Kosmos. Alexander von Humboldt
gewiß einen beträchtlichen Theil ihres Materials nicht den großen Baumstämmen, sondern kleinen Gräsern, Laubkräutern und niedrigen Cryptogamen.
Die Zusammengesellung von Palmen und Coniferen, die wir bereits in dem Steinkohlen-Gebilde bezeichnet haben, geht fort fast durch alle Formationen bis tief in die Tertiär-Periode. In der jetzigen Welt scheinen sie sich eher zu fliehen. Wir haben uns, wenn gleich mit Unrecht, so gewöhnt alle Coniferen als eine nordische Form zu betrachten: daß ich selbst, von den Küsten der Südsee nach Chilpanzingo und den Hochthälern von Mexico aufsteigend, in Erstaunen gerieth, als ich zwischen der Venta de la Moxonera und dem Alto de los Caxones (3800 Fuß über dem Meeresspiegel) einen ganzen Tag durch einen dichten Wald von Pinus occidentalis ritt, in welchem dieser, der Weimuthsfichte so ähnliche Zapfenbaum einer, mit vielfarbigen Papageien bedeckten Fächerpalme Diese Corypha ist die soyate (aztekisch zoyatl) oder Palma dulce der Eingebornen; s. Humboldt und Bonpland, Synopsis Plant. aequinoct. Orbis Novi T. I. p. 302. Ein tiefer Kenner der amerikanischen Sprachen, Professor Buschmann, bemerkt, daß die Palma soyate auch in Yepes Vocabulario de la Lengua Othomi genannt wird und daß das aztekische Wort zoyatl (Molina, Vocabulario en lengua mexicana y castellana p. 25) sich in Ortsnamen Zoyatitlan und Zoyapanco bei Chiapa wiederfindet. (Corypha dulcis) beigesellt war. Südamerika nährt Eichen, aber keine einzige Pinus-Art; und das erste Mal, als ich wieder die heimische Gestalt einer Tanne sah, erschien sie mir in der entfremdenden Nähe einer Fächerpalme. Auch im nordöstlichsten Ende der Insel Cuba Bei Baracoa und Cayos de Moa; s. Tagebuch des Admirals vom 25 und 27 November 1492 und Humboldt, Examen critique de l’hist. de la Géogr. du Nouveau Continent T. II. p. 252 und T. III. p. 23. Columbus ist so aufmerksam auf alle Naturgegenstände, daß er schon und zwar zuerst Podocarpus von Pinus unterscheidet. Ich finde, sagt er: »en la tierra aspera del Cibao pinos que no llevan piñas (Tannenzapfen), pero por tal orden compuestos por naturaleza, que (los frutos) parecen azeytunas del Axarafe de Sevilla.« Der große Pflanzenkenner Richard, als er seine treffliche Abhandlung über Cycadeen und Coniferen herausgab, hatte nicht geahndet, daß vor L’Héritier schon am Ende des 15ten Jahrhunderts Podocarpus von den Abietineen durch einen Seefahrer getrennt worden sei.: ebenfalls unter den Tropen, doch kaum über dem Meeresspiegel erhoben, sah auf seiner ersten Entdeckungsreise Christoph Columbus Coniferen und Palmen zusammen wachsen. Der sinnige, alles beachtende Mann merkt es, als eine Sonderbarkeit, in seinem Reisejournale an; und sein Freund Anghiera, der Secretär Ferdinands des Catholischen, sagt mit Verwundrung, »daß in dem neu aufgefundenen Lande man palmeta und pineta beisammen fände«. Es ist für die Geologie von großem Interesse, die jetzige Vertheilung der Pflanzen auf dem Erdboden mit der zu vergleichen, welche die Floren der Vorwelt offenbaren. Die temperirte Zone der wasser-und inselreichen südlichen Hemisphäre, in welcher Tropenformen sich wunderbar unter die Formen kälterer Erdstriche mischen, bietet nach Darwin’s schönen, lebensfrischen Schilderungen Charles Darwin, Journal of the Voyage of the Adventure and Beagle 1839 p. 271. die belehrendsten Beispiele für alte und neue, vorweltliche und dermalige Pflanzen-Geographie. Die vorweltliche ist im eigentlichen Sinne des Worts ein Theil der Pflanzengeschichte.
Die Cycadeen, welche der Zahl der Arten nach in der Vorwelt eine weit wichtigere Rolle als in der jetzigen spielten, begleiten die ihnen verwandten Coniferen von dem Steinkohlen-Gebilde aufwärts. Sie fehlen fast gänzlich in der Epoche des bunten Sandsteins, in welcher Coniferen von seltener Bildung (Voltzia, Haidingera, Albertia) üppig wachsen; die Cycadeen erlangen aber ihr Maximum in den Keuperschichten und dem Lias, wo an 20 verschiedene Formen auftreten. In der Kreide herrschen Meerespflanzen und Najaden. Die Cycadeen-Wälder der Jura-Formation sind dann längst erschöpft, und selbst in den älteren Tertiär-Gebilden bleiben sie tief hinter den Coniferen und Palmen zurück. Göppert beschreibt noch drei Cycadeen (Arten von Cycadites und Pterophyllum) aus dem Braunkohlen-Schieferthon von Altsattel und Commotau in Böhmen, vielleicht aus der Eocän-Periode (Göppert in der Anm. 320 angeführten Schrift S. 61).
Die Ligniten oder Braunkohlen-Schichten, die in allen Abtheilungen der Tertiär-Periode vorhanden sind, zeigen in den frühesten kryptogamische Landpflanzen, einige Palmen, viel Coniferen mit deutlichen Jahresringen, und Laubhölzer von mehr oder minder tropischem Charakter. In der mittleren tertiären Periode bemerkt man das völlige Zurücktreten der Palmen und Cycadeen, in der letzten endlich eine große Aehnlichkeit mit der gegenwärtigen Flora. Es erscheinen plötzlich und in Fülle unsere Fichten und Tannen, unsere Cupuliferen; Ahorn und Pappeln. Die Dicotylen-Stämme der Braunkohle zeichnen sich bisweilen durch riesenmäßige Dicke und hohes Alter aus. Bei Bonn wurde ein Stamm gefunden, in dem Nöggerath 792 Jahresringe Buckland, Geology p. 509. zählte. Im nördlichen Frankreich bei Yseux (unfern Abbeville) sind im Torfmoor der Somme Eichen von 14 Fuß Durchmesser entdeckt: eine Dicke, die im Alten Continent außerhalb der Wendekreise sehr auffallend ist. Nach Göppert’s gründlichen Untersuchungen, welche hoffentlich bald durch Kupfertafeln erläutert erscheinen werden, »kommt aller baltische Bernstein von einer Conifere, die, wie die vorhandenen Reste des Holzes und der Rinde in verschiedenen Alterszuständen beweisen, unserer Weiß- und Rothtanne am nächsten kam, aber eine eigene Art bildete. Der Bernsteinbaum der Vorwelt (Pinites succifer) hatte einen Harzreichthum, welcher mit dem keiner Conifere der Jetztwelt zu vergleichen ist: da nicht bloß in und auf der Rinde, sondern auch im Holze nach dem Verlauf der Markstrahlen: die, wie die Holzzellen, unter dem Microscope noch deutlich zu erkennen sind, wie peripherisch zwischen den Holzringen große Massen Bernsteinharz, bisweilen weißer und gelber Farbe zugleich, abgelagert sind. Unter den im Bernstein eingeschlossenen Vegetabilien finden sich männliche und weibliche Blüthen von heimischem Nadelholz und Cupuliferen; aber deutliche Fragmente von Wachholder und Tannen gemengt, deuten auf eine Vegetation, welche nicht die unsrer Ostseeküsten und der baltischen Ebene ist.«
In dem geologischen Theile des Naturgemäldes sind wir nun die ganze Reihe der Bildungen von dem ältesten Eruptions-Gestein und den ältesten Sedimentbildungen an bis zu dem Schuttlande durchlaufen, auf welchem die großen Felsblöcke liegen, über deren Verbreitungs-Ursache noch lange gestritten werden wird, die wir aber geneigt sind minder tragenden Eisschollen als dem Durchbruch und Herabsturz zurückgehaltener Wassermassen bei Hebung der Gebirgsketten zuzuschreiben Leopold von Buch in den Abhandl. der Akad. der Wiss. zu Berlin aus den J. 1814–1815 S. 161 und in Poggendorff’s Annalen Bd. IX. S. 575; Élie de Beaumont in den Annales des Sciences Nat. T. XIX. p. 60.. Das älteste Gebilde der Transitions-Formation, das wir kennen gelernt, sind Schiefer und Grauwacke: welche einige Reste von Seetang einschließen aus dem silurischen, einst cambrischen Meere. Worauf ruhte dies sogenannte älteste Gebilde, wenn Gneiß und Glimmerschiefer nur als umgewandelte Sedimentschichten betrachtet werden müssen? Soll man eine Vermuthung wagen über das, was nicht Gegenstand einer wirklichen geognostischen Beobachtung sein kann? Nach einer indischen Urmythe trägt ein Elephant die Erde; er selbst, damit er nicht falle, wird wiederum von einer Riesen-Schildkröte getragen. Worauf die Schildkröte ruhe, ist den gläubigen Brahminen nicht zu fragen erlaubt. Wir wagen uns hier an ein ähnliches Problem, wenn auch mannigfaltigen Tadels der Lösung gewärtig. Bei der ersten Bildung der Planeten, wie wir sie in dem astronomischen Theile des Naturgemäldes wahrscheinlich gemacht, wurden dunstförmige, um die Sonne circulirende Ringe in Kugeln geballt, die von außen nach innen allmälig erstarrten. Was wir die älteren silurischen Schichten nennen, sind nur obere Theile der festen Erdrinde. Das Eruptions-Gestein, das wir diese durchbrechen und heben sehen, steigt aus uns unzugänglicher Tiefe empor; es existirt demnach schon unter den silurischen Schichten: aus derselben Association von Mineralien zusammengesetzt, die wir als Gebirgsarten, da wo sie durch den Ausbruch uns sichtbar werden, Granit, Augitfels oder Quarzporphyr nennen. Auf Analogien gestützt, dürfen wir annehmen, daß das, was weite Spalten gleichsam gangartig ausfüllt und die Sedimentschichten durchbricht, nur Zweige eines unteren Lagers sind. Aus den größten Tiefen wirken die noch thätigen Vulkane; und nach den seltenen Fragmenten zu urtheilen, die ich in sehr verschiedenen Erdstrichen in den Lavaströmen habe eingeschlossen gefunden, halte auch ich es für mehr als wahrscheinlich, daß ein uranfängliches Granitgestein die Unterlage Vergl. Élie de Beaumont, descr. géol. de la France T. I. p. 65; Beudant, Géologie 1844 p. 209. des großen, mit so vielen organischen Resten angefüllten Schichtenbaues sei. Wenn olivinführende Basalte sich erst in der Kreide-Epoche, Trachyte noch