Deportiert auf Lebenszeit. Marcus Andrew Hislop Clarke
scharfe Schneide, welche endlich den mächtigen Eichblock der Regierungs-Protektion in Dreidecker und Linienschiffe ; zerschnitt, welche gute Dienste thaten unter Pellew, Parker, Nelson und Hood. Weiter breitete Devine seine Thätigkeit aus und gelangte in die ungeheuren Docks zu Plymouth, Portsmouth und Sheerneß und die Früchte seiner Arbeit schiffte er in Gestalt von zahllosen Tonnen sinnigen Schweinefleisches und madigen Zwiebackes ein.
Der einzige Zweck des rohen, arbeitenden, hartköpfigen Sohnes von Dick Devine war, Geld zu machen. Er hatte zusammengekratzt und gescharrt, hatte gestrebt und sich geplagt, hatte den Staub geleckt von den Schuhen der großen Männer und sich in den Vorzimmern der Vornehmen herumgedrückt. Nichts war ihm zu niedrig, nichts war ihm zu hoch. Ein scharfer Geschäftsmann, ein vollendeter Meister in seinem Gewerbe, wenig beunruhigt von Bedenken der Ehre oder des Zartgefühls, machte er rasch Geld und sparte es, so wie er es gewann. Der erste Wink, der über seinen Reichthum in die Oeffentlichkeit drang wurde im Jahre 1796 gegeben, als es hieß, daß ein Mr. Devine, einer der Schiffscontraktoren der Regierung, ein verhältnißmäßig junger Mann von etwa vierundvierzig Jahren, fünftausend Pfund für die patriotische Anleihe unterschrieben hatte, welche erhoben wurde, um den französischen Krieg fortzusetzen. Im Jahre 1805, nachdem er gute und wie es hieß, nicht unvortheilhafte Dienste in dem Prozeß des Lord Melville, des Schatzkanzlers der Marine, geleistet hatte, verheiratete er seine Schwester an einen reichen Kaufmann von Bristol, einen gewissen Anthony Frere, und sich selbst verband er mit Ellinor Wade, der ältesten Tochter des Oberst Wotton Wade, eines Gefährten des Regenten und eines Onkels (durch Heirath) des als Verschwender und Gecken bekannten Lord Bellasis. Zu jener Zeit durch glückliche Spekulationen in Papieren, man flüsterte auch etwas von geheimen Nachrichten aus Frankreich während der stürmischen Jahre 13, 14 und 15 und durch rechtlichen Gewinn aus seinen Contrakten mit der Regierung, hatte er ein fürstliches Vermögen gesammelt und konnte in fürstlicher Pracht leben. Aber der alte Seemannsgeiz konnte nicht wieder so leicht abgeschüttelt werden und die einzige Art, wie er seinen Reichthum zeigte, war, daß er, als er geadelt war, das große aber behagliche Haus in Hampstead kaufte und sich öffentlich von den Geschäften zurückzog.
Seine Zurückgezogenheit war keine glückliche. Er war ein strenger Vater und ein eiserner Herr. Seine Diener haßten ihn und seine Frau fürchtete ihn. Sein einziger Sohn Richard schien des Vaters starren Willen und hochmüthige Art geerbt zu haben. Unter sorgfältiger Leitung und gerechter Hand hätte er wohl zum Guten geführt werden können. Da er aber draußen in der Welt sich selbst überlassen blieb und zu Hause durch das eiserne Joch des väterlichen Willens verbittert war, wurde er leichtsinnig und verschwenderisch. Die Mutter, die arme, schüchterne Ellinor, welche ihrer einzigen Liebe, ihrem Vetter Bellasis rauh entrissen war, versuchte, ihn zu ziehen, aber der eigensinnige Knabe, der zwar eine warme Liebe zu seiner Mutter besaß, wie sie solchen heftigen Naturen oft eigen ist, war nicht zu regieren und nach drei Jahren häuslichen Unfriedens war er auf den Continent gegangen, um dort das leichtfertige Leben fortzusetzen, das in London den geldscharrenden Vater so schwer beleidigt hatte. Darauf hatte Sir Richard nach Maurice Frere geschickt, seiner Schwester Sohn. Abschaffung des Sklavenhandels hatte das Bristol-Haus-Frere gänzlich ruiniert. Sir Richard kaufte seinem Neffen ein Patent in einem Linienregiment und ließ Winke fallen von künftigen Gunstbezeugungen. Diese offene Bevorzugung des Neffen hatte seine empfindliche Frau auf’s Lebhafteste gekränkt. Mit tiefem Schmerz verglich sie die vornehme Großmuth und Verschwendung ihres Vaters mit der genauen Sparsamkeit ihres Mannes. Zwischen den Häusern des Emporkömmlings Devine und des vornehmen Wotton Wade herrschte wenig Liebe. Sir Richard fühlte, daß der feine Edelmann ihn als einen Ritter der Handelsstadt verachtete und er wußte recht gut, daß bei dem Claret und bei den Karten Lord Bellasis und seine Freunde oft das harte Schicksal anklagten, das die schöne Ellinor einem so niedrigen Bräutigam überliefert hatte.
Armigell Esmé Wade, Viscount Bellasis und Wotton, war ein Geschöpf seiner Zeit. Von guter Familie (sein Ahnherr Armigell sollte in Amerika vor Gilbert oder Raleigh gelandet sein), hatte er den Herrensitz Bellasis oder Belsize von einem Sir Esmé Wade geerbt, der seiner Zeit Gesandter der Königin Elisabeth an den König von Spanien in der Angelegenheit des Mendoza gewesen und später Rath Jakobs des Ersten und Befehlshaber des Towers. Dieser Esmé war ein Mann von dunkeln Plänen. Er war es, der für Elisabeth mit Marie von Schottland unterhandelte ; er war es, der aus Cobham das Zeugniß gegen den großen Raleigh herausbrachte. Er wurde reich und seine Schwester (die Wittwe Heinrichs von Kirkhaven, Lord von Hemfleet) heirathete in die Familie der Wottons.
Der Reichthum des Hauses wurde ferner vermehrt durch eine Verbindung ihrer Tochter Sybille mit Marmaduke Wade. Derselbe war ein Lord der Admiralität und ein Patron von Pepys, der in seinem Tagebuche vom 17. Juli 1668 davon spricht, daß er ihn in Belsize besucht habe.
Er wurde im Jahre 1667 unter dem Titel eines Lord Bellasis und Wotton zum Pair erhoben und heirathete in weiter Ehe Anna, Tochter von Philipp Stanhope, zweitem Grasen von Chesterfield. Mit diesem mächtigen Hause verbunden, wuchs und blühte der Familienbaum der Wotton-Wade. Im Jahre 1784 heirathete Philipp, dritter Viscount, die berühmte Schönheit Miß Forvey und es stammte aus dieser Ehe Armigell Esmé, mit dessen Person die Familien-Klugheit ein Ende erreicht zu haben schien. Der vierte Lord Bellasis schien die Kühnheit des Abenteurers Armigell mit den üblen Anlagen des Tower-Kommandanten Esmé zu vereinigen. Kaum war er Herr des Vermögens geworden, so begann er zu würfeln, zu trinken und ausschweifend zu leben, wie immer nur das ausschweifende Jahrhundert es gestatten. Er war der Erste in allen Raufereien und der Bekannteste unter den Berüchtigten des Tages. Horace Walpole führt in einem Briefe an Selwyn von 1785 eine Thatsache an, die hier stehen mag – »Der junge Wade,« sagt er »soll in einer Nacht tausend Guineen an den gemeinsten aller Bourbonen, den Herzog von Chartres, verloren haben und der junge Narr ist noch nicht neunzehn Jahre alt.« Aus der Taube wurde ein Habicht und als Armigell Wade außer seinem Vermögen auch die Hoffnung auf den Besitz der einzigen Frau, die ihn hätte retten können, seiner Cousine Ellinor – verloren hatte, wurde er der unglücklichste aller Sterblichen, ein vornehmer Schuft. Als ihm Kapitain Wade mit seinen dünnen Lippen und kaltem Lächeln erzählte, daß der reiche Schiffbauer Sir Richard Devine eine Verbindung mit seiner schönen, blonden Ellinor begehre, schwor er mit zusammengezogenen Brauen, daß kein Gesetz im Himmel und auf der Erde ihn nun von seiner Verschwender-Laufbahn zurückhalten solle. »Sie haben Ihre Tochter verkauft und mich ruiniert,« sagte er. »Schreiben Sie sich selbst die Folgen davon zu.« Kapitain Wade spottete über seinen zornigen Verwandten. »Sie werden Sir Richards Haus sehr angenehm finden und für einen so erfahrenen Spieler wie Sie ist solch’ ein Haus ein ganzes Einkommen werth.« Lord Bellasis besuchte Sir Richards Haus während des ersten Jahres nach der Heirath seiner Cousine; als aber der Sohn geboren wurde, welcher der Held unsrer Geschichte ist, gab er vor, mit dem Handelsritter Streit gehabt zu haben, fluchte ihm vor dem Regenten und Poins als einem alten, elenden Geizknüppel, der weder würfeln noch trinken könne, wie es einem Edelmanne zukäme und suchte nun von Neuem seine alten, beliebten Plätze auf, stets im Kampfe mit dem Leben.
Im Jahre 1827 war er ein verhärteter, hoffnungsloser alter Mann von sechzig Jahren, gebrochen in seiner Gesundheit – und ruiniert in seinen Verhältnissen. Mit Hilfe von allerlei Toilettenkünsten aber und einigem Muth zeigte er der Welt noch dreist seine Stirn und speiste fröhlich in dem überschuldeten Belsize wie er es früher an der Tafel des Regenten gethan. Von allen Besitzungen des Hauses Wotton-Wade blieb ihm nur noch dies kahle Haus, von keinem Walde mehr umgeben, das er, als Herr, auch nur selten besuchte.
Am Abend des 3. Mai 1827 hatte Viscount Bellasis einem Tauben Wettflug in Hornsey beigewohnt und dem Vorschlage seines jungen Gefährten, Sir Lionel Crofton, eines leichtsinnigen Menschen, dessen Ruf bei den Wettrennen u.s.w. nicht der sicherste war, in die Stadt zu gehen, sich widersetzend, hatte er die Absicht geäußert quer über die Hampstead-Heide nach Belsize zu geben. »Denn,« sagte er, »ich habe eine Verabredung getroffen, bei den Tannen auf der Heide zu sein.«
»Mit einer Frau?« fragte Mr. Crofton.
»Durchaus nicht. Mit einem Prediger.«
»Einem Prediger!«
»Sie staunen. Nun, er ist gerade ordiniert. Ich habe ihn voriges Jahr in Bath getroffen, wohin er von Cambridge in den Ferien gekommen war. Er war so freundlich, einiges Geld an mich zu verlieren.«
»Und nun will er es Seiner Lordschaft aus