Diana de Lys. Александр Дюма

Diana de Lys - Александр Дюма


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gehst Du schon?«

      »Mein Mann erwartet mich.«

      »Sieh, hierin liegt der ganze Unterschied Deiner und meiner Lage. Gehst Du aus, so erwartet Dich Dein Mann; ist mein Mann aber auswärts, so erwarte ich ihn nicht. Willst Du, daß ich anspannen lasse?«

      »Nein, ich will zu Fuß gehen. Wann sehe ich Dich?«

      »Morgen Abend. Es wird dann ohne Zweifel die Antwort angelangt sein.«

      »Du hast wohl die Güte, den Brief durch einen Deiner Leute bestellen zu lassen?«

      Marcelline nahm den Brief schweigend an sich und ging.

      Die Marquise blieb einige Augenblicke an ihrem Fenster, klingelte sodann ihrer Kammerjungfer, nahm das Buch, in welchem sie zu lesen begonnen hatte, und ging in ihr Schlafzimmer zurück.

      Sie besorgte ihre Nachttoilette und verriegelte ihre Thür.

      Als sie allein war, näherte sie sich dem Spiegel, lächelte stolz auf ihre Schönheit, setzte sodann den Leuchter auf einen Nachttisch, warf ihre Sammetpantoffeln von sich, sprang fröhlich in ihr Bett und begann zu lesen.

      Anfangs waren ihre Augen fest auf das offene Buch gerichtet; aber sei es, daß das Buch nicht interessant genug war, sei es, daß ein fremder Gedanke sie beherrschte, sie wendete nicht eine Seite um, und bald verloren mit einem Male die Charaktere Gestalt und Bedeutung, und verwirrten sich in den Wogen ihres Blickes. Hierauf legte die Marquise ihr Köpfchen zurück und stützte ihn auf ihren Arm, weiß und rund, wie der Handgriff einer Alabasterurne, süße Träume bemächtigten sich ihrer Seele, und einige Augenblicke später fiel das Buch auf den Teppich, ohne daß sie es bemerkte.

      Während dieser Zeit war Madame Delaunay bei sich zurückgekehrt, nachdem sie selbst den Brief ihrer Freundin auf die Post besorgt hatte.

      Madame Delaunay war mit Diana in Einer Pension erzogen, und unter beiden hatte sich jene Freundschaft der ersten Jugend erzeugt und bewahrt, welche die Welt ungeachtet ihrer wechselnden Gewohnheiten und Anforderungen nicht verschwinden läßt. So kam es denn, daß an dem Tage, wo die Marquise Briefe zu empfangen hatte, die des Schleiers des Geheimnisses bedurften, sie zur zuverlässigen Freundschaft Marcellinens ihre Zuflucht nahm. Sie hatte ihr Anfangs gesagt, daß diese Briefe von einer Verwandten kämen, welche ihr Mann nicht liebte, dann aber hatte sie ihr endlich die Wahrheit gestanden, daß sie dem jungen Baron von Ternon die Erlaubniß gegeben, ihr schriftlich den Hof zu machen. War es bei dieser Gelegenheit das erste Mal, daß Madame Delaunay sich dazu verstand? Ja, und wir können eben so bestimmt versichern, daß die Marquise niemals an eine Andere sich gewendet hatte, und daß Maximilian der erste Mann war, dem sie erlaubte, ihr in solcher Weise zu schreiben.

      »Die Marquise war also noch sehr jung!« werden die Skeptiker sagen.

      Die Marquise war achtundzwanzig Jahre alt; sie war schön, reich, eine Brünette, ohne alle Beschäftigung und verheirathet.

      Ihr Vermögen rührte von ihrem Vater her, ihr Mangel an Selbstbeschäftigung von ihrer Erziehung, ihre Langweile von ihrer Verheirathung. Die Marquise hatte alle Annehmlichkeiten des Luxus genossen, alle Zerstreuungen der Welt, alle Vergnügungen, die man für Geld sich verschaffen kann.

      Viele Männer hatten ihr den Hof gemacht, denn ihr Mann schien sehr gleichgültig gegen sie, und sie hatte Augen, welche gegen eine solche Gleichgültigkeit mit aller Macht der Schönheit zu protestieren schienen. Aber wir wiederholen es, sei es aus Kälte des Herzens, sei es aus physischer Trägheit, die Marquise hatte noch Niemand erhört.

      Wie kam es denn, daß sie Maximilian erhört hatte?

      War er denn ein so ausgezeichneter Mensch, oder fühlte sie sich zu ihm von einer unwiderstehlichen Liebe hingezogen? Nichts von alle dem. Die Marquise war, wie wir eben sagten, nur achtundzwanzig Jahre alt, und erschrak vor dem Gedanken, dreißig zu werden, ohne Jemand geliebt zu haben. Maximilian war also nicht der Gegenstand einer besondern überlegten Bevorzugung, er war nur bestimmt, eine Vergessenheitsstunde der Marquise wieder gut zu machen. Diana hatte in ihrer Umgebung einen Geliebten gesucht, und der Baron hatte sich unter allen ihren Anbetern als derjenige gezeigt, welcher die gewünschten Eigenschaften am besten in sich vereinigte.

      Er war jung, sie konnte also glauben, daß er für Ideen schwärmte, und daß er sie liebte, wie man im Alter von zwanzig Jahren liebte; sie war schön, und fürchtete keine Nebenbuhlerinnen; endlich war er von einem Vater und einer Mutter überwacht, denen er wie ein Kind gehorchte. Sie setzte also seine Freiheit nicht mehr in Gefahr, als eben nöthig war. Diese Liebe konnte also eine recht angenehme Zerstreuung für sie sein, und die Marquise stellte es sich auch nicht anders vor.

      Wie dem auch sei, Maximilian, welcher in den Salons mit Madame de Lys oft zusammengekommen war, hatte ihr den Hof mit jener zarten Schüchternheit gemacht, welche Frauen so wohl gefällt, und fand sich, obschon sie ihn scheinbar lächelnd angehört hatte, nicht entmuthigt. Das aufmunternde Stillschweigen folgte dem Lächeln, verstohlene Blicke der Gleichgültigkeit, verdächtige Vertraulichkeit den verstohlenen Blicken, ja, endlich hatte die Marquise den jungen Mann errathen lassen, daß sie schriftlich Alles entgegennehmen würde, was er ihr nicht zu sagen wagte, und was sie nicht anhören durfte.

      Hierauf hatte sie Madame Delaunay mit der Rolle, welche sie ihr bei dieser Intrigue zugedacht hatte, betraut. Denn sie wünschte das Verhältniß so geheim als möglich zu halten, und suchte deshalb auf jede Weise zu hindern, daß der Zufall, welcher nur Thorheiten begeht, einen Brief Maximilians in die Hände des Marquis überlieferte.

      Madame Delaunay war weder reich noch Marquise, aber sie war, wie erwähnt, liebenswürdig und von ihrem Manne geliebt, welchen sie von dieser geheimen Correspondenz in Kenntniß gesetzt hatte, und welchen obschon er sich anfangs widersetzen wollte, doch endlich, seiner Gewohnheit gemäß, Allem beizustimmen, was seine Frau verlangte, eingewilligt hatte.

      »Es ist eine gute Freundin von mir,« sagte Marcelline zu ihrem Manne, indem sie von Dianen sprach; »sie ist unverständig, und wenn ich ihre Briefe nicht besorgte, so würde sie diese von einem Andern empfangen, welcher sie compromittiren könnte. Uebrigens sind Briefes etwas sehr Ungefährliches.«

      Wir haben nicht nöthig zu sagen, daß Maximilian mit Ungeduld die Antwort der Marquise erwartete. Er schlief die ganze Nacht nicht und stand zeitig am folgenden Morgen auf, wo er mit Wahrscheinlichkeit einen Brief von Dianen empfangen mußte.

      .Er ließ sein Pferd satteln und begab sich auf einen Spazierritt in den Wald, um seine Ungeduld zu beschwichtigen, ein nicht sehr befremdender Umstand, da Maximilian erst zwanzig Jahre alt war.

      Um elf Uhr war er zurück, und da immer noch kein Brief angekommen war, befand er sich in einer ziemlich schlechten Laune.

      »Ist man oben beim Frühstück?« fragte er den Bedienten welcher ihm öffnete.

      »Nein, Herr Baron.«

      »Ist mein Vater aufgestanden?«

      »Seit Einer Stunde.«

      Maximilian durchschritt das Vorzimmer und klopfte an eine Thür, welche sich der, durch welche er eingetreten war, gegenüber befand.

      Es war die Thür, welche in’s Zimmer seines Vaters führte.

      »Herein,« rief eine Stimme. »Guten Tag, Maximilian,« sagte der Graf, ein langer Mann von ungefähr fünfzig Jahren, trocken. »Woher kommst Du?«

      »Aus dem Wald.«

      »Hast Du dort Jemand getroffen?«

      »Niemand.«

      »Bei welcher Stunde hast Du Dich gestern Abend schlafen gelegt?«

      »Um elf Uhr.«

      »Hast Du diesen Morgen schon Deine Mutter gesehen?« fragte der Graf.

      »Noch nicht.«

      »So geh und begrüße sie.«

      Die Unterhaltung zwischen Vater und Sohn war kurz und einfach. Wenn Letzterer früh in das Zimmer seines Vaters ging, so gehorchte er mehr einer beschwerlichen Pflicht, als einem innern Drängen.

      Die Gräfin war eine Frau von vierzig Jahren, groß, schmächtig, von aufrechter, stolzer Haltung, trocken, ein


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