Olympia von Clèves. Александр Дюма
mehr' das Verlangen, nach dem Noviciat zurückzukehren, verlor, »das ist nicht mein Wunsch.«
Dann sprach er laut!
»Ich danke Ihnen aufrichtig, mein Fräulein.«
»Ah!« unterbrach ihn leise Mademoiselle Claire, »werden Sie die Kleider annehmen?«
Sehr erfreut, sich unterstützt zusehen, machte Banniére ein Zeichen mit der Hand, welches besagen wollte:
»Seien Sie ruhig.«
»Aber,« fuhr er fort, »ich bin aus eine sonderbare Art aus dem Kloster weggegangen.«
»Wie denn?« fragte Olympia.
»Ich bin zum Fenster hinausgegangen.«
»Zum Fenster hinaus?«
»Ich muss Ihnen sagen, mein Fräulein, daß Ich Gefangener in der Meditationsstube war.«
»Wegen Verletzung der Regeln des Ordens?« versetzte Olympia lachend.
»Weil ich das Trauerspiel Herodes auswendig gelernt habe, mein Fräulein.«
»Ah! Wahrhaftig!«
»Ich entdeckte daß die Stube ein maskiertes Fenster hatte, ich machte dieses frei, und durch das Fenster sah ich. . . Oh! mein Fräulein, was ich durch das Fenster gesehen habe, ist mein Verderben gewesen.«
»Ei! was haben Sie denn gesehen, guter Gott!«
»Ich habe die Procession von Herodes und Marianna gesehen, ich habe gesehen. . . ich habe gesehen, daß Sie Ihren Schleier aufhoben, um Herrn von Mailly zu grüßen, und . . .«
»Und was?« fragte Olympia.
»Und ich habe Sie so schön gefunden, daß ich schwor, Sie am Abend spielen zu sehen.«
Mademoiselle Claire machte eine Grimasse.
»Ah! Wahrhaftig!« versetzte Olympia.
»Ich zerriss also die Tapete der Meditationsstube, ich stieg zum Fenster hinaus, ich lief wie ein Wahnsinniger nach dem Theater, ohne zu bedenken, daß ich kein Geld hatte, um meinen Platz zu bezahlen; plötzlich erblickte ich zwei Jesuiten, welche ins Schauspiel kamen, ich flüchtete mich in den Gang, im Gang begegnete ich Herrn von Champmeslé, der eben entfloh, hinter ihm kamen seine Kameraden, die ihm nachliefen; da ich der Einzige war, der bestimmte Auskunft geben konnte, so schleppte man mich ins Foyer; dort sagte ich, erzählte ich Alles; Sie traten ein, ich sah Sie in Verzweiflung darüber, daß die Vorstellung nicht stattfinden konnte, ich fand Sie noch schöner, als bei der Procession. Ihre Verzweiflung zerriss mir die Seele, ich vergaß Alles im Angesicht Ihrer strahlenden Gegenwart; ich sagte, es ist wahr, ich«erde mich ins Verderben stürzen, doch es wird keine Träne aus diesen schönen Augen fallen, und ich habe mich ins Verderben gestürzt, mein Fräulein. So ist es!«
»Oh! die Schlange!« murmelte Mademoiselle Claire.
»Wahrhaftig,« erwiderte Olympia mit bewegter Stimme, »Wahrhaftig, so ist die Sache gegangen?«
»Oh! bei meiner Ehre, mein Fräulein.«
Man hörte etwas wie einen Seufzer jenseits der Thür.
»Nun,« versetzte Mademoiselle Claire, sich in das Gespräch mischend, »mir scheint, die Dinge stehen nicht so verzweifelt, als Herr Banniére sagt.«
»Oh! sehr verzweifelt, Mademoiselle Claire,« entgegnete Banniére, »Ich schwöre Ihnen, sehr verzweifelt.
»Erklären Sie sich,« fragte Olympia.
»Herr Banniére ist durch ein Fenster weggegangen.«
»Ja,« sagte Banniére.
»Es war Nacht, als Herr Banniére wegging.«
»Beinahe Nacht.«
»Man wird seine Flucht noch nicht bemerkt haben.«
»Das ist wahrscheinlich.«
»Wohl denn! er kehre durch dasselbe Fenster, durch welches er weggegangen ist, in das Kloster zurück.«
»Im Ganzen, ja,« vorsetzte Olympia, »er kehre durch dasselbe Fenster ins Kloster zurück.«
Und man hörte etwas wie einen zweiten Seufzer.
»Darin liegt gerade die Unmöglichkeit,« sagte Banniére.
»Die Unmöglichkeit?« fragte lebhaft Olympia; »sprechen Sie, wie so?«
»Dieses Fenster ist sehr hoch.«
»Man wird eine Leiter finden,« rief Mademoiselle Claire.
»Eine Leiter, wo dies?« fragte Olympia.
»Oh! und dann müsste diese Leiter sehr lang sein,« rief Banniére.
»Wir haben eine sehr lange im Garten,« erwiderte Mademoiselle Claire.
»Sie müsste wenigstens dreißig Fuß lang sein,« sagte Banniére.
»Oh! das ist sie wohl.«
»Ja,« versetzte Banniére, »doch man müsste wenigstens zwei Männer haben, um eine Leiter von dreißig Fuß zu tragen, aufzurichten und zu halten.«
Mademoiselle Claire fand keine Antwort aus dieses Argument.
Eine ähnliche Stille, aber von anderer Natur, trat in dem rosenfarbigen Zimmer ein.
Dann, nach einem Augenblick, sagte Olympia:
»In der Tat, mir scheint es sehr schwierig, daß Sie durch das Fenster zurückkehren, da das Fenster so hoch ist.«
»Oh! noch höher, als ich gesagt habe,« rief Banniére.
»Was ist dann zu machen?« versetzte Olympia.
»Mein Fräulein,« sprach Banniére, »ich hoffe, Sie haben nicht den Mut, mich, nachdem Sie mir einen Augenblick Asyl gegönnt, aus Ihrem Hause hinauszustoßen und mich außen der Ungunst der Witterung und dem Zorn der Jesuiten preiszugeben.«
»Herr Banniére kann doch nicht hier bleiben, da dies mein Zimmer ist,« sagte mit empfindlichem Tone Mademoiselle Claire.
»Sie haben Beide Recht,« sprach Olympia, die Thür ihres Zimmers öffnend, »Sie haben Recht, Mademoiselle Claire, führen Sie den Herrn in mein Ankleidezimmer.«
Und während sie diese Worte sprach, bezeichnete sie mit der Hand auf der Andern Seite des Zimmers eine Thür parallel mit der, welche zu Mademoiselle Claire ging.
»Es ist dort ein Canapee,« fügte sie bei, »und eine Nacht vergeht bald, wenn es halb vier Uhr Morgens im Monat Mai ist.«
Mademoiselle Claire hatte keine Einwendungen zu machen; die gebieterische, sogar königliche Gebärde, welche das letzte Wort begleitet hatte, ließ keine Erwiderung zu. Statt Mademoiselle Claire zu folgen, schritt ihr überdies Banniére diesmal voran.
Er ging leicht, trat kaum aus den Teppich, verbeugte sich vor der schönen Fee, die seit einem halben Tage einen andern Menschen aus ihm machte, und verschwand im Ankleidecabinet.
Mademoiselle Claire folgte ihm, und als sie an der Thür war, fragte sie:
»Was ist nun zu tun. Madame?«
«Schieben Sie den Riegel auf meiner Seite vor, und kleiden Sie mich dann aus,« antwortete Olympia. »Ich denke, es ist Zeit.«
Mademoiselle Claire schob den Riegel vor und kehrte zu ihrer Gebieterin zurück, die ihr den Ärmel ihres Pudermantels darbot, damit sie ihr sich auskleiden helfe.
»Aber, Madame,« fragte Claire, während sie am Ärmel des Pudermantels zog, »wenn Herr von Mailly zurückkäme, wie er gesagt hat?«
»Nun! wenn Herr von Mailly zurückkäme?«
»Was werde ich Ihm sagen?«
»Sie werden ihm einfach sagen, was ist,« erwiderte Olympia.
Und sie zog ihren Pudermantel selbst vollends aus und entließ mit einem Winke Mademoiselle Claire; diese entfernte sich mit gesenktem Kopfe und die Gebärde zeichnend, welche sagen wollte:
»Bei meiner Treue! ich begreife es nicht mehr.«