Tausend und Ein Gespenst. Александр Дюма

Tausend und Ein Gespenst - Александр Дюма


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das dauert so fort, bis man die wellenförmige Gebirgskette erschöpft hat, die immer niedriger wird.

      Wenn man aber, nachdem man diese Gebirgskette hinter sich hat, eine Wendung nach Süden macht, dann nimmt die Landschaft wieder das Großartige an, dann erblickt man eine weit höhere Gebirgskette von malerischerer Form, von weit reicherem Ansehen; diese ist ganz mit Wäldern gekrönt, ganz von Bächen durchschnitten; mit im Schatten und dem Wasser entsteht das Leim wieder in der Landschaft; man hört die Glocke einer Einsiedelei; man sieht an der Seite irgend eines Berges sich eine Karavane hinschlängeln. Endlich erblickt man bei den letzten Strahlen der Sonne gleich einer Schaar weißer, an einander gelehnter Vögel die Häuser irgend eines Dorfes, die sich aufgestellt zu haben scheinen, um sich vor irgend einem nächtlichen Angriffe zu bewahren; denn mit dem Leben ist die Gefahr zurückgekehrt, und es sind nicht mehr wie in den ersten Bergen, durch welche man gekommen ist, Schaaren von Bären und von Wölfen, die man fürchten muß, sondern Horden moldauischer Räuber, die man bekämpfen muß,

      Wir näherten uns inzwischen. Zehn Tage des Marsches waren ohne Unfall verflossen. Wir konnten bereits den Gipfel des Berges Pion sehen, der mit dem Haupte diese ganze Riesen-Familie überragt, und auf dessen südlichem Abhange das Kloster Sahastru liegt, wohin ich mich begab. Noch drei Tage, und wir wären angekommen.

      Es war gegen das Ende des Monats Juli, der Tag war glühend heiß gewesen, und mit einem Entzücken ohne Gleichen hatten wir gegen vier Uhr angefangen, die erste Frische des Abends einzuathmen. Wir waren an den verfallenen Thürmen von Niantzo vorüber gekommen. Wir gingen nach einer Ebene hinab, welche wir durch die Oeffnung des Gebirges zu erblicken begannen. Von dem Orte aus, wo wir uns befanden, konnten wir bereits mit dm Augen den Lauf der Bistriza mit buntscheckigen Ufern von rothen Wasserblumen und großen weißen Glockenblumen folgen. Wir gingen an einem Abgrunde hin, in dessen Tiefe der Fluß rollte, der dort nur erst ein Waldstrom war. Unsere Pferds hatten kaum Raum genug, um neben einander zu gehen.

      Unser Führer ritt uns voraus, indem er auf seinem Pferde lag und ein morlachisches Lied von monotoner Melodie sang, dessen Worten ich mit außerordentlicher Theilnahme folgte.

      Der Sänger war zugleich der Dichter. Was die Melodie anbelangt, so müßte man einer jener Gebirgsbewohner sein, um sie in ihrer ganzen wilden Traurigkeit, in ihrer ganzen traurigen Einfachheit zu wiederholen.

      Hier sind die Worte davon:

      Dans le marais de Stavila

      Oùtant de sang guerrier coula,

      Voyez-voas ce cadavre là!

      Ce n'est point un fils d’lllyrie;

      C'est un brigand plein de furie

      Qui, trompant la douce Marie,

      Extermina, trompa, brûla.

      Une balle au cueur du brigand

      A passé comme l'ouragan.

      Dans sa gorge est un yatagan.

      Mais depuis trois jours, ô mystére,

      Sous le pin morne et solitaire,

      Son sang tiède abreuve la terre

      Et noircit le pâle Ovigan.

      Ses yeux bleus pour jamais out lui,

      Fuyons tous, malbeur à celui

      Qui passe au morais près de lui

      C'est un vampire! Le loup fauve

      Loin da caduvre impur se sauve,

      Et sur la montagne au front chauve,

      Le funèbre vautour a fui.2

      Plötzlich knallte ein Schuß, eine Kugel pfiff. Das Lied wurde unterbrochen, und der tödtlich getroffene Führer rollte in die Tiefe des Abgrundes, während sein Pferd schaudernd stehen blieb, indem es seinen verständigen Kopf nach der Tiefe des Schlundes ausstreckte, in welchem sein Herr verschwunden war.

      Zu gleicher Zeit erhob sich lautes Geschrei, und wir sahen an der Seite des Berges sich ohngefähr dreißig Räuber ausrichten; wir waren gänzlich umringt.

      Jeder ergriff seine Waffen, und obgleich unversehens überfallen, ließen sich doch die, welche mich begleiteten, und alte an das Feuer gewöhnte Soldaten waren, nicht einschüchtern und leisteten Widerstand; – ich selbst ergriff eine Pistole, indem ich das Beispiel gab, und da ich den Nachtheil der Stellung fühlte, so rief ich aus: Vorwärts! – und gab meinem Pferde die Sporn, das in der Richtung der Ebene davon sprengte.

      Aber wir hatten mit Gebirgsbewohnern zu thun, welche wie wahre Dämonen der Abgründe von Felsen zu Felsen sprangen, indem sie im Springen schossen und immer auf unserer Seite die Stellung behielten, die sie eingenommen hatten.

      Außerdem war unser Manöver vorausgesehen worden. – An einem Orte, wo der Weg breiter wurde, wo der Berg eine Hochebene bildete, – erwartete uns ein junger Mann an der Spitze von ungefähr zehn Leuten zu Pferde; als sie uns erblickten, setzten sie ihre Pferde in Galopp und griffen uns von vorn an, während die, welche uns verfolgten, sich von der Seite des Berges herabrollen ließen und uns von allen Seiten umringten, nachdem sie uns den Rückzug abgeschnitten hatten.

      Die Lage war gefährlich, indessen seit meiner Kindheit an Kriegsauftritte gewöhnt, konnte ich sie in's Auge fassen, ohne einen Umstand davon zu verlieren.

      Alle diese in Schaaffelle gekleideten Männer trugen ungeheure, wie die der Ungarn mit Blumen bekränzte runde Hüte. Sie hatten jeder eine lange türkische Flinte in der Hand, welche sie unter grimmigem Geschrei schwenkten, nachdem sie geschossen hatten, und trugen in dem Gürtel einen krummen Säbel und ein Paar Pistolen.

      Was ihren Hauptmann anbelangt, so war er ein junger Mann von kaum zwei und zwanzig Jahren, von bleicher Gesichtsfarbe, mit schwarzen Augen und mit in Locken auf seine Schultern herabfallenden langen Haaren, Sein Kostüm bestand aus dem mit Pelzwerk besetzten moldauischen Rocke, der über den Hüften mit einer Schärpe von goldenen und seidenen Streifen zusammengezogen war. Ein krummer Säbel glänzte in seiner Hand und vier Pistolen funkelten in seinem Gürtel. Während des Kampfes stieß er heisere und undeutliche Rufe aus, welche der menschlichen Sprache nicht anzugehören schienen, die indessen seinen Willen ausdrückten, denn seine Leute gehorchten auf diese Rufe, indem sie sich auf den flachen Leib warfen, um dem Schießen unserer Soldaten auszuweichen, wieder aufstanden, um gleichfalls Feuer zu geben, die niederschossen, welche noch standen, die Verwundeten vollends tödteten, und endlich den Kampf in ein Gemetzel verwandelten.

      Ich hatte zwei Drittel meiner Vertheidiger nach einander fallen sehen. Vier blieben noch aufrecht, indem sie sich um mich drängten, – keine Gnade verlangten, die sie gewiß waren nicht zu erlangen, und nur an Eines dachten, nämlich ihr Leben so theuer als möglich zu verkaufen.

      Nun stieß der junge Hauptmann einen weit ausdrucksvolleren Ruf als die früheren aus, indem er die Spitze seines Säbels nach uns ausstreckte. Ohne Zweifel war das der Befehl, diese letzte Gruppe in einen Feuerkreis einzuhüllen und uns Alle mit einander zu erschießen, – denn die langen moldauischen Flinten senkten sich mit ein und derselben Bewegung. Ich sah ein, daß unsere letzte Stunde gekommen wäre. – Ich erhob die Augen und die Hände mit einem letzten Gebete gen Himmel und erwartete den Tod.

      In diesem Augenblicke sah ich, nicht herabschreiten, sondern herabstürzen, von Felsen zu Felsen springen, einen jungen Mann, der auf einem Steine stehen blieb, welcher diesen ganzen Auftritt überragte, und der gleich einer Statue auf einem Fußgestelle, die Hand über das Schlachtfeld ausstreckte und nur das einzige Wort aussprach:

      – Genug!

      Bei dieser Stimme erhoben sich Aller Augen, jeder schien diesem neuen Herrn zu gehorchen. Ein einziger Räuber legte sein Gewehr wieder an seine Schulter und feuerte es ab.

      Einer unserer Leute stieß einen Schrei aus, die Kugel hatte ihm den linken Arm zerschmettert.

      Er wandte sich sogleich um, um über den Mann herzufallen, der ihn verwundet hatte, aber bevor sein Pferd vier Schritte getan, leuchtete ein Blitz über uns, und der widerspänstige Räuber rollte mit von einer Kugel zerschmettertem Kopfe zu Boden.

      So


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<p>2</p> Seht Ihr in dem Sumpfe von Skavila, wo dasBlut so vieler Krieger floß, diese Leiche da! Es ist keinSohn Illyriens; es ist ein Räuber voller Grimm, der,indem er diese sanfte Maria betrog, singend und brennend wüthete.Eine Kugel in dem Herzen des Räubers,ist wie der Orkan vorübergezogen.In seiner Gurgel steckt ein türkischer Säbel.Aber seit drei Tagen, welches Geheimniß,tränkt unter der dunkeln und einsamen Fichtesein laues Blut die Erdeund schwärzt den bleichen Ovigan.Seine blauen Augen haben für immer geleuchtet,laßt uns Alle fliehen, wehe dem,der in dem Moraste an ihm vorüberkömmt,er ist ein Vampyr! Der grimmige Wolfflieht fern von der unreinen Leiche,und auf dem Berge mit kahler Stirn entflieht der grausige Geier.