Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2. Александр Дюма
Streich.«
»Ich gestehe es, doch wir sind an Ort und Stelle.«
»Dieses Haus?«
»Mißfällt Ihnen, meine Schwester?«
»Oh! ich sage das nicht, es entzückt mich im Gegentheil. Doch Ihre Leute?«
»Nun?«
»Wenn sie mich sehen.«
»Meine Schwester, treten Sie immerhin ein, und ich bürge Ihnen dafür, daß Niemand Sie sieht.«
»Nicht einmal der, welcher mir die Thüren öffnet?« fragte die Königin.
»Nicht einmal der.«
»Unmöglich.«
»Wir wollen es versuchen,« erwiderte lachend der Graf von Artois.
Und er näherte seine Hand der Thüre.
Die Königin hielt seinen Arm zurück.
»Ich flehe Sie an, mein Bruder, nehmen Sie sich in Acht.‹
Der Prinz drückte mit seiner andern Hand in eine zierlich geschnitzte Füllung.
Die Thüre öffnete sich.
Die Königin konnte eine Bewegung der Angst nicht unterdrücken.
»Treten Sie doch ein, meine Schwester, ich beschwöre Sie,« sagte der Prinz; »Sie sehen wohl, daß bis jetzt Niemand da ist.«
Die Königin schaute Fräulein von Taverney wie eine Person an, die sich der Gefahr aussetzen will; dann trat sie über die Schwelle mit einer jener Geberden, welche den Damen so reizend zu Gesicht stehen und besagen wollen:
»Unter der Obhut Gottes.«
Die Thüre schloß sich geräuschlos hinter ihr.
Sie befand sich dann in einem Vorhaus von Stuck mit marmornen Unterlagen: die Platten bildeten ein Mosaik, Blumensträucher vorstellend, während auf marmornen Wandtischchen hundert niedrige, buschige Rosenstöcke ihre, um diese Jahreszeit so seltenen, wohlriechenden Blumenblätter aus ihren japanesischen Gefäßen regnen ließen.
Eine sanfte Wärme, ein süßer Duft fesselten die Sinne dermaßen, daß die zwei Damen, als sie in das Vorhaus kamen, nicht nur einen Theil ihrer Befürchtungen, sondern auch einen Theil ihrer Bedenklichkeiten vergaßen.
»Nun ist es gut; nun sind wir unter Obdach, und das Obdach ist sogar ziemlich bequem, wenn ich es Ihnen gestehen soll,« sagte die Königin. »Doch wäre es nicht ersprießlich, wenn Sie sich mit Einem beschäftigten, mein Bruder?«
»Womit?«
»Damit, daß Sie Ihre Diener entfernen.«
»Oh! das läßt sich leicht machen.«
Und der Prinz ergriff ein Glöckchen, das in der Auskehlung einer Säule stand, und ließ es nur einmal ertönen, dieser einzige Anschlag vibrirte aber geheimnißvoll in den Tiefen der Treppe.
Die zwei Frauen gaben einen schwachen Angstschrei von sich.
»Auf diese Art entfernen Sie Ihre Leute, mein Bruder?« fragte die Königin; »ich hätte im Gegentheil geglaubt, Sie würden dieselben so herbeirufen.«
»Läutete ich zum zweiten Mal, so würde allerdings Jemand kommen; da ich aber nur einmal geläutet habe, so können Sie unbesorgt sein, meine Schwester, Niemand wird kommen.«
Die Königin lachte.
»Sie sind ein Mann der Vorsicht,« sagte sie.
»Sie können nun nicht in einem Vorhaus wohnen, meine Schwester,« fuhr der Prinz fort, »wollen Sie sich die Mühe nehmen, hinaufzugehen?«
»Gehorchen wir,« sprach die Königin; »der Hausgeist scheint mir nicht zu böswillig zu sein.«
Und sie stieg hinauf.
Der Prinz ging ihr voran.
Man hörte nicht einen einzigen Tritt auf den Ambusson-Teppichen, mit denen die Treppe geschmückt war.
Im ersten Stock angelangt, ließ der Prinz ein zweites Glöckchen ertönen, bei dessen Geräusch die Königin und Fräulein von Taverney, da sie nicht darauf aufmerksam gemacht worden waren, abermals bebten.
Doch ihr Erstaunen verdoppelte sich, als sie die Thüren dieses Stockes sich allein öffnen sahen.
»In der That, Andrée,« sagte die Königin, »ich fange an zu zittern; und Sie?«
»Ich, Madame, werde, so lange Eure Majestät vorangeht, voll Vertrauen folgen.«
»Meine Schwester, nichts kann einfacher sein, als das, was hier vorgeht,« sagte der junge Prinz: »Die Thüre Ihnen gegenüber ist die Ihrer Wohnung. Sehen Sie?«
Und er bezeichnete der Königin ein reizendes Plätzchen, dessen Beschreibung wir nicht unterlassen dürfen.
Ein kleines Vorzimmer von Rosenholz mit zwei Etagèren von Boule, Plafond von Boucher, Fußboden von Rosenholz ging in ein Boudoir von weißem Caschemir, gestickt mit Blumen, aus der Hand gearbeitet von den geschicktesten Stickerinnen.
Die Ausstattung dieses Zimmers war eine Tapisserie mit kleinem Seidenstich, mit jener Kunst nüancirt, welche aus einer Gobelins-Tapete in jener Zeit ein Meisterstück machte.
Nach dem Boudoir ein schönes, blaues Schlafzimmer mit Spitzen und Seide von Tours geschmückt, ein kostbares Bett in einem dunklen Alkoven, ein blendendes Feuer in einem Kamin von weißem Marmor, zwölf wohlriechende Kerzen, die auf Candelabern von Clodion brannten, ein Windschirm von lasurblauem Lack mit feinen goldenen Verzierungen in chinesischem Styl – dieß waren die Wunder, welche vor den Augen der Damen erschienen, als sie schüchtern in diesen eleganten Winkel eintraten.
Kein lebendes Wesen zeigte sich; überall Wärme, Licht, ohne daß man in irgend einer Hinsicht die Ursachen so vieler glücklichen Wirkungen errathen konnte.
Die Königin, welche schon mit einer gewissen Zurückhaltung in das Boudoir eingetreten war, blieb einen Augenblick auf der Schwelle des Schlafzimmers.
Der Prinz entschuldigte sich sehr verbindlich wegen der Nothwendigkeit, die ihn antreibe, seine Schwester in ein ihrer unwürdiges Vertrauen zu ziehen.
Die Königin antwortete durch ein Halblächeln, das viel mehr ausdrückte, als alle Worte, die sie hätte aussprechen können.
»Meine Schwester,« fügte der Graf von Artois bei, »Sie sehen hier meine Junggesellenwohnung; ich komme allein herein, und zwar immer allein.«
»Beinahe immer,« sagte Marie Antoinette.
»Nein, immer.«
»Ah!« sagte die Königin.
»Ueberdieß,« fuhr er fort, »überdieß finden sich in diesem Boudoir ein Sopha und eine Bergère, worauf ich sehr oft, wenn mich die Nacht auf der Jagd überraschte, so gut als in meinem Bett geschlafen habe.«
»Ich begreife, daß die Frau Gräfin von Artois zuweilen unruhig ist,« sagte die Königin.
»Allerdings, doch gestehen Sie, meine Schwester, daß die Frau Gräfin, wenn sie über mich unruhig ist, heute Nacht sehr Unrecht haben wird.«
»Heute Nacht, ich leugne es nicht, doch die anderen Nächte…«
»Meine Schwester, wer einmal Unrecht hat, hat immer Unrecht.«
»Fassen wir uns kurz,« sagte die Königin, während sie sich auf ein Fauteuil setzte. »Ich bin furchtbar müde, und Sie, meine arme Andrée?
»Oh! ich, ich breche vor Müdigkeit zusammen, und wenn Eure Majestät mir erlaubt…«
»Sie erbleichen in der That, mein Fräulein,« rief der Graf von Artois.
»Immerzu, meine Liebe,« sprach die Königin, »setzen Sie sich, legen Sie sich sogar nieder, der Herr Graf von Artois tritt uns diese Wohnung ab, nicht wahr, Carl?«
»Als volles Eigenthum, Madame.«
»Einen Augenblick, Graf, ein letztes Wort.«
»Nun?«
»Wenn Sie weggehen, wie