Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2. Александр Дюма

Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2 - Александр Дюма


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es hat vor Allem ein Speisezimmer, zu dessen Besuch ich Sie einlade.«

      »Ohne Zweifel mit einer vollkommen besetzten Tafel?«

      »Ei! gewiß, worauf Fräulein von Taverney, die mir dessen sehr zu bedürfen scheint, eine Kraftbrühe, ein Hühnerflügelchen und etwas Xeres finden wird, und wo Sie, meine Schwester, verschiedene Sorten von gekochten Früchten finden, die Sie so sehr lieben.«

      »Und dieß Alles ohne Bedienten?«

      »Ohne den geringsten.«

      »Wir werden sehen. Doch hernach.«

      »Hernach?«

      »Ja, um in das Schloß zurückzukehren.«

      »Sie dürfen gar nicht daran denken, in der Nacht zurückzukehren, da der Befehl gegeben ist. Doch der für die Nacht gegebene Befehl fällt mit dem Eintritt des Tages; um sechs Uhr öffnen sich die Thore. Gehen Sie um drei Viertel auf sechs Uhr von hier weg. Sie finden in den Schränken Mäntel von allen Farben und Formen, wenn Sie sich verkleiden wollen; gehen Sie in's Schloß hinein, wie ich Ihnen sage, begeben Sie sich in Ihr Gemach, legen Sie sich zu Bette und bekümmern Sie sich nicht um das Uebrige.«

      »Aber Sie?«

      »Wie, ich?«

      »Ja, was werden Sie thun?«

      »Ich verlasse das Haus.«

      »Wie, wir vertreiben Sie, mein armer Bruder?«

      »Es wäre nicht schicklich, daß ich die Nacht unter einem Dache mit Ihnen zugebracht hätte, meine Schwester.«

      »Aber Sie müssen doch ein Lager haben, und wir berauben Sie des Ihrigen.«

      »Oh! es bleiben mir noch drei ähnliche.«

      Die Königin lachte.

      »Und er sagt, die Frau Gräfin von Artois habe Unrecht, wenn sie sich beunruhige; ich werde sie in Kenntniß setzen,« sprach sie mit einer reizenden Geberde der Drohung.

      »Dann werde ich dem König Alles sagen,« versetzte der Prinz in demselben Tone.

      »Er hat Recht, wir sind von ihm abhängig.«

      »Ganz und gar: das ist demüthigend: doch was kann man machen?«

      »Sich unterwerfen. Sie sagen also, um morgen früh wegzugehen, um Niemand zu begegnen?« – »Einmal läuten an der Säule unten.« – »An welcher? an der rechts oder an der links?« _ »Gleichviel.« – »Die Thüre wird sich öffnen?« – »Und wieder schließen.« – »Ganz allein?« – »Ganz allein.«

      – »Ich danke. Gute Nacht, mein Bruder.« – »Gute Nacht, meine Schwester.«

      Der Prinz verbeugte sich. Andrée schloß die Thüre hinter ihm und er verschwand.

      VII.

      Der Alkoven der Königin

      Am andern Tag, oder vielmehr an demselben Morgen, denn unser letztes Capitel endigte Nachts um zwei Uhr, an demselben Morgen, sagen wir, klopfte Ludwig XVI. in veilchenblauem Hauskleid, ohne Orden und ohne Puder, kurz so, wie er aus dem Bette gekommen, an die Thüre des Vorzimmers der Königin.

      Eine Frau vom Dienst öffnete diese Thüre ein wenig und sagte, als sie den König erkannte:

      »Sire…«

      »Die Königin?« fragte der König mit barschem Ton.

      »Ihre Majestät schläft, Sire.«

      Der König machte eine Geberde, als wollte er die Frau entfernen. Doch diese wich nicht von der Stelle.

      »Nun!« sagte der König, »wollen Sie sich wohl rühren? Sie sehen, daß ich hinein will.«

      Der König hatte in gewissen Augenblicken eine Raschheit der Bewegung, die seine Feinde Brutalität nannten.

      »Die Königin schläft,« entgegnete schüchtern die Frau vom Dienst.

      »Ich habe Ihnen gesagt, daß Sie mir Platz machen sollen,« erwiderte der König.

      Und bei diesen Worten schob er wirklich die Frau auf die Seite und ging vorbei.

      Als er vor die Thüre des Schlafzimmers kam, sah er Frau von Misery, die erste Kammerfrau der Königin, welche die Messe in ihrem Gebetbuche las.

      Diese Dame stand auf, sobald sie den König erblickte.

      »Sire,« sprach sie mit leiser Stimme und unter tiefer Verneigung, »Ihre Majestät hat noch nicht gerufen.«

      »Ah! wahrhaftig!« versetzte der König mit einer spöttischen Miene.

      »Sire, es ist, glaube ich, kaum halb sieben Uhr, und Ihre Majestät läutet nie vor sieben Uhr.«

      »Und Sie wissen bestimmt, daß die Königin in ihrem Bette ist? Sie wissen bestimmt, daß sie schläft?«

      »Ich möchte nicht behaupten, daß Ihre Majestät schläft; aber ich weiß bestimmt, daß sie in ihrem Bette ist.«

      »Sie ist dort?«

      »Ja, Sire.«

      Der König konnte sich nicht mehr bewältigen. Er ging gerade auf die Thüre zu und drehte den vergoldeten Knopf mit einer geräuschvollen Hast.

      Das Zimmer der Königin war dunkel, wie mitten in der Nacht; Läden und Vorhänge erhielten darin, hermetisch geschlossen, die dichteste Finsterniß.

      Eine in der entferntesten Ecke des Zimmers auf einem Tischchen brennende Nachtlampe ließ den Alkoven der Königin völlig in Schatten getaucht und die ungeheuren weißen Seidenvorhänge mit goldenen Lilien hingen in wogenden Falten auf das ungeordnete Bett herab.

      Der König ging mit raschen Schritten auf das Bett zu.

      »Oh! Frau von Misery,« rief die Königin, »welchen Lärmen machen Sie… Sie haben mich nun aufgeweckt.«

      Der König blieb erstaunt stehen und murmelte:

      »Es ist nicht Frau von Misery.«

      »Ah! Sie sind es, Sire,« versetzte die Königin, indem sie sich erhob.

      »Guten Morgen, Madame,« sprach der König mit sauersüßem Tone.

      »Was für ein guter Wind führt Sie hieher, Sire?« fragte die Königin. »Frau von Misery! Frau von Misery, öffnen Sie doch die Fenster.«

      Die Frauen traten ein und öffneten nach der Gewohnheit, die ihnen Marie Antoinette beigebracht hatte, sogleich Thüren und Fenster, um die frische Luft einzulassen, welche die Königin beim Erwachen voll Wonne einschlürfte.

      »Sie schlafen mit gutem Appetit,« sagte der König, nachdem er seinen forschenden Blick überall hatte umherlaufen lassen.

      »Ja, Sire, ich habe lange gelesen, und würde folglich, wenn mich Eure Majestät nicht geweckt hätte, noch schlafen.«

      »Woher kommt es, daß Sie gestern nicht empfangen haben, Madame?«

      »Wen empfangen? Ihren Bruder, Herrn von Provence?« versetzte die Königin mit einer Geistesgegenwart, die dem Argwohn des Königs entgegentrat.

      »Ganz richtig, meinen Bruder; er wollte Sie begrüßen, und man hat ihn nicht eingelassen.«

      »Nun?«

      »Man sagte ihm, Sie seien abwesend.«

      »Hat man ihm das gesagt?« fragte nachlässig die Königin, »Frau von Misery! Frau von Misery!«

      Frau von Misery erschien an der Thüre; sie hielt auf einer goldenen Platte eine Anzahl von Briefen an die Königin.

      »Ihre Majestät ruft mich?« fragte Frau von Misery.

      »Ja. Hat man gestern Herrn von Provence gesagt, ich sei vom Schlosse abwesend?«

      Um nicht vor dem König vorüberzugehen, drehte sich Frau von Misery um diesen und reichte der Königin die Platte mit den Briefen. Sie hielt unter ihrem Finger einen dieser Briefe, dessen Handschrift die Königin erkannte.

      »Antworten Sie dem König, Frau von Misery,«


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