Dr. Daniel Staffel 3 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 3 – Arztroman - Marie Francoise


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wieder anziehen, und morgen früh kommst du bitte zu mir, damit wir das Ergebnis besprechen können.« Er sah sie sehr ernst an. »Und ich erwarte, daß du dann in Stefans Begleitung kommen wirst.«

      »Nervensäge«, grummelte Rabea.

      »Ich bin überhaupt keine Nervensäge«, entgegnete Dr. Scheibler. »Aber ich finde, Stefan hat es verdient, daß du wenigstens ehrlich zu ihm bist. Was du in den letzten beiden Wochen getan hast, war unfair. Stefan teilt alles mit dir, aber du schließt ihn aus den wichtigsten Belangen deines Lebens aus. Ist das für dich der Inbegriff von Liebe und einer intakten Beziehung?«

      Rabea errötete. »Du hast ja recht, Gerrit, aber…« Sie zuckte nur die Schultern.

      »Wenn du mit Stefan ungestört sprechen willst, dann hast du jetzt die beste Gelegenheit dazu«, fuhr Dr. Scheibler fort. »Er ist in meiner Wohnung. Möglicherweise schläft er noch, aber ich denke, du hast Zeit genug, um zu warten, bis er aufwacht. Und ich komme nicht vor acht Uhr abends heim.«

      Da mußte Rabea lächeln.

      »Deine Freundschaft ist nicht immer bequem«, meinte sie, »aber man kann sich felsenfest auf dich verlassen, Gerrit.«

      *

      Als Stefan Daniel erwachte, saß Rabea an seinem Bett. Mit einem Ruck richtete er sich auf.

      »Wie kommst du denn hierher?« fragte er erstaunt.

      Rabea lächelte. »Gerrit hat mir gesagt, daß du hier bist.« Sie senkte den Kopf. »Er hat mich mehr oder weniger genötigt herzukommen.«

      Traurig sah Stefan sie an. »Bist du mir denn immer noch böse, weil ich ein paar Verabredungen abgesagt habe?«

      Rabea schüttelte den Kopf. »Ach, Stefan, es lag ja gar nicht an dir, sondern…« Sie berührte seine Hand. »Ich hatte Kummer, und den habe ich auf dich abgewälzt. Anstatt meine Angst mit dir zu teilen, habe ich auf alles nur aggressiv reagiert.« Sie zögerte, bevor sie hinzufügte: »Verzeihst du mir?«

      Stefan runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht ganz… welchen Kummer hast du auf mich abgewälzt? Und wovor hattest du Angst?«

      Rabea atmete tief durch. »Vor zwei Wochen fühlte ich zum ersten Mal einen Knoten in meiner Brust. Der Schreck fuhr mir in alle Glieder, trotzdem hatte ich Angst davor, mich untersuchen zu lassen. Ich war sicher, daß es sowieso nur Krebs sein könnte.« Sie senkte den Kopf. »Davon bin ich auch jetzt noch überzeugt.«

      Erschrocken fuhr Stefan hoch. »Heißt das… du warst noch immer nicht beim Arzt?«

      »Gerrit hat heute eine Mammographie gemacht und eine Gewebeprobe entnommen«, erklärte Rabea leise. »Das Ergebnis bekomme ich erst morgen früh.«

      Plötzlich war Stefan alles klar. Rabea hatte ihre Angst vor einer möglicherweise tödlichen Krankheit hinter ungerechtfertigten Vorwürfen und Aggressivität versteckt.

      »Und ich dachte schon… du liebst mich nicht mehr«, murmelte er. »Du warst so… ungerecht.«

      Zärtlich streichelte Rabea sein Gesicht. »Ich weiß, Stefan, und es tut mir auch von Herzen leid. Es wäre besser gewesen, ich hätte meine Sorgen mit dir geteilt, anstatt ständig Streit mit dir anzufangen.«

      Liebevoll nahm Stefan sie in die Arme. »Es ist noch nicht zu spät, Rabea. Zwei Wochen lang warst du mit deiner Angst allein, aber zumindest bis morgen früh werde ich dir noch beistehen. Und gleichgültig, was bei dieser Untersuchung herauskommt – ich werde zu dir halten.«

      Mit einem erleichterten Seufzer schmiegte sich Rabea an ihn.

      »Stefan, ich liebe dich«, flüsterte sie.

      *

      Am nächsten Morgen trat Stefan Daniel seinen Dienst an, als wäre nie etwas vorgefallen, was ihm das Herz schwergemacht hatte. Natürlich fiel auch Dr. Scheibler diese Veränderung sofort auf, und er deutete sie richtig.

      »Das klärende Gespräch hat also stattgefunden«, stellte er fest.

      Stefan nickte. »Ja, Gerrit, und bei dieser Gelegenheit möchte ich dir gleich sagen, wie dankbar ich dir bin. Noch vor zwei Tagen hätte ich es nie zugegeben, aber ich war wirklich einem Zusammenbruch nahe. Die Probleme mit Rabea und dazu der anstrengende Dienst… das alles hat mich ganz schön fertiggemacht.«

      »In den letzten Tagen ist wirklich einiges passiert«, stimmte Dr. Scheibler zu. »Und gerade du warst ziemlich eingespannt. Wolfgang schenkt dir nichts, und auch ich muß gelegentlich sehr streng sein. Dazu Stefanies Entbindung im Wald, die du trotz der psychischen Belastung, der du unterlegen warst, beispielhaft gemeistert hast. Das alles war schon ein bißchen viel auf einmal.« Er lächelte. »Aber ich bin froh, daß sich zwischen dir und Rabea alles wieder zum Guten gewendet hat.«

      »Wir lieben uns, und die Liebe findet meistens einen Weg.« Auch Stefan lächelte. »Vor allem, wenn man einen Wegweiser namens Gerrit hat.« Dann wurde er wieder ernst. »Der einzige Schatten, der jetzt noch auf unser Glück fällt, ist die Biopsie, die du gestern vorgenommen hast. Wenn Rabea Krebs haben sollte…« Er wagte es nicht, den Satz zu beenden.

      »Daran darfst du gar nicht denken«, meinte Dr. Scheibler. »Ich habe es gestern zu Rabea schon gesagt: In achtzig Prozent der Fälle sind diese Knoten harmlos.« Er zuckte die Schultern. »Leider habe ich das Ergebnis noch nicht vorliegen, aber ich rechne praktisch jeden Augenblick damit.«

      Stefan nickte. »Rabea hat sich ins Café hinaufgesetzt. Sobald du etwas weißt…«

      »Ich sage dir umgehend Bescheid«, versprach Dr. Scheibler.

      Es dauerte dann auch wirklich nicht länger als eine halbe Stunde, bis Stefan seine Freundin aus dem Café abholen und ins Ärztezimer der Chirurgie bringen konnte. Ihre Hände zitterten vor Angst und Nervosität, und nahezu krampfhaft klammerte sie sich an Stefans Arm fest.

      »Ich halte nicht viel davon, Patienten lange auf die Folter zu spannen«, erklärte Dr. Scheibler, als sie alle Platz genommen hatten, »und Freunde schon gar nicht. Also eines gleich vorweg: Es ist kein Krebs.«

      Ein Zittern lief durch Rabeas Körper, dann brach sie an Stefans Schulter in Tränen aus. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder beruhigen konnte.

      »Es handelt sich um einen gutartigen Tumor«, fuhr Dr. Scheibler fort. »Und ich würde dir dringend raten, Rabea, ihn entfernen zu lassen. Es kommt immer wieder vor, daß sich das Gewebe plötzlich bösartig verändert. Das heißt nicht, daß du innerhalb der nächsten zwei Tage unters Messer mußt, aber du solltest baldmöglichst einen Termin vereinbaren. Und für die Zukunft würde ich dir empfehlen, dich einmal jährlich einer gründlichen Kontrolle zu unterziehen.«

      »Das mache ich bestimmt, Gerrit«, versprach Rabea. »Und das mit dem Termin… das können wir ja gleich machen, oder?«

      Doch Dr. Scheibler schüttelte den Kopf. »Für einen solchen Eingriff würde ich dir die Thiersch-Klinik empfehlen.« Er lächelte. »Was ich da mache, ist zwar geschäftsschädigend, aber Professor Thiersch hat auf diesem Gebiet eindeutig die größte Erfahrung.«

      Rabea nickte. »Gut, dann werde ich mich bei Thiersch operieren lassen. Gleich heute rufe ich an und vereinbare dort einen Termin.« Sie sah Dr. Scheibler prüfend an. »Und dieser Tumor ist wirklich gutar-

      tig?«

      »Ja, Rabea, du kannst dich darauf verlassen.« Er stand auf. »Ich muß wieder an meine Arbeit gehen.« Dann warf er einen Blick auf die Uhr. »Eine halbe Stunde kann ich dir zubilligen, Stefan.«

      Der junge Assistenzarzt verstand sofort. »Danke, Gerrit.«

      Rabea verabschiedete sich von Dr. Scheibler, dann verließ sie zusammen mit Stefan das Arztzimmer und wenig später auch die Klinik.

      »Mir ist, als wäre ich eben neu geboren worden«, erklärte Rabea. »Plötzlich ist alles so leicht und schön.«

      Stefan nickte. »Ich bin auch unendlich glücklich, daß es so ausgegangen ist.« Dann nahm er Rabea am Arm und drehte sie zu sich her.


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