Karin Bucha Staffel 2 – Liebesroman. Karin Bucha
einkaufen, damit sie mit dir heimfahren kann. Ich bleibe hier. Sie schwärmt da von einem fremden Mann, den muß ich mir ansehen. Hast du mich verstanden?«
»Nicht alles, Tante Pat, aber selbstverständlich begleite ich dich, und ich bringe Monika sicher heim.«
»Gut, Klaus-Dieter!« Über den Tisch hinweg drückt sie seine Hand. »Nimm das nicht so tragisch mit dem fremden Mann. Monika ist so jung und unerfahren. Sie liebt dich und wird schnell zur Besinnung kommen. Überhaupt bist du viel zu nachsichtig ihr gegenüber. Du mußt den Mann herauskehren. Du liebst sie doch – oder?«
»Mehr als mein Leben«, beteuert er ernsthaft, und sie lächelt ihm zu.
Nach einer Stunde betritt Patricia mit einem Paket Monikas Zimmer. Sie findet das junge Mädchen in Tränen aufgelöst.
»Aber Monika, nun hör endlich auf!« fährt sie das Mädchen an. »Du wirst doch nicht etwa glauben, daß dieser Faschingsprinz es ernst mit dir meint?«
»Aber – aber – ich liebe ihn doch«, kommt es kleinlaut und stotternd aus den Kissen.
»Unsinn«, verweist Patricia sie streng. »Du liebst Klaus-Dieter, mach dir doch selbst nichts vor. Im Fasching verwandelt sich alles, glaube mir, die Wirklichkeit sieht nachher ganz anders aus. Überdies habe ich dein Versprechen, daß du mit Klaus-Dieter heimfährst.«
*
Am Abend hat das Hotel sein Aussehen völlig verändert. Überall bewegen sich zwangslos elegante Masken, auch Damen in kostbaren Abendkleidern, dazwischen die Herren im Frack.
Patricia hat sich mit aller Sorgfalt zurechtgemacht. Ihr Spiegel wirft das Bild einer wunderschönen Frau zurück. Es ist, als sei die Zeit stehengeblieben.
Sie hat sich im Speisesaal einen Tisch reservieren lassen.
Donald hat bereits an dem für ihn bestimmten Tisch Platz genommen. Er wartet auf Monika und läßt den Eingang nicht aus dem Auge.
Er nimmt kaum etwas von seiner Umgebung wahr. Alles verschwimmt vor seinen Augen. Das Glück hat ihn gestern noch einmal berührt in Gestalt eines jungen, bildhübschen Mädchens.
Kaum hat er den Gedanken zu Ende gedacht, als es wie ein Ruck durch seinen Körper geht. Die Zigeunerin ist eingetreten.
Donald springt auf, geht zu der Erwarteten.
»Moni!« Seine Augen weiten sich vor Überraschung. Beide Hände streckt er aus. »Patricia, wunderschöne Patricia«, flüstert er. Er legt den Arm um die Frau, nach der er sich Jahre gesehnt hat, und führt sie zu seinem Tisch.
Er blickt sie unverwandt an. Keine Frau kommt Patricia gleich. Sie ist noch schöner geworden. Die frauliche Reife kleidet sie großartig. Da ist es wieder, das schmale, geliebte Antlitz mit den nachtdunklen, verträumten Augen und dem süßen Mund.
»Patricia!« flüstert er erschüttert und greift nach ihrer Hand, um seinen Mund darauf zu drücken. Bestürzt läßt er sie fallen. »Du – du bist verheiratet?«
Sie betrachtet ihn schweigend. Glücklich sieht er nicht aus. Alles hat sie vergessen, die Jahre heimlicher Sehnsucht, ihre Ehe, sogar Monika ist meilenweit von ihr entfernt. Sie sitzt dem Mann gegenüber, dem immer ihr Herz gehört hat.
»Ja«, sagt sie in das bedrückende Schweigen hinein.
»Und – bist du glücklich?«
Sie entzieht ihm ihre Hand und dreht gedankenvoll den Ring an ihrem Finger.
»Ich – ich weiß es nicht«, flüstert sie.
»Also nicht«, sagt er entschieden. Da hebt sie das Haupt mit dem schwarzglänzenden Haar und richtet die schimmernden Augen fest auf ihn.
»Ich habe einen guten Mann, einen Mann, bei dem sich eine Frau geborgen fühlen kann.«
Ein bitteres Lächeln steht in seinen Mundwinkeln.
»Ach, Patricia, wenn du wüßtest. Ist Geborgenheit allein Glück? Gehört nicht mehr dazu?«
»Vielleicht«, sie zuckt mit den Schultern. »Man gewöhnt sich an alles, Donald.«
»Patricia.« Seine Stimme hat einen flehenden Klang. »Ich liebe dich. Ich liebe dich genauso wie vor zehn Jahren.« Und als sie schweigt und ihn nur groß ansieht, setzt er drängend hinzu: »Es ist die reine Wahrheit. Ich habe dich damals gesucht, selbst durch die Zeitungen. Ich mußte abreisen, ohne dich gefunden zu haben. Aber jetzt bleiben wir für immer zusammen.«
»Du vergißt, daß ich verheiratet bin«, sagt sie traurig.
»Patricia«, beschwört er sie. »Du bist nicht glücklich. Ich sehe es dir an. Du wirst dich freimachen, hörst du, freimachen für mich. Wenn du willst, rede ich selbst mit deinem Gatten.«
Patricia streicht sich über die heiße Stirn.
»Laß uns den Abend genießen – wie damals, Donald. Wir sprechen später noch einmal darüber. Ja?«
Daraufhin küßt er ihre Hand, lange und innig, und sehnt sich dabei nach ihrem Mund.
Sie nehmen ein vorzügliches Abendessen ein, genau wie damals. Sie trinken Sekt und tanzen. Kaum einen Tanz lassen sie aus. Sie sind fröhlich und unbeschwert. Die vergangenen Jahre sind in der Versenkung verschwunden. Sie leben beide nur der Gegenwart und sind wie von einem Taumel ergriffen.
»Patricia«, flüstert er in ihr duftendes tiefschwarzes Haar hinein. Sie spürt, wie seine Lippen leicht darüber hin gleiten. Sie schmiegt sich in seinen Arm, fühlt ihr Blut rascher kreisen, ihre Pulse hämmern.
Sie unterhalten sich in den kurzen Tanzpausen von allem möglichem, nur nicht von dem, was gewesen war.
Die Zeiger der Uhr rücken vorwärts. Als Mitternacht angebrochen ist, hebt sie das Glas und sagt mit weichem Lächeln:
»Prosit, Donald!«
»Prosit, Patricia, wunderschöne Patricia!«
Sie hat ihm eigentlich sagen wollen, daß ihr Geburtstag angebrochen ist, doch sie unterläßt es. Dann wird er sie festhalten, wird sie vielleicht mit einem neuen Geschenk überraschen, wie er es mit den wunderbaren dunkelroten Rosen getan hat, die er der Blumenverkäuferin abgenommen und ihr, genau wie damals, in die Arme gelegt hat.
»Patricia«, nimmt er das Gespräch auf. »Jetzt müssen wir Klarheit schaffen. Willst du zu mir kommen, als meine Frau? Es gibt doch sicherlich Gründe für eine Scheidung.«
Entsetzt sind ihre Augen auf ihn gerichtet.
»Ich habe keine Gründe, wirklich nicht«, erwidert sie erregt.
»Dann werde ich mit deinem Gatten sprechen, Patricia. Er muß dich freigeben. Er wird es auch tun, wenn er dich liebt.«
Später sitzt sie neben Donald in dessen Wagen, der leise brummend über die Straßen rollt. Donald bringt sie heim.
Sie lehnt den Kopf an seine Schulter. Stumme Glückseligkeit hat von ihr Besitz ergriffen.
Sie möchte lachen und weinen.
»Und heute vormittag komme ich und spreche mit deinem Gatten«, bricht Donald das beglückende Schweigen, und sie nickt zustimmend.
»Ich weiß nicht, wann er zurück sein wird«, flüstert sie. »Aber versuche es. Und bitte nicht vor elf.«
»Es ist gut, Liebling. Ich werde rechtzeitig da sein.«
*
Während Patricia noch beim Tanz in Donalds Armen lag, betrat Peter Bendler, gefolgt von Gottfried, beide bepackt mit Paketen, sein Haus. Er hat die geplante Reise nach Brüssel verschoben, um am Geburtstag seiner Frau daheim zu sein. Es soll eine Überraschung für Patricia werden, und er lacht wie ein Junge über einen wohlgelungenen Streich.
»Du hilfst mir aufbauen, Gottfried«, sagt er zu seinem Chauffeur und Vertrauten. »Gleich hier in dem kleinen Salon decken wir den Geburtstagstisch.«
Papier