrehen und den Teufelsfinger zu überqueren und zum Festland zurückzukehren und sein Volk in der Mitte von Escalon anzutreffen. Die gesamte Nation der Trolle würde sich auf den Weg nach Andros machen und zusammen würde sie einen Zentimeter nach dem anderen für immer zerstören.