Perry Rhodan Neo 85: Das Licht von Terrania. Oliver Plaschka
erwartet hatte, und die engen Begrenzungen seines Quartiers bald sprengen würde. Er musste sich dringend mit den Plänen für die erste Welle von Umsiedlungen befassen.
Jemmico dagegen ließ nicht erkennen, ob ihn der exotische Wald, der das oberste Stockwerk des Khasurnstiels erobert hatte, beeindruckte oder langweilte. Sein eigenes Büro im Stardust Tower, sofern er es überhaupt benutzte, war ein schlichtes, aufgeräumtes Zimmer, das Satrak als deprimierend steril empfand, dem Geschmack des Celista jedoch zu entsprechen schien. Dieselbe unterkühlte Sparsamkeit prägte seine ganze Erscheinung: das kurze Haar, der unscheinbare graue Anzug, die reservierte Körpersprache. All das machte einem klar, dass man von Jemmico nichts zu erwarten hatte. Man gab dem Koordinator für Sicherheit – aber man sollte nie darauf vertrauen, etwas zurückzuerhalten.
Satrak musste ihn erst mal aus der Reserve locken, Jemmico eröffnete von sich aus kein Gespräch. »Wie ich sehe, sind Sie wieder zurück. Wie war Frankreich?«
Wenn es den Koordinator überraschte, dass der Fürsorger über seine Dienstreisen informiert war, dann verriet er es nicht. »Grüner als hier. Es würde Ihnen gefallen.«
Aber natürlich. Und weil es so schön war, hatte er auch gleich den jungen Rilash ter Isom und den Ara Phiaster mitgenommen. Es war Satrak nicht entgangen, dass der Celista sich die letzten Wochen zunehmend mit einem eigenen Stab von Vertrauten umgab. Was hatte er vor?
»Nun sagen Sie schon, weshalb Sie mich so dringend zu sprechen wünschen. Sicher haben Sie mich nicht nur aufgesucht, um die frische Luft zu genießen.« Satrak atmete tief durch, um seinen Punkt zu unterstreichen.
Doch Jemmico reagierte nicht auf den Scherz. Wie üblich stellte er nicht einmal Blickkontakt her, sondern sah beim Gehen auf seine Stiefel, die knirschend durch den Kies des Weges stapften. Die Hände hatte er ruhig hinter dem Rücken verschränkt.
»Wir haben Quiniu Soptor gefasst«, sagte er im Plauderton und hielt vor einer prächtigen Blütenähre, die an der Spitze einer Buckellanze wippte. Einen Moment lang zuckte Jemmicos Nasenflügel, und trotz seiner Aufregung wartete Satrak gebannt, ob der steife Celista tatsächlich niesen würde. Jemmico aber unterdrückte den Reiz und schlenderte weiter.
»Quiniu Soptor? Von der AETRON?« Satrak hatte die Dateien der Besatzungsmitglieder des zerstörten Forschungskreuzers mehr als einmal studiert, und die Halbarkonidin war eine der prominenteren Besatzungsmitglieder gewesen. Der Fürsorger konnte sich lebhaft vorstellen, dass es die Targelonerin nicht leicht an Bord gehabt hatte. Und die Vorstellung, dass sie noch am Leben war, elektrisierte ihn.
»Ganz recht. Sie hielt sich unter den Menschen versteckt.«
»Aber ... das ist eine Sensation! Ich hätte nie damit gerechnet, dass noch eine ...« Fast hätte er sich verraten. »Dass noch eins der Besatzungsmitglieder am Leben ist«, rettete er den Satz. »Wir dachten, sie wären alle auf dem Mond ums Leben gekommen.«
»Außer Thora und Crest da Zoltral«, sagte Jemmico und schaute ihn einen winzigen Moment lang fragend an.
»Selbstverständlich. Ich meinte mit ›am Leben‹ auch eher ›auffindbar‹. In Gewahrsam.«
»Nun, das ist sie leider nicht mehr.« Der Koordinator räusperte sich. »Sie ging der Terra Police zwar ins Netz, wurde aber kurz darauf von Free Earth wieder befreit, ehe sie uns etwas von Interesse verraten hätte. Womit sie wohl abermals als verschollen gilt – ebenso wie die da Zoltrals.«
»Aber ...« Der Fürsorger stockte. »Das ist wirklich sehr ...«
»Bedauerlich, ich weiß. Aber natürlich fahnden wir mit Hochdruck nach ihr und werden sie mit Sicherheit finden. Ich habe die Terra Police weltweit in Alarmbereitschaft versetzt. Und wer weiß – vielleicht sind ja noch weitere Angehörige der AETRON-Besatzung auf der Flucht.«
Wieder der prüfende Seitenblick des älteren Mannes. Satrak erstarrte, dann gab er sich einen Ruck. Er durfte sich seine Aufregung keinesfalls anmerken lassen. Er war erfahren genug, um zu erkennen, dass der Celista ihn austestete wie bei einem Verhör. Selbst wenn er Satraks Blicken auswich, Jemmico registrierte jede Kleinigkeit. Und dieses Verhalten ließ nur den Schluss zu, dass er einen Verdacht gegen ihn hegte.
Hatte er sich unwillkürlich schon verraten? Was genau hatte Chetzkel dem Celista bei ihrer Unterredung berichtet? Was wusste die Schlange, und was wusste Jemmico?
»Ich danke Ihnen, dass Sie mich über Ihre Fortschritte informiert haben, auch wenn es sich bis jetzt nur um einen Teilerfolg handelt. Ich würde vorschlagen, dass Sie sich umgehend wieder an die Arbeit machen.«
Der Koordinator nahm Dank, Kritik und Vorschlag gleichermaßen zur Kenntnis und nickte. »Wenn Sie mich dann entschuldigen würden.«
»Natürlich. Auf Wiedersehen.«
Ohne weitere Umstände schlug Jemmico zielsicher den Rückweg ein. Satrak wartete am Rande der Illurpflanzung, bis seine feinen Ohren in der Ferne das Geräusch der Tür hörten. Ein leichtes Flirren lag in der Luft, als kämpften Insekten um die Vorherrschaft über das Schilf. Vielleicht sollte er die Umweltkontrollen überprüfen lassen ...
Kaum dass die Tür sich geschlossen hatte, meldete sich Aito bei ihm.
»Der Koordinator hat mehrere Spionagedrohnen hinterlassen«, informierte sie ihn. »Ich habe sie soeben lokalisiert und vernichtet.«
Insekten, von wegen! Es waren also künstliche Störenfriede gewesen.
»Gute Arbeit«, sagte Satrak. Damit hatte sich seine Vermutung bestätigt: Der Celista war ihm auf den Fersen, und er schreckte nicht davor zurück, seine Befugnisse wenn nötig weiter zu dehnen, als ihm zustand.
Wenn Satrak nicht wollte, dass er ihm auf die Schliche kam, dann erhielt er besser rasch ein paar Antworten von seinen Gästen. Sobald Perry Rhodan, Thora da Zoltral oder Reginald Bull seine Neugierde befriedigt hatten, würde er die Imperatrice ganz offiziell über den stolzen Fang in Kenntnis setzen. Ihr Lob würde ihm sicher sein ...
Vielleicht sollte er die Befragung ein wenig beschleunigen. Die Aranash arbeiteten zuverlässig, aber langsam. Schließlich waren sie trotz allem nur Bäume.
»Aito«, sagte er. »Ruf mir Leyle!«
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