Der Graf von Monte Christo. Александр Дюма

Der Graf von Monte Christo - Александр Дюма


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sogleich wieder zurück.«

      Villefort eilte weg. Doch bald bedachte er, daß ein Substitut des Staatsanwaltes, den man mit so hastigen Schritten laufen sehen würde, sich der Gefahr aussetzen müßte, die Ruhe einer ganzen Stadt zu stören. Er nahm also seinen gewöhnlichen, ganz amtsmäßigen Gang an.

      An seiner Thüre erblickte er im Schatten eine gespenstartige Gestalt, welche unbeweglich seiner harrte.

      Es war die schöne Catalonierin, welche, da sie keine Nachricht von Edmond erhielt, bei Einbruch der Nacht vom Pharo weggelaufen war, um sich selbst ihn nach der Ursache der Verhaftung ihres Geliebten zu erkundigen.

      Als Villefort sieh näherte, entfernte sie sich von der Mauer, an die sie sich gelehnt hatte, und versperrte ihm den Weg. Dantes hatte bei dem Substituten seiner Braut erwähnt, und Mercedes brauchte sich nicht zu nennen, um von Villefort erkannt zu werden. Er war erstaunt über die Schönheit und Würde von Mercedes, und als sie ihn fragte, was aus ihrem Geliebten geworden, kam es ihm von als wäre er der Angeklagte und sie der Richter.

      »Der Mann, von dem Sie sprechen, sagte Villefort mit raschem Tone, »ist ein großer Verbrecher, und ich kann nichts für ihn tun, Mademoiselle.«

      Mercedes schluchste, und als Villefort an ihr vorüber zu gehen versuchte, hielt sie ihn zum zweiten Male zurück.

      »Aber sagen Sie mir doch wenigstens, wo er ist?« fragte sie, »ich will mich nur erkundigen, ob er lebt, ob er tot ist.«

      »Ich weiß es nicht; er gehört nicht mehr mir an,« antwortete Villefort.

      Und beunruhigt durch den zarten Blick und die flehende Haltung, schob er Mercedes zurück, trat in seine Wohnung, und schloß eiligst die Thür, als wollte er den Schmerz, den man ihm brachte, außerhalb lassen.

      Doch der Schmerz läßt sich nicht so zurückstoßen. Wie den tödlichen Pfeil, von dem Virgil spricht, nimmt ihn der verwundete Mensch mit sich. Villefort ging in seine Wohnung, er verschloß die Thüre, aber in seinen Salon gelangt, brachen ihm die Beine beinahe zusammen. Er stieß einen Seufzer aus, der einem Schluchzen glich und sank auf einen Stuhl.

      Da entstand im Grunde dieses kranken Herzens der erste Keim zu einem tödlichen Geschwüre. Dieser Mensch, den er seinem Ehrgeize opferte, dieser Unschuldige, welcher für seinen schuldigen Vater bezahlte, erschien ihm bleich und drohend, seiner ebenfalls bleichen Braut die Hand reichend, und den Gewissensbiß nach sich schleppend, nicht denjenigen, welcher den Kranken wie die Wüthenden des alten Fatum aufspringen macht, sondern den dumpfen. schmerzlichen Klang, der in gewissen Augenblicken das Herz berührt und es mit der Erinnerung einer vergangenen Handlung peinigt . . . eine Pein, deren nagende Qualen ein Übel graben, das sich bis zum Tode immer mehr vertieft.

      Dann trat in der Seele dieses.Mannes noch ein Augenblick des Zögerns ein. Schon mehre Male hatte er, und zwar ohne eine andere Regung, als die des Kampfes eines Richters mit dem Angeklagten, die Todesstrafe gegen die Angeschuldigten gefordert, und die Hinrichtung dieser Angeschuldigten, in Folge seiner niederschmetternden Beredsamkeit, welche die Richter oder die Jury hinriß, vollzogen, hatte nicht einmal eine Wolke auf seiner Stirne zurückgelassen, denn diese Angeklagten waren Schuldige, oder Villefort hielt sie wenigstens für solche. Aber diesmal war es etwas ganz Anderes; er hatte die lebenslängliche Gefängnisstrafe auf einen Unschuldigen angewendet, welcher glücklich werden sollte, und dem er nicht nur seine Freiheit, sondern sein Glück zerstörte: diesmal war er nicht mehr Richter, sondern Henker.

      Dies bedenkend fühlte er das von uns beschriebene dumpfe Klopfen, welches ihm bis dahin unbekannt geblieben war. Es ertönte im Grunde seines Herzens und erfüllte seine Brust mit einer unbestimmten Bangigkeit. So wird durch ein instinktartiges, heftiges Leiden der Verwundete benachrichtigt, der nie, ohne zu zittern, den Finger seiner offenen, blutenden Wunde nähert, ehe sich diese Wunde wieder geschlossen hat.

      Aber die Wunde, welche Villefort erhalten, gehörte zu denjenigen. die sich nie schließen oder sich nur schließen, um sich noch blutiger, noch schmerzlicher als zuvor zu öffnen.

      Wenn in diesem Augenblick die sanfte Stimme von Renée an sein Ohr geklungen hätte, um Gnade zu erbitten. wenn die schöne Mercedes eingetreten wäre und zu ihm gesagt hätte: »Im Namen Gottes, der uns sieht und richtet, geben Sie mir meinen Bräutigam wieder.« ja, dann würde diese halb unter die Notwendigkeit gebeugte Stirne sich gänzlich gebeugt haben, und er hätte ohne Zweifel mit seinen eisigen Händen, Alles wagend, was daraus für ihn entspringen konnte, den Befehl unterzeichnet. Dantes in Freiheit zu setzen. Aber keine Stimme murmelte in der Stille, und die Thüre öffnete sich nur, um den Kammerdiener von Villefort einzulassen, der ihm meldete, die Postpferde wären an den Reisewagen gespannt.

      Villefort erhob sich oder er sprang vielmehr auf, wie ein Mensch, der in einem inneren Kampfe triumphiert. steckte alles Gold in seine Taschen, das in einer von den, Schubladen lag, und warf, die Hand an der Stirne und Worte ohne Folge murmelnd, einen scheuen Blick im Zimmer umher. Dann als er fühlte, daß ihm sein Kammerdiener den Mantel auf die Schultern legte, ging er rasch aus dem Zimmer, sprang in den Wagen und befahl mit kurzem Tone nach der Rue-du-Grand-Cours zu Herrn von Saint-Meran zu fahren.

      Der unglückliche Dantes war verurteilt.

      Villefort fand. wie es Herrn von Saint-Meran versprochen hatte, die Marquise und Renée in dem Cabinet. Als der junge Mann Renée erblickte, bebte er, denn er glaubte, sie wurde abermals die Freiheit von Dantes von ihm fordern. Aber ach, zur Schmach unserer Selbstsucht müssen wir bekennen, das schöne junge Mädchen war nur mit Einem beschäftigt: mit der Abreise von Villefort.

      Sie liebte Villefort. Villefort schickte sich an, in dem Augenblicke abzureisen, wo er ihr Gatte werden sollte; Villefort konnte nicht sagen, wann er zurückkommen würde, und statt Dantes zu beklagen, verfluchte sie den Mann, der sie durch sein Verbrechen von ihrem Geliebten trennte.

      Was sollte also Mercedes sagen?

      Die arme Mercedes hatte an der Ecke der Rue de la Loge Fernand wiedergefunden, der ihr gefolgt war. Sie kehrte zu den Cataloniern zurück und warf sich sterbend, in Verzweiflung auf ihr Bett. Vor dieses Bett kniete Fernand nieder, und er drückte ihre eisige Hand, ohne daß Mercedes daran dachte, sie zurückzuziehen. Er bedeckte sie mit brennenden Küssen, welche Mercedes nicht einmal fühlte.

      So brachte sie die Nacht hin. Die Lampe erlosch. als kein Öl mehr darin war. Sie bemerkte ebenso wenig die Dunkelheit, als sie das Licht wahrgenommen hatte, und der Tag kehrte zurück, ohne daß sie ihn sah.

      Der Schmerz hatte eine Binde um ihre Augen gelegt, welche sie nur Edmond sehen ließ.

      »Ah! Ihr seid hier,« sagte sie endlich, nach Fernand sich umwendend.

      »Seit gestern habe ich Euch nicht verlassen,« antwortete Fernand mit einem schmerzlichen Seufzer . . . .

      Herr Morrel hielt sich nicht für geschlagen, er erfuhr, daß man Dantes in Folge eines Verhörs in das Gefängnis gebracht hatte; da lief er zu allen seinen Freunden. besuchte die Personen in Marseille, welche Einfluß haben konnten, aber bereits hatte sich das Gerücht verbreitet, der junge Mann wäre als bonapartistischer Agent verhaftet worden, und da selbst die Verwegensten damals jeden Versuch von Napoleon, den Thron wieder zu besteigen, als einen wahnsinnigen Traum betrachteten, so fand er nur Kälte, Furcht, Weigerung, und kehrte voll Verzweiflung nach Hause, gestand sich aber dabei, die Lage der Dinge sei sehr ernst und Niemand vermöge dabei etwas zu tun.

      Caderousse war äußerst unruhig und von den peinlichsten Gefühlen gequält; statt auszugehen. wie es Herr Morrel getan hatte, statt etwas zu Gunsten von Dantes zu versuchen, für den er übrigens nichts zu tun im Stande war, schloß er mit sich zwei Flaschen Wein ein und trachtete danach. seine Unruhe in der Trunkenheit zu ersäufen. Aber in dem Geisteszustande, in welchem er sich befand, waren zwei Flaschen zu wenig. um sein Gewissen zu ersticken; er blieb also, zu trunken, um andern Wein zu holen, nicht so sehr trunken, daß der Rausch die Erinnerung in ihm getötet hätte, seinen zwei leeren Flaschen gegenüber mit den Ellbogen auf einen hinkenden Tisch gestützt und sah um sich her im Reflexe seines Lichtes mit dem langen Dochte alle Gespenster tanzen, welche Hoffmann auf seine von Punsch durchnäßten Manuscripte wie einen schwarzen, phantastischen Staub gestreut hat.

      Danglars allein war weder gequält, noch beunruhigt;


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