La San Felice Band 9. Александр Дюма
folgte die Erzählung von einem Fest, welches er vor einigen Jahren den Officieren dieses Regiments gegeben, einem Fest, bei welchem er, Ferdinand, als Koch gekleidet, die Rolle des Gastwirths gespielt, während die Königin, im Costüme einer Bäuerin und von den schönsten Damen ihres Hofes umgeben, die der Gastwirthin ausgefüllt hatte.
An diesem Tage hatte Ferdinand selbst einen ungeheuren Kessel Maccaroni bereitet und niemals, wie er versicherte, so gute wieder gegessen.
Da er übrigens am Tage vorher eine Fische in dem Golf von Mergellina selbst gefangen und am zweitletzten Tage ein Rehe, seine Wildschweine, seine Hasen und seine Fasanen in dem Walde von Persano selbst erlegt, so hatte dieses Gastmahl in ihm unaussprechliche Erinnerungen zurückgelassen, welche sich durch einen tiefen Seufzer und die inbrünstigen Worte verriethen:
»Wenn ich nur in meinen sicilischen Wäldern eben so viel Wild finde, als ich dessen in meinen festländischen Forsten habe, oder vielmehr hatte.«
So verlangte dieser König, dem die Franzosen sein Königreich geraubt, dieser Vater, dem der Tod einen Sohn entrissen, zum Toast für dieses zweifache Unglück von Gott nur Eins, nämlich, daß ihm wenigstens noch wildreiche Wälder blieben!
Gegen zwei Uhr Nachmittags passierte man das Cap Cefalu.
Zwei Dinge beschäftigten Nelsons Gedanken und bewogen ihn, mit seinem Blick bald das Meer, bald die Küste zu befragen: Wo war Caracciolo und seine Fregatte? Wie sollte er es anfangen, mit dem Südwind in die Bai von Palermo einzulaufen?
Nelson, der fast sein ganzes Leben auf dem atlantischen Meer zugebracht, hatte nur geringe Kenntniß von den Gewässern, in welchen er sich jetzt befand und die er selten beschifft hatte.
Allerdings hatte er, wie wir gesehen, zwei sicilianische Matrosen an Bord. Wie aber konnte er, Nelson, der erste Seemann seiner Zeit, einen schlichten Matrosen zu Rathe ziehen, wenn es galt ein Kriegsschiff von zweiundsiebzig Kanonen in die Meerenge von Palermo hineinzusteuern?
Wenn man bei Tage anlangte, so konnte man einen Lootsen herbeisignalisieren und langte man in der Nacht an, so konnte man bis zum nächstfolgenden Morgen laviren.
Dann aber stand zu erwarten, daß der König in seiner Unkenntniß der Schwierigkeiten fragen würde:
»Hier ist ja Palermo! Warum laufen wir nicht in den Hafen ein?«
Nelson hätte dann antworten müssen:
»Weil ich das Fahrmesser des Hafens nicht genau genug kenne, um die Einfahrt auf eigene Faust unternehmen zu können.«
Niemals aber hätte Nelson sich dazu verstanden ein solches Geständniß zu thun.
Gab es übrigens wohl in diesem so schlecht organisierten Lande, wo das Leben des Menschen die wohlfeilte aller Waaren ist, auch überhaupt ein Lootsenbureau?
Dies mußte man übrigens bald erfahren, denn man begann schon den Berg Pellegrino zu erspähen, welcher sich westlich von Palermo erhebt und hinstreckt, und gegen fünf Uhr Abends, das heißt mit dem Sinken des Tages, konnte man in Sicht der Hauptstadt Siciliens sein.
Gegen zwei Uhr war der König wieder in die große Cajüte hinabgestiegen, und da man seine Maccaroni genau nach seinen Instructionen bereitet, so hatte er ganz vortrefflich gespeist.
Die Königin war, Unwohlsein vorschützend, auf ihrem Bett liegen geblieben, die jungen Prinzessinnen und der Prinz Leopold dagegen hatten sich mit ihrem Vater zu Tische gesetzt.
Gegen halb vier Uhr, in dem Augenblick, wo man im Begriff stand, das Cap zu passieren, begab sich der König, gefolgt von Jupiter, welcher die Ueberfahrt ziemlich gut ertragen, und dem jungen Prinzen Leopold, wieder zu Nelson auf die Campanje.
Der Admiral war unruhig, denn er befragte das Meer mit seinem Blick vergebens. Nirgends gewahrte man die »Minerva«.
Es wäre ein großer Triumph für Nelson gewesen, wenn er eher angelangt wäre als der neapolitanische Admiral. Aller Wahrscheinlichkeit nach aber war dieser vor Nelson eingetroffen.
Gegen vier Uhr passierte man das Cap. Der Wind wehte stark aus Südsüdost. Man konnte nicht anders in den Hafen gelangen, als wenn man lavierte; dabei aber lief man große Gefahr, auf einer Untiefe sitzen zu bleiben oder auf eine Klippe zu stoßen.
Sobald der Hafen daher in Sicht war, gab Nelson Signale, daß man ihm einen Lootsen senden möge.
Mit Hilfe eines vortrefflichen Fernrohres konnte Nelson alle auf der Rhede liegenden Schiffe unterscheiden und ohne Mühe vor allen andern die »Minerva«, welche gleich einem Soldaten mit geschultertem Gewehr ihren Commandanten erwartete, und sich mit völlig unversehrtem Takelwerk auf ihren Ankern schaukelte.
Aergerlich biß Nelson sich auf die Lippen. Was er gefürchtet, war geschehen.
Es dauerte nicht lange, so brach die Nacht ein. Nelson verdoppelte seine Signale und ließ endlich, ungeduldig darüber, daß er kein Boot kommen sah, einen Kanonenschuß abfeuern, nachdem er vorher die Vorsicht gebraucht, der Königin melden zu lassen, daß dieser Kanonenschuß den Zweck habe, einen Lootsen herbeizurufen.
Die Dunkelheit war schon so dicht, daß der Hintergrund den Blicken entschwand und man nur noch die zahlreichen Lichter Palermos sah, welche so zu sagen die Finsterniß durchlöcherten.
Nelson wollte eben Befehl zum Abfeuern eines zweiten Kanonenschusses geben, als Henry, welcher das Meer mit einem vortrefflichen Nachtglas durchforschte, meldete, daß ein Boot auf den »Vanguard« zugerudert komme.
Nelson nahm das Glas aus Henrys Händen und sah wirklich eine mit einem dreieckigen Segel versehene Barke herankommen, die mit vier Matrosen bemannt war, und von einem Manne befehligt ward, welcher den groben Regenmantel der sicilianischen Seeleute trug.
»Barke, ahoi!« rief der wachthabende Matrose auf dem »Vanguard«, »was wollt Ihr?«
»Lootse!«, antwortete einfach der Mann in dem Regenmantel.
»Werft diesem Manne ein Tau zu und zieht seine Barke an das Schiff,« sagte Nelson.
Das Schiff lag so, daß es der Barke die Backbordseite zukehrte. Die Barke zog ihr Segel ein. Die vier Matrosen griffen zu den Rudern und die Barke näherte sich dem »Vanguard«.
Man warf dem Looten ein Tau zu. Er ergriff es und kletterte, als geübter Seemann die Vorsprünge und Simse benutzend, zu einer der Stückpforten in die obere Batterie hinein.
Es dauerte nicht lange, so erschien er auf dem Verdeck. Er lenkte seine Schritte gerade auf den Commandoposten zu, wo Nelson, der Capitän Henry, der König und und der Kronprinz seiner harrten.
»Ihr habt lange auf Euch warten lassen,« sagte Henry auf italienisch zu ihm.
»Ich habe mich gleich nach dem ersten Kanonenschuß aufgemacht, Capitän,« antwortete der Lootse.
»Hattet Ihr denn die Signale nicht gesehen?«
Der Lootse gab keine Antwort.
»Wohlan,« sagte Nelson, »verlieren wir keine Zeit. Fragen Sie ihn auf italienisch, Henry, ob er den Hafen genau kennt und dafür steht, das Schiff ohne Unfall bis auf seinen Ankerplatz zu führen.«
»Ich spreche Ihre Sprache, Mylord,« antwortete der Lootse in vortrefflichem Englisch. »Ich kenne den Hafen ganz genau und stehe für Alles.«
»Nun, dann ist's gut,« sagte Nelson. »Uebernehmt somit das Commando, nur vergeßt dabei nicht, daß Ihr ein Schiff commandiert, welches eure Souveräne an Bord führt.«
»Ich weiß, daß ich diese Ehre habe, Mylord.«
Dann und ohne sich des Sprachrohrs zu bedienen, welches Henry ihm darbot, commandierte er mit lauter, von einem Ende des Schiffes bis zum andern hallender Stimme das Manöver in so gutem Englisch und in so echt technischen Ausdrücken, als ob er in der Marine des Königs Georg gedient hätte.
Gleich einem Roß, welches einen geschickten Reiter auf dem Rücken fühlt und einsieht, daß jeder Widerstand gegen den Willen desselben vergeblich sein würde, neigte sich der »Vanguard« unter dem Commando des Lootsen und gehorchte nicht blos ohne Widerstreben, sondern auch, so zu sagen, mit einem gewissen Grad von