Der Pechvogel. Александр Дюма

Der Pechvogel - Александр Дюма


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der früher stets die dritte Person bei ihren Unterhaltungen gewesen, eine Kälte um sich verbreitete die so schlecht zum Zustand ihrer Seelen paßte.

      Eines Tages bemerkte Vater Pommereuil, der in seinem Weinberg arbeitete, auf der andern Seite des Flusses, just gegenüber der Spize der großen Insel von Varenne, vier armselige Mäuerchen die bereits zwei Fuß über die Erde emporragten, und an deren Erhöhung ein Mann mit unerhörtem Eifer arbeitete, indem er unverdrossen Stein auf Mörtel und Mörtel auf Stein legte.

      Trotz der Entfernung erkannte der Edle den Fischer dessen Liebe zu seiner Tochter er so vortheilhaft ausgebeutet hatte.

      – He! he! sagte er zu dieser, die ihm seine Pfähle einstecken half, der Dummkopf da drunten hat doch endlich eingesehen daß man sich ein Nest bauen muß bevor man eine Familie haben will. Wie er drauf los arbeitet! Sieh nur, Luise, und sieh auch was das für ein hübscher Käfig für den Vogel wird den er hineinsetzen will. Noch beinahe dem Erdboden gleich, hält das Mäuerchen schon nicht mehr recht das Gleichgewicht! Wenn ich daran denke daß Du, wenn Du einen so gescheiten Vater gehabt hättest, im Stande gewesen wärest Dich von diesem lumpigen Weißfischhändler beschwatzen zu lassen! Aber ich hielt die Bütte fest im Auge, und als ich sah daß es zu stark kochte, da machte ich der Gährung schnell ein Ende. Du wirst mirs gewiß danken, wenn Du siehst wie es dem armen Weibe geht das einmal da unten wohnen muß.

      Zum Glück für das Mädchen war der Pfahl den ihr Vater in die Erde bohrte auf einen Stein gestoßen; er mußte sich bücken um ihn herauszureißen, und so konnte er Luisens Verwirrung und Verlegenheit nicht bemerken.

      Von diesem Augenblicke an ließ Vater Pommereuil nicht einen einzigen Tag vergehen ohne daß er die Arbeiten des Fischers besichtigte. Die Mauern wuchsen empor; die Thüre wurde dem Fluß gegenüber angebracht; die Fenster öffneten sich auf beiden Seiten des Giebels, so daß Franz, ohne sein Haus zu verlassen, Alles sehen konnte was auf dem Flusse vorging, indem er vom einen Fenster aus den ganzen Lauf der Marne bis hinauf zur Insel Tire-Vinaigre, vom andern bis hinab zum Loch von Faviot beherrschte.

      Als die Mauern aufgeführt waren, zimmerte Franz Guichard seine Sparren und Balken, bedeckte das Ganze mit einem Dach von Schilfrohr, und eines Tages sah Vater Pommereuil, der jeden neuen Fortschritt in diesem Bauwesen mit immer beißenderen Spöttereien empfing, wie der Fischer auf den Gipfel des Häuschens stieg und an das Kamin einen prächtigen Strauß von allen Frühlingsblumen heftete welche die Ufer seines vielgeliebten Flusses ihm zu liefern vermocht hatten.

      Der Winzer lachte sich halb krank über ein Gebahren worin er eine unverzeihliche Anmaßung von Seiten eines so geringen Maurers erblickte. Er beschleunigte seine Arbeit um recht bald nach Chennevière zurückzukommen und Luisen von dieser neuen Lächerlichkeit ihres alten Liebhabers zu erzählen.

      Das Mädchen schien die Fröhlichkeit des Vaters nicht zu theilen; sie erblaßte und blieb stumm; sie saß den Rest des Tages ganz nachdenklich da, und als der Abend kam, verschloß sie sich unter dem Vorwand einer Unpäßlichkeit in ihr Stübchen.

      Um Mitternacht hatte sie sich indeß noch nicht schlafen gelegt; sie ging barfuß in dem schmalen Zimmerchen auf und ab; sie weinte, sie wand ihre Arme, sie befand sich augenscheinlich in einer gewaltsamen Aufregung; zuweilen sank sie auf ihre Kniee und betete inbrünstig.

      Ein kleiner Kieselstein der an ihr Fenster flog unterbrach ihre Gebete; sie erhob sich hastig, öffnete das Fenster und sah Franz Guichard rittlings auf der Mauer sitzen die nach der Straße zu sah.

      – Ach mein Gott! murmelte sie, wenn mein Vater erwachte! Wenn er ihn sähe! Er würde ihn vielleicht tödten!

      Dieser Gedanke schien über alle unschlüssige Bedenken obzusiegen.

      Sie gab ihrem Liebhaber ein Zeichen er solle sich gedulden und ja nicht in den Hof herabkommen; dann hob sie ein Päckchen auf nahm ihre Schuhe in die Hände, schlich behutsam durch die Kammer wo ihr Vater schlief, öffnete das Hofthor und reichte Franz Guichard ihre Hand dar; dieser hob sie in seine Arme, trug sie wie eine Mutter ihr Kind trägt, eilte, ohne sie die Erde berühren zu lassen, mit ihr den Hügel hinab und machte erst dann Halt als er seine kostbare Last in sein Schiff niedergelegt und die Ruder ergriffen hatte um das andere Ufer zu erreichen.

      Es war Frühling; die Nacht war lau und duftig; ein sanfter Wind kräuselte leicht die Oberfläche des Wassers und spielte in den spitzen Blättern des Pfeilkrauts; der Mond warf seinen hellen Silberschein über den Fluß; in jedem Busche sang eine Nachtigall eine Liebeshymne.

      Luise gab sich dem allmächtigen Einfluß dieses Schauspiels hin, ihre Thränen trockneten.

      Es- war geschehen: Franz Guichard hatte nach Art und Weise der englischen Lords und der Helden gar vieler Romane seine Frau erobert.

       III.

      Wie es Gott gefiel über Franz Guichard ähnliche Prüfungen zu verhängen wie einst über Hiob

—–

      Dieses Ereigniß machte Lärm in der Ebene und auf der Höhe.

      Acht Tage lang brauchten sich die Gevatterinnen, von Joinville bis Ormesson, von Gravelle bis Sucy, nach keinem andern Text für ihre Klatschereien umsehen. Lange Zeit schwatzten die am Ufer knieenden Wäscherinnen von diesem Abenteuer, während sie mit dem Bläuel auf ihre Wäsche losklopften.

      Im Allgemeinen und mit Ausnahme einiger bösartigen Murrköpfe gab Jedermann dem alten Pommereuil Unrecht. Der Winzer hatte zu früh frohlockt. Ohne alle Ahnung davon daß das Schicksal ihm solche Repressalien gedachte, hatte er die Unvorsichtigkeit begangen sich öffentlich über die Geduld und Einfalt des Fischers lustig zu machen, und dagegen die Feinheit und Pfiffigkeit zu rühmen womit er gegen Leidenschaft für Luise auszudeuten gewußt habe.

      Man verspottete ihn und dadurch wurde sein Grimm über den Räuber immer giftiger.

      Chennevière besaß einen Maire, einen rechtschaffenen Mann der übrigens die reinsten Grundsätze jener Epoche eingesogen hatte, einen wahren Römer in Holzschuhen. Man nannte ihn den Bürger Cornelius.

      Als Bürger Cornelius durch die Fama den Vorfall erfuhr, begab er sich zu seinem Untergebenen und predigte ihm nach seiner Art und Weise; er erkannte zwar die Rechte des Vaters an, aber blos um dagegen an die älteren und unverjährbaren Rechte der Natur zu appellieren. Er beschwor ihn sich dieser erhabenen Kundgebung des freien Willens nicht zu widersetzen; er sprach von Plato, er sprach von Rousseau, er wurde fast bis zu Thränen gerührt, als er ihm das Glück des Vaters schilderte dem es vergönnt sei im Verein mit Amor zwei liebenden jungen Leuten den Kranz Hymens auf die, Stirne zu drücken.

      Diese Predigt rührte den Vater Pommereuil sehr wenig; aber glücklicher Weise machte ein Nachbar, ein etwas schreibereiverständiger Krämer, ihn darauf aufmerksam daß Luise majorenn sei, folglich ihr Muttergut ansprechen und mittelst gewisser sehr theurer Formalitäten über den bösen Willen ihres Vaters obsiegen könnte, und so gab der alte Bauer nach.

      Er verabscheute seinen künftigen Schwiegersohn, zwanzigmal des Tags wünschte er aus vollem Herzen derselbe möchte an seinem Wurfnetz hängen bleiben und in die tiefste Marne hinabfahren; aber wenn er bedachte daß ein schönes Stück Geld, das er als sein bleibendes Eigenthum zu betrachten sich angewöhnt hatte, diesem Lumpenpack von Gerichtsschreibern in die Hände fallen sollte, so erschien ihm dieß als ein Aberwiz womit er sein Gewissen unmöglich belasten konnte.

      Er willigte also darein daß Luise Pommereuil die Ehefrau des Franz Guichard wurde, jedoch unter der Bedingung daß sie einen förmlichen Verzicht auf die Hinterlassenschaft ihrer seligen Mutter unterzeichnete.

      Franz Guichard war also besser daran als seine Ahnen je geträumt hatten.

      Nicht blos herrschte er als unumschränkter Gebieter über die Marne, nicht blos konnte er nach freiem Belieben seine Geräthschaften darauf spazieren führen, ohne händelsüchtige Aufseher oder eifersüchtige Eigenthümer fürchten zu müssen, nein, er besaß auch die einzige Frau die er je geliebt hatte, und was noch weit erstaunlicher ist, diese Frau hielt mehr als das junge Mädchen versprochen hatte.

      Wenn je ein enthusiastischer Eheherr auf seine Hälfte die Bezeichnung Schatz anwenden konnte, so war es Franz Guichard. Luise war rüstig, dabei aber sanft und


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