Die Fünf und Vierzig. Александр Дюма
bin da, nicht nur mit Bewilligung, sondern auf Befehl des Königs, Madame,« antwortete Joyeuse, Heinrich mit dem Blick befragend. »Es ist nicht so ergötzlich, einen Menschen vierteilen zu sehen, daß ich zu einem solchen Schauspiel kommen sollte, wenn ich nicht dazu genötigt wäre.«
»Joyeuse hat recht, Madame,« sagte Heinrich, »es handelt sich hier nicht um Lothringer, nicht um Guise und besonders nicht um die Königin; es handelt sich darum, Herrn von Salcède, einen Mörder, der meinen Bruder töten wollte, in vier Stücke zerreißen zu sehen.«
»Ich habe heute wenig Glück,« sagte Catharina, plötzlich nachgebend, was ihre geschickteste Taktik war, »ich mache, daß meine Tochter weint, und Gott verzeihe mir, ich glaube, ich bewirke auch, daß Herr von Joyeuse lacht.«
»Ah! Madame,« rief Luise, Catharinas Hände ergreifend, »ist es möglich, daß sich Eure Majestät so in meinem Schmerze täuscht?«
»Und in meiner tiefen Ehrfurcht?« fügte Anne von Joyeuse bei und verbeugte sich auf den Arm des königlichen Lehnstuhles.
»Es ist wahr, es ist wahr,« versetzte Catharina, einen letzten Pfeil in das Herz ihrer Schwiegertochter abdrückend. »Ich sollte wissen, wie peinlich es Euch ist, mein liebes Kind, die Complotte Eurer Verwandten von Lothringen enthüllen zu sehen, und obgleich Ihr nichts dafür könnt, leidet Ihr doch durch diese Verwandtschaft.«
»Ah! Was das betrifft, meine Mutter, das ist ein wenig wahr,« sagte der König, der Jedermann in Einklang zu bringen suchte, »denn diesmal wissen wir, woran wir uns in Beziehung auf die Theilnahme von Herrn von Guise an dem Complott zu halten haben.«
»Aber Sire,« sprach Louise von Lothringen, kühner, als sie es bis jetzt gethan hatte, »Eure Majestät weiß wohl, daß ich, als ich Königin von Frankreich wurde, meine Verwandten ganz unten am Throne gelassen habe.«
»Oh!« rief Anne von Joyeuse, »Ihr seht wohl, daß ich mich nicht täuschte, Sire, der Missetäter erscheint auf dem Platz. Teufel! welch ein gemeines Gesicht!«
»Er hat Angst,« sagte Catharina, »er wird sprechen.«
»Wenn er die Kraft dazu hat,« entgegnete der König. »Seht doch, meine Mutter, sein Kopf wankt wie der eines Leichnams.«
»Ich wiederhole,« versetzte Joyeuse, »er ist abscheulich.«
»Wie soll ein Mensch schön sein, dessen Inneres so häßlich ist? Habe ich Euch nicht die geheimen gegenseitigen Beziehungen des Physischen und Moralischen erklärt, Anne, wie Hippokrates und Galenus dieselben verstanden und erklärten?«
»Ich sage nicht nein, Sire, aber ich bin kein Jünger von Eurer Stärke, und ich habe zuweilen gesehen, daß äußerst häßliche Menschen sehr tapfere Soldaten waren. Nicht wahr, Henri?«
Anne wandte sich nach seinem Bruder um, als wollte er dessen Beifall zu Hilfe rufen; doch Henri schaute ohne zu sehen, horchte, ohne zu hören; er war in tiefe Träumerei versunken, der König antwortete daher für ihn.
»Ei, mein Gott! mein lieber Anne,« rief er, »wer sagt, daß jener dort nicht tapfer sei? Er ist es wie ein Bär, wie ein Wolf, wie eine Schlange. Erinnert Ihr Euch nicht seiner Manieren? Er hat in seinem Hause einen normannischen Edelmann, seinen Feind, verbrannt. Er hat sich zehnmal geschlagen und drei von seinen Gegnern getötet; man hat ihn beim Falschmünzen ertappt und deshalb zum Tode verurteilt.«
»Wobei er sodann durch die Vermittelung des Herrn Herzog von Guise, Eures Vetters, meine Tochter, begnadigt worden ist,« sagte Catharina de Medicis.
Diesmal war Louise von Lothringen mit ihren Kräften zu Ende; sie vermochte nur einen Seufzer auszustoßen.
»Das ist ein wohlerfülltes Dasein, welches bald sein Ende erreichen wird,« sagte Joyeuse.
»Herr von Joyeuse, ich hoffe im Gegenteil, es wird so langsam wie möglich endigen,« sagte Catharina.
»Madame,« erwiderte Joyeuse, den Kopf schüttelnd, »die Pferde, die ich dort unter jenem Wetterdache sehe, kommen mir so kräftig und ungeduldig vor, ganz unbeschäftigt stehen bleiben zu sollen, daß ich nicht an einen sehr langen Widerstand der Muskeln, Nerven und Sehnen des Herrn von Salcède glaube.«
»Ja, wenn man nicht für den Fall vorhersehen würde,« versetzte Catharina mit jenem Lächeln, das nur ihr angehörte, »doch, mein Sohn ist barmherzig, er wird den Knechten Befehle geben, daß sie sachte ziehen.«
»Aber, Madame,« warf die Königin schüchtern ein, »ich habe Euch diesen Morgen zu Frau von Mercœur sagen hören, dieser Unglückliche würde nur zwei Züge auszuhalten haben.«
»Von Herzen gern, wenn er sich gut benimmt,« erwiderte Catharina, »dann wird er so rasch wie möglich abgefertigt werden; doch Ihr versteht, meine Tochter, und ich wollte, Ihr würdet es ihm sagen lassen, da Ihr Euch für ihn interessiert, er halte sich gut, das ist seine Sache.«
»Madame,« sprach die Königin, »Gott hat mir nicht wie Euch die Stärke verliehen, und ich habe somit nicht viel Muth, leiden zu sehen.«
»So werdet Ihr es nicht anschauen.«
Louise schwieg.
Der König hatte nichts gehört; er war ganz Auge, denn man beschäftigte sich damit, den Missethäter vom Karren zu nehmen, der ihn gebracht hatte, um ihn auf das kleine Schaffot zu legen.
Während dieser Zeit hatten die Hellebardiere, die Bogenschützen und die Schweizer den Raum beträchtlich erweitert, und es herrschte nun rings um das Schafott eine Leere, welche groß genug war, daß alle Blicke Salcèdes trotz der geringen Erhöhung des Blutgerüstes unterscheiden konnten.
Salcède mochte ungefähr vierunddreißig bis fünf und dreißig Jahre alt sein, er war stark und kräftig; seine bleichen Gesichtszüge, worauf einige Schweiß- und Blutstropfen perlten, belebten sich, wenn er umherschaute, durch einen unbeschreiblichen Ausdruck bald der Hoffnung, bald der Angst.
Gleich Anfangs warf er seine Blicke nach der königlichen Loge; aber sein Auge verweilte nicht hier, als hätte er begriffen, daß ihm aus derselben statt der Rettung der Tod zukam.
Er ging auf die Menge über; im Schoße dieses stürmischen Meeres wühlte er mit seinen glühenden Augen und mit seiner am Rande seiner Lippen zitternden Seele.
Die Menge schwieg.
Salcède war kein gemeiner Mörder, Salcède war vor allem von guter Geburt; da Catharina de Medicis, welche sich um so mehr auf die Genealogie verstand, als sie pfui darüber zu machen schien, einen Tropfen königlichen Blutes in seinen Adern entdeckt hatte; dabei war er ein Kapitän von einigem Rufe gewesen. Nun durch einen schmählichen Strick gebunden, hatte diese Hand einst mutig das Schwert geführt; dieser bleiche Kopf, auf dem sich die Schrecknisse des Todes abmalten, Schrecknisse, die der Missetäter ohne Zweifel in der tiefsten Tiefe seiner Seele verschlossen haben würde, wenn die Hoffnung nicht zu viel Platz eingenommen hätte, dieser bleiche Kopf hatte großartige Pläne beherbergt.
Aus dem Gesagten geht hervor, daß Salcède für viele Zuschauer ein Held war; für viele andere ein Opfer; wohl betrachteten ihn Einige als einen Mörder, aber die Menge hat stets Mühe in ihrer Verachtung in die Reihen gemeiner Mörder diejenigen zuzulassen, welche große Morde versucht haben, die das Buch der Geschichte gleichzeitig mit dem der Justiz einträgt.
Man erzählte sich in der Menge, Salcède sei aus einem Kriegergeschlechte geboren; sein Vater habe heftig den Kardinal von Lothringen bekämpft, was ihm in der Metzelei in der Bartholomäusnacht einen glorreichen Tod eingetragen, der Sohn aber habe, diesen Tod vergessend oder vielmehr seinen Haß einem Ehrgeize opfernd, für den der große Haufe immer eine gewisse Sympathie hegt, einen Vertrag mit Spanien und mit den Guisen eingegangen, um in Flandern die wachsende Souveränität des bei den Franzosen so sehr verhaßten Herzogs von Anjou zu vernichten.
Man sprach ferner von seiner Verbindung mit Baza und Balouin, den angeblichen Urhebern des Komplotts, das den Herzog Franz, den Bruder Heinrichs III., beinahe das Leben gekostet hätte; man führte die Gewandheit an, welche Salcède bei diesem ganzen Prozesse entwickelt hatte, um dem Rade, dem Galgen oder dem Scheiterhaufen zu entgehen, worauf noch das Blut seiner Genossen rauchte; allein hatte er durch falsche,