Der Chevalier von Maison-Rouge. Александр Дюма

Der Chevalier von Maison-Rouge - Александр Дюма


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Uebrigens hat sie so viele Andere verliebt gemacht, daß man nicht staunen dürfte, wenn sie auch ihn verführt hätte. Sie hat wohl Barnave verführt, wie man sagt,.

      »Gleichviel, der Chevalier muß ein Einverständniß m Temple selbst haben.«

      »Das ist möglich:

      »Denn es sprengt die heiße Liebe

      Schloß und Gitter.«

      »Lorin!«

      »Ah! es ist wahr.«

      »Du glaubst das also wie die Andern?«

      »Warum nicht?«

      »Weil Deiner Rechnung nach die Königin zweihundert Liebhaber gehabt hätte.«

      »Zweihundert, dreihundert, vierhundert. Sie ist schön genug hierzu. Ich behaupte nicht, sie habe dieselben geliebt, aber die Leute haben sie geliebt. Jedermann sieht die Sonne, und die Sonne sieht nicht Jedermann.«

      »Du sagst also, der Chevalier von Maison-Rouge?«

      »Ich sage, daß man in diesem Augenblick ein wenig Treibjagen auf ihn hält, und wenn er den Leithunden Republik entgeht, muß er ein feiner Fuchs sein.«

      »Und was macht die Gemeinde bei allem dem?«

      «Die Gemeinde wird ein Decret verkündigen, in Folge dessen jedes Haus wie ein offenes Register aus seiner Facade den, Namen der Bewohner und Bewohnerinnen aufzuweisen hat. Das ist die Verwirklichung jenes Traumes der Alten. Warum gibt es nicht ein Fenster an den Herzen der Menschen, damit Jedermann sehen könnte, was darin vorgeht!«

      »Oh! ein vortrefflicher Gedanke,« rief Maurice.

      »Ein Fenster an das Herz des Menschen zu setzen?«

      »Nein, sondern eine Liste an die Thüre der Häuser zu hängen.«

      Maurice dachte in der That, es wäre dies ein Mittel, seine Unbekannte oder wenigstens eine Spur zu finden die ihn weiter leiten würde.

      »Nicht wahr?« versetzte Lorin. »Ich habe bereits gewettet, diese Maßregel werde uns fünfhundert Aristokraten in die Hände liefern. Ah! bald hätte ich vergessen, wir haben diesen Morgen im Club eine Deputation von Freiwilligen empfangen; sie kamen, geführt von unsern Gegnern in der vergangenen Nacht, welche ich erst verließ, als sie ganz und gar betrunken waren; sie kamen, sage ich, mit Blumengewinden und Immortellenkränzen.«

      »In der That!« versetzte Maurice lachend; »und wie viel waren es?«

      »Dreißig; sie hatten sich rasiren lassen und trugen Sträuße am Knopfloch. »»Bürger des Clubs der Thermopylen,«« sprach der Redner, »»als wahre Patrioten wünschen wir, daß die Einigkeit der Franzosen nicht durch ein Mißverständniß gestört werde, und wir kommen, um auf's Neue Brüderschaft zu schließen.««

      »Sodann . . .«

      »Sodann schloßen wir auf's Neue Brüderschaft, und bei der Wiederholung machte man einen Altar für das Vaterland mit dem Tisch des Secretaire und zwei Flaschen, in welche man Sträuße steckte. Da Du aber Held des Festes warst, so rief man Dich dreimal aus, um Dich zu bekränzen, und als Du nicht antwortetest, insofern Du nicht da warst, indeß man immer etwas bekränzen muß, so bekränzte man die Büste von Washington. Das ist die Ordnung, in der die Ceremonie stattgefunden hat.«

      Als Lorin diese wahrhaftige Erzählung beendigte, welche zu jener Zeit nichts Burleskes hatte, hörte man Geräusch auf der Straße, und Anfangs entfernte, bald aber immer näher kommende Trommeln ließen den damals so gewöhnlichen Lärmen des Generalmarsches vernehmen.

      »Was ist das?« fragte Maurice.

      »Es ist eine Verkündigung des Beschlusses der Gemeinde,« antwortete Lorin.

      »Ich laufe nach der Section,« rief Maurice, indem er aus dem Bette sprang und seinen Willfährigen rief, um sich ankleiden zu lassen.

      »Und ich, ich gehe zu Bette,« versetzte Lorin: »ich habe in dieser Nacht wegen Deiner wüthenden Freiwilligen nur zwei Stunden geschlafen. Schlägt man sich bloß ein wenig, so läßst Du mich schlafen, schlägt man sich viel, so kommst Du und holst mich.«

      »Warum hast Du Dich denn so schön gemacht?« fragte Maurice, einen Blick aus Lorin werfend, der eben ausstand, um sich zu entfernen.

      »Weil ich, um zu Dir zu kommen, genöthigt bin, durch die Rue Béthisy zu gehen, und weil es in der Rue Béthisy im dritten Stocke ein Fenster gibt, das sich immer öffnet, wenn ich vorübergehe.«

      »Und Du befürchtest nicht, man könnte Dich für einen Muscadin1 halten?«

      »Ich ein Muscadin! oh, ja wohl! ich bin im Gegentheil als ein tüchtiger Sans-culotte bekannt. Doch, man muß dem schönen Geschlecht« ein Opfer bringen. Der Cultus des Vaterlandes schließt den der Liebe nicht aus. Der eine heischt im Gegentheil den andern.«

      »Beschlossen hat die Republik,

      Daß man der Griechen Vorbild folge,

      Der Freiheit Alter sei ein Seitenstück

      Für den der Grazien beim Volke.

      Wage es, dies auszupfeifen, und ich zeige Dich als Aristokraten an und lasse Dich so rasiren, daß Du nunmehr eine Perrücke trägst. Guten Tag, mein Freund.«

      Lorin reichte Maurice herzlich seine Hand, die der junge Secretaire ebenso herzlich drückte, und ging dann ein Lied an Chloris trällernd, weg.

      V.

      Was für ein Mann der Bürger Maurice Lindey war

      Während sich Maurice Lindey, nachdem er sich hastig angekleidet, auf die Section der Rue Lepelletier begibt deren Secretaire er ist, wie man weiß, versuchen wir es vor den Augen des Publikums die Vorgänge dieses Mannes zu schildern, der sich aus der Scene durch eine von jenen Aufschwingungen des Herzens gezeigt hat, wie sie bei edlen und mächtigen Naturen häufig vorkommen.

      Der junge Mann hatte am Tage zuvor die Wahrheit gesprochen, als er sagte, er heiße Maurice Lindey und wohne in der Rue du Roule. Er hätte beifügen können, er sei ein Kind jener Halbaristokratie, welche der Robe bewilligt wird. Seine Vorfahren hatten sich seit zweihundert Jahren durch die ewige parlamentarische Opposition ausgezeichnet, welche die Namen Molé und Maupon berühmt gemacht. Sein Vater, der gute Lindey, der sein ganzes Leben damit hinbrachte, daß er gegen den Despotismus seufzte, starb, als am 14. Juli 89 die Baistille in die Hände des Volkes fiel, vor Schrecken darüber, daß er den Despotismus durch eine kriegführende Freiheit ersetzt sah, und hinterließ seinen einzigen Sohn, unabhängig durch das Vermögen und Republikaner durch das Gefühl.

      Die Revolution, welche so bald auf dieses große Ereigniß folgte, fand Maurice mit allen Bedingungen der Stärke und der männlichen Reise, wie sie dem Athleten entsprechen, der aus den Kampfplatz zu treten im Begriff ist, und seine republikanische Erziehung verstärkte sich durch ein beständiges Besuchen der Clubs und das Lesen aller Pamphlete der Zeit. Gott weiß, wie viel Maurice dergleichen hatte lesen müssen. Tiefe und aus Schlüssen beruhende Verachtung der Hierarchie, philosophische Erwägung der Elemente, die den Körper bilden, absolute Ableugnung jedes Adels, der nicht persönlich ist, unparteiische Schätzung der Vergangenheit, glühender Eifer für die neuen Ideen, Sympathie für das Volk, gemischt mit der aristokratischsten der Organisationen, dies war in moralischer Hinsicht nicht derjenige, welchen wir gewählt haben, sondern der, welchen das Tagebuch, aus dem wir diesen Gegenstand schöpfen, uns als Helden dieser Geschichte gegeben hat.

      In physischer Hinsicht war Maurice Linden ein Mann von fünf Fuß acht Zoll, fünf und zwanzig bis sechs und zwanzig Jahre alt, muskelig wie ein Herkules, schön in in jener französischen Schönheit, welche bei einem Franken eine besondere Race hervorhebt, das heißt eine reine Stirne, blaue Augen, kastanienbraune gelockte Haare, rosige Wangen und Zähne wie Elfenbein.

      Nach dem Portrait des Mannes, die Stellung des Bürgers.

      Maurice, wenn nicht reich, doch wenigstens unabhängig, Maurice, der einen geachteten und besonders populären Namen führte, Maurice, bekannt durch seine liberale Erziehung


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<p>1</p>

Muscadin nannte man während der Revolution in Frankreich die nach der Mode gekleideten Herren, besonders wegen der wohlgerüche, die sie verbreiteten, im Gegensatz zu den Sans-culottes.