Der Chevalier von Maison-Rouge. Александр Дюма

Der Chevalier von Maison-Rouge - Александр Дюма


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aus allen jungen patriotischen Bürgern, gestellt. Vielleicht galt er bei den Sans-culottes für etwas lau und bei den Sectionären für etwas parfümiert. Doch er wußte sich Verzeihung für seine Lauheit bei den Sans-culottes dadurch zu verschaffen, daß er wie ärmliche Rohre die knotigsten Knüttel zerbrach, für seine Eleganz bei den Sectionären, daß er sie auf, zwanzig Schritte durch einen Faustschlag zwischen die zwei Augen fortschleuderte, wenn ihn diese zwei Augen auf eine Weise anschauten, die ihm nicht behagte.

      In physischer, in moralischer, in bürgerthümlicher Beziehung hatte nun Maurice der Einnahme der Bastille beigewohnt; er war bei dem Zuge nach Versailles gewesen, er hatte wie ein Löwe am zehnten August gekämpft und an diesem merkwürdigen Tage, man muß ihm diese Gerechtigkeit widerfahren lassen, ebenso viele Patrioten als Schweizer getödtet: denn er wollte so wenig den Mörder unter der Carmagnole als den Feind der Republik unter dem rothen Kleide dulden.

      Er hatte sich, um die Vertheidiger des Schlosses zu Uebergabe zu ermahnen und um ein weiteres Blutvergießen zu verhindern, vor die Mündung einer Kanone geworfen, welche ein Pariser Artillerist eben losbrennen wollte, er war zuerst durch ein Fenster in den Louvre eingedrungen, trotz des Kleingewehrfeuers von fünfzig Schweizern, und eben so vielen im Hinterhalt liegenden Edelleuten und als er die Zeichen der Capitulation erblickte, hatte sich sein furchtbarer Säbel bereits durch zehn Uniformen Bahn gebrochen; da er nun nach Muße seine Freunde Gefangene niedermetzeln sah, welche ihre Waffen wegwarfen, ihre Hände flehend ausstreckten und um ihr Leben baten, fing er an wie wüthend auf eben diese Freunde einzuhauen, was ihm einen Ruf, würdig der schönen Tag von Rom und Griechenland, verschaffte.

      Sobald der Krieg erklärt war, trat Maurice unter die Schaaren und ging nach der Grenze mit den erste fünfzehn hundert Freiwilligen ab, welche die Stadt gegen die Feinde schickte, und denen jeden Tag fünfzehn hundert andere folgen sollten. In der ersten Schlacht, die er mitmachte, nämlich bei Jemappes, erhielt er eine Kugel, die sich, nachdem sie die stählernen Muskeln seiner Schulter getheilt, auf dem Knochen abplattete. Der Vertreter des Volkes kannte Maurice und schickte ihn zur Heilung nach Paris zurück. Einen ganzen Monat wälzte sich Maurice, vom Fieber verzehrt, auf seinem Schmerzenslager; doch der Januar fand ihn wieder auf den Beinen und er befehligte, wo nicht dem Namen, doch wenigstens in. Sache nach den Club der Thermopylen, das heißt, hundert junge Leute von der Pariser Bürgerschaft, welche sich bewaffnet hatten, um sich jedem Versuche zu Gunsten des Tyrannen Capet zu widersetzen; mehr noch: die Stirne gefaltet durch einen düsteren Zorn, das Auge erweitert, das Herz gepreßt durch eine seltsame Mischung von moralischem Haß und körperlichem Mitleid, wohnte Maurice, den Säbel in der Faust, der Hinrichtung des Königs bei und blieb, allein vielleicht von dieser ganzen Menge, stumm, als das Haupt dieses Sohnes vom heiligen Ludwig niederfiel, dessen Seele zum Himmel ausstieg; nur hob er, sobald dieses Haupt gefallen war, seinen furchtbaren Säbel in die Luft und alle seine Freunde riefen: »Es lebe die Freiheit!« ohne zu bemerken, daß diesmal seine Stimme ausnahmsweise sich nicht mit der ihrigen vermischt hatte.

      «Dies war der Mann, der am Morgen des elften März nach der Rue Lepelletier ging, der Mann, dem unsere Geschichte mehr Relief in den Einzelheiten eines stürmischen Lebens geben wird, wie man es zu jener Zeit führte.

      Gegen zehn Uhr kam Maurice in die Section, deren Secretaire er war.

      Die Bewegung war groß. Es handelte sich darum, eine Adresse an den Convent zu Unterdrückung der Complotte der Girondisten zu beschließen. Man erwartete Maurice voll Ungeduld.

      Es war nur von der Rückkehr des Chevalier von Maison-Rouge und von der Kühnheit die Rede, mit der dieser erbitterte, unermüdliche Verschwörer zum zweiten male nach Paris gekommen war, wo man doch, wie er wußte, einen Preis auf seinen Kopf gesetzt hatte. Man brachte mit dieser Rückkehr den Versuch vom vorhergehenden Tag in Verbindung, und Jeder drückte seinen Haß und seine Verachtung gegen die Aristokraten und Verräther aus.

      Doch gegen die allgemeine Erwartung war Maurice, unempfindlich und schweigsam, faßte geschickt die Proclamation ab, beendigte in drei Stunden sein ganzes Geschäft, fragte, ob die Sitzung ausgehoben sei, nahm auf eine bejahende Antwort seinen Hut, ging hinaus und wanderte der Rue Saint-Honoré zu.

      Als er in diese Straße gelangte, kam ihm Paris ganz neu vor. Er sah die Ecke der Rue du Coq, wo ihm in der Nacht die schöne Unbekannte, sich unter den Händen der Soldaten sträubend, erschienen war. Dan, folgte er, von der Rue du Coq bis zum Pont Marie, demselben Wege, den er an ihrer Seite durchlaufen hatte blieb stehen, wo sie von den verschiedenen Patrouillen aufgehalten worden waren, und wiederholte an den einzelnen Stellen, die ihn daran erinnerten, als hätten sie ein Echo ihrer Worte behalten, das Gespräch, das sie miteinander gepflogen; nur war es ein Uhr Nachmittags und die Sonne, welche diesen ganzen Spaziergang beleuchtete machte aus jedem Schritte die Erinnerungen der Nacht hervorspringend.

      Maurice schritt über die Brücken und trat bald in die Rue Victor, wie man sie damals nannte.

      »Arme Frau!« murmelte Maurice, »sie bedachte gestern nicht, daß die Nacht nur zwölf Stunden währt und daß ihr Geheimnis wahrscheinlich nicht länger als du Nacht dauern würde. Bei der Helle der Sonne werde ich die Thüre wiederfinden, durch die sie geschlüpft ist, und wer weiß, ob ich sie nicht selbst an irgend einem Fenster erblicke.«

      Er trat sodann in die alte Rue Saint-Jacques und stellte sich, wie die Unbekannte am Tage zuvor gestanden hatte. Einen Augenblick schloß er die Augen: der arme Narr glaubte vielleicht, der Kuß vom vorhergehenden Abend würde zum zweiten Male auf seinen Lippen brennen. Doch er fühlte nichts davon, als die Erinnerung. Die Erinnerung brannte allerdings immer noch.

      Maurice öffnete die Augen wieder, sah die zwei Gäßchen, das eine rechts, das andere links. Sie waren kothig, schlecht gepflastert, mit Schranken versehen und von kleinen, über einen Bach gesprengten Brücken durchschnitten. Man sah hier Arkaden von Balken, Schlupfwinkel, zwanzig schlicht befestigte, verfaulte Thüren. Es war die plumpe Arbeit in ihrem ganzen Elend, das Elend in seiner ganzen Häßlichkeit. Da und dort fand sich ein Garten, bald durch Hecken, bald durch Zäune von Weinpfählen, zuweilen auch durch Mauern geschlossen; Häute trockneten unter Schoppen und verbreiteten den abscheulichen Geruch der Lohgerberei, bei dem einem übel wird. Maurice suchte, stellte zwei Stunde lang zusammen und fand nichts, errieth nichts; zehnmal drang er in dieses Labyrinth, zehnmal kehrte er zurück, um sich zu orientieren. Doch alle seine Versuche waren vergeblich, alle seine Nachforschungen fruchtlos. Die Spuren der jungen Frau schienen durch den Nebel und den Regen verwischt worden zu sein.

      »Vorwärts!« sprach Maurice zu sich selbst, »ich habe geträumt. Diese Cloake kann nicht einen Augenblick meine schönen Fee von der letzten Nacht als Aufenthaltsort gedient haben.«

      Es lag in dem wilden Republikaner eine Poesie, viel wahrer, als die in seinem Freunde mit den anakreontischen Versen, denn aus diesen Gedanken kehrte er zurück, um die Glorie nicht zu trüben, die das Haupt seiner Unbekannten beleuchtete. Allerdings kehrte er in Verzweiflung zurück.

      »Lebe wohl! schöne Geheimnisvolle,« sagte er, »Du hast mich als Dummkopf oder als Kind behandelt. Würde sie denn hierher gegangen sein, wenn sie wirklich hier wohne? Nein, sie ging nur hier durch, wie der Schwan über einen verpesteten Sumpf zieht. Und wie die des Vogels in der Luft, ist ihre Spur unsichtbar.«

      VI.

      Der Temple

      An demselben Tage, zur selben Stunde, wo Maurice schmerzlich enttäuscht, über den Pont de la Tournelle zurückging, machten.mehrere Municipale, begleitet von Santerre, einen strengen Besuch in dem großen Thurme des Temple, den man seit dem 13. August 1792 in ein Gefängniß verwandelt hatte.

      Dieser Besuch galt besonders einer Wohnung im dritten Stocke, welche aus einem Vorzimmer und drei Stuben bestand.

      Eine von diesen Stuben war von zwei Frauen, einem jungen Mädchen und einem Kind von neun Jahren, insgesamt in Trauer, bewohnt.

      Die Aeltere von diesen zwei Frauen mochte sieben und dreißig bis acht und dreißig Jahre alt sein; sie saß an einem Tische und las.

      Die Zweite saß und arbeitete an einer Stickerei; sie mochte acht und zwanzig bis neun und zwanzig Jahre alt sein.

      Das junge Mädchen war vierzehn und stand bei dein Kinde, das, krank und liegend,


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