Südwärts. Ernest Henry Shackleton
mit allem Nötigen auszurüsten, besonders mit Booten (die uns letztlich gerettet haben), und die nicht nur zu Anfang der Expedition finanzielle Unterstützung geleistet hat, sondern auch in den schweren Zeiten, als wir vermisst wurden und Mittel erforderlich waren, um die Bedürfnisse aller an der Expedition Beteiligten zufriedenzustellen.
Das einzige Privileg, das ein Forschungsreisender als Gegenleistung bieten kann, um sich für die empfangene Hilfe erkenntlich zu zeigen, besteht darin, die entdeckten Landstriche nach jenen zu benennen, denen die Expedition ihr Zustandekommen verdankt.
Aufgrund der dringenden Erfordernisse des Kriegs hat sich die Veröffentlichung dieses Buchs lange hinausgezögert, und die genauen Karten werden in den wissenschaftlichen Monografien Platz finden. Ich habe die Ehre, in den neuen Gebieten die oben genannten Namen und die weiterer großzügiger Förderer der Expedition einzutragen. Die zweihundert Meilen der neuen Küstenlinie heißen Cairdküste. Zudem habe ich, als eine eher persönliche Geste, die drei Beiboote, in denen wir am Ende dem Griff des Eises entkamen, nach den Hauptfinanziers der Expedition benannt: die James Caird, die Stancomb Wills und die Dudley Docker. Die beiden Letztgenannten liegen noch immer auf der verlassenen sandigen Landzunge von Elephant Island, wo zweiundzwanzig meiner Kameraden in ihrem Schutz viereinhalb Monate um ihr nacktes Leben kämpften.
Die James Caird befindet sich jetzt in Liverpool. Sie wurde nach ihrer abenteuerlichen Fahrt durch antarktische Gewässer aus Südgeorgien wieder in die Heimat überführt.
Die meisten öffentlichen Schulen Englands und Schottlands haben der Expedition geholfen, die Hundegespanne zu erwerben, so habe ich nach jeder Schule einen Hund benannt. Abgesehen von diesen besonderen Spenden möchte ich erneut all den vielen anderen Menschen danken, die uns geholfen haben.
So schritten nun die Ausrüstung und die Organisation voran. Ich kaufte die Aurora von Sir Douglas Mawson und arrangierte für Mackintosh eine Reise nach Australien, um sie zu übernehmen. Wir schickten von hier Schlitten, Ausrüstung und die meisten Vorräte dorthin, wohingegen wir bei der Kohle und bestimmten anderen Notwendigkeiten ein wenig auf die Sympathie und Hilfe Australiens und Neuseelands angewiesen waren, wohl wissend, dass diese beiden Länder schon zuvor die Erforschung dessen, was man ihr Hinterland nennen könnte, stets freigebig unterstützt hatten.
Gegen Ende Juli war alles bereit, als plötzlich dunkle Kriegswolken über Europa aufzogen.
Es war vorgesehen, dass die Endurance nach Cowes segeln sollte, um von Seiner Majestät9 am Montag der Cowes Week10 inspiziert zu werden. Doch am Freitag erhielt ich die Nachricht, der König werde nicht nach Cowes kommen. Meine Leser werden sich erinnern, wie plötzlich die Kriegsgefahr heraufzog. Natürlich waren sowohl meine Kameraden als auch ich höchst beunruhigt, wie sich diese Gefahr für den Weltfrieden wohl auswirken würde.
Am Freitag, dem 1. August 1914 segelten wir von London los und gingen am Samstag bei Southend vor Anker. Am Sonntagnachmittag versetzte ich das Schiff nach Margate, und während immer schlimmere Gerüchte kursierten, nahm unsere Besorgnis stündlich zu. Montagmorgen ging ich an Land und las in der Morgenzeitung den Befehl zur Generalmobilmachung.
Sofort ging ich an Bord, ließ die gesamte Besatzung antreten und erklärte, ich wolle ein Telegramm an die Admiralität senden und darin dem Land im Falle eines Kriegsausbruchs Schiff, Ausrüstung und – wenn sie einverstanden wären – unsere Dienste anbieten. Alle stimmten ohne Zögern zu, und ich schickte ein Telegramm, mit dem ich der Admiralität alles zur Verfügung stellte. Wir baten nur darum, die Expedition im Falle einer Kriegserklärung als eine Einheit zu betrachten, um sie nicht auseinanderzureißen. Es gab unter uns genügend ausgebildete und erfahrene Leute, um einen Zerstörer zu bemannen. Binnen einer Stunde kabelte die Admiralität lakonisch zurück: »Weitermachen.« Binnen zweier Stunden kam ein längeres Telegramm von Mr. Winston Churchill, in dem er für unser Angebot dankte und mitteilte, die Behörden wünschten, dass die Expedition, die die volle Zustimmung und Unterstützung der Scientific und Geographical Societies hätte, fortgeführt werde.
Also segelte die Endurance gemäß dieser eindeutigen Anweisungen nach Plymouth. Am Dienstag bestellte mich der König zu sich und übergab mir den Union Jack für die Expedition. Noch am selben Tag brach um Mitternacht der Krieg aus. Am folgenden Samstag, dem 8. August, stach die Endurance von Plymouth aus auf direkten Befehl der Admiralität in See. Ich gehe deshalb so ausführlich auf diese Phase der Expedition ein, weil es kritische Stimmen gab, dass die Expedition zu diesem Zeitpunkt das Land verließ. In Hinblick darauf möchte ich noch hinzufügen, dass die Vorbereitungen der Expedition sich über ein ganzes Jahr hingezogen hatten und große Summen Geld ausgegeben worden waren. Wir boten an, die Expedition abzubrechen, ohne auch nur bei unseren Finanziers nachzufragen, und kaum jemand ahnte, dass der Krieg fünf Jahre lang dauern und die ganze Welt hineinziehen würde. Die Expedition begab sich nicht auf eine friedliche Kreuzfahrt zu den Südseeinseln, sondern auf eine höchst gefahrvolle, schwierige und mühselige Unternehmung, bei der fast unweigerlich mit einem gewissen Verlust an Menschenleben zu rechnen war. Und abschließend sei gesagt, dass praktisch alle Teilnehmer der Expedition, die unversehrt aus den Gefahren der Antarktis zurückgekehrt waren, ihren Platz auf dem Schlachtfeld einnahmen, und der Anteil der Gefallenen unter ihnen ist hoch.
Die Überfahrt nach Buenos Aires verlief ohne Zwischenfälle. Am 26. Oktober segelten wir von dort weiter nach Südgeorgien, den südlichsten Außenposten des britischen Empires. Hier waren wir einen Monat lang mit abschließenden Vorbereitungen beschäftigt. Vom Krieg hörten wir zum letzten Mal, als wir Buenos Aires verließen. Da rollte gerade die russische Dampfwalze heran. Viele meinten, der Krieg würde innerhalb von sechs Monaten zu Ende sein. Und so brachen wir auf, nicht ohne Bedauern, dass wir nicht dort unsere Plätze einnehmen konnten, doch in der Gewissheit, dass wir an einem entbehrungsreichen Feldzug zur Ehre unseres Landes teilnahmen.
Neben den Privatleuten und Gesellschaften möchte ich hier in großer Dankbarkeit die Unterstützung erwähnen, die seitens der Regierungen Neuseelands und Australiens zu Beginn der Rossmeerexpedition gewährt wurde. Den Menschen in Neuseeland und ihrer Regierung gebührt mein größter Dank für ihre fortwährende Hilfe, die während der dunklen Tage vor der Errettung der Rossmeergruppe von unschätzbarem Wert gewesen war.
Bei Mr. James Allen (stellvertretender Premier), dem verstorbenen Mr. McNab (Marineminister), Mr. Leonard Tripp, Mr. Mabin, Mr. Toogood und vielen anderen stehe ich in einer Schuld, die nie beglichen werden kann.
Dies ist für mich auch die Gelegenheit, der Regierung von Uruguay für ihre großzügige Unterstützung zu danken, als sie den Regierungstrawler Instituto de Pesca für den zweiten Rettungsversuch meiner Männer auf Elephant Island zur Verfügung stellte.
Schließlich war es die chilenische Regierung, die direkt für die Rettung meiner Kameraden verantwortlich war. Diese Republik im Süden zeigte sich unermüdlich in ihren Bemühungen, eine erfolgreiche Rettung durchzuführen. Ihnen gilt die Dankbarkeit unserer gesamten Expedition. Besonders erwähnen möchte ich die teilnahmsvolle Haltung von Admiral Muñoz Hurtado, dem Oberbefehlshaber der chilenischen Marine, und Kapitän Luis Pardo, den Kommandanten der Yelcho auf unserer letzten und erfolgreichen Bergungsfahrt.
Sir Daniel Gooch begleitete uns bis Südgeorgien. Ihm gebührt mein besonderer Dank für seine Hilfe mit den Hunden. Wir alle haben seine fröhliche Gesellschaft vermisst, als wir Richtung Süden segelten.
Ernest Henry Shackleton
1Meilen: Die englische Meile beträgt 1,609 km, die nautische Meile (Seemeile) 1,852 km.
2Weddellmeer: Die deutsche Schreibweise der Toponyme orientiert sich an Karten der National Geographic Society.
3Inklination: Durch die vertikale Anziehungskraft des Erdmagnetfelds verursachte Neigung der Kompassnadel, kann zu fehlerhaften Anzeigen der Himmelsrichtung führen.
4Barkentine: