Geyer und das Obererzgebirge in Sage und Geschichte. Grohmann Max
ausfindig zu machen. Am Rathause befindet sich das Stadtwappen, nach alter Bildhauer- und Wappenart in Stein gehauen, welches 3 Geyersköpfe in einem besonderen Schilde hat, darüber ein offener Helm mit 3 Spriegeln, und darauf ein Geyer befindlich, unter demselben aber die Jahreszahl 1496 in Mönchsschrift stehet.«
Das hier geschilderte Wappen ist noch erhalten, freilich arg beschädigt. Der Verfasser dieses Abschnittes giebt auf der Bildertafel die Zeichnung davon. Er hat darauf die fehlenden Teile ergänzt, soweit sich ihre einstige Gestalt aus den Resten erkennen ließ. Es fehlten das oberste Stück des Wappens mit dem Kopfe des Geiers auf dem Helme, sowie fast alle Verzierungen um Helm und Schild. Gut erhalten ist der Stein mit der Jahreszahl: Anno dm (= domini) MCCCCXCVI.
Im Jahre 1496, zur Zeit der Gründung Annabergs, hat demnach Geyer schon ein großes Rathaus besessen. Dasselbe ist aber 1844 durch ein neues ersetzt worden, wobei das Wappen entfernt wurde. Es steht zu erwarten, daß dieses nächstens wieder vervollständigt und an einen ihm gebührenden Platz gebracht wird. Noch ist zu erkennen, daß das Wappen vergoldet war und blauen Grund hatte.
Tschran berichtet weiter, daß in der Hauptkirche über dem Ratschore ein hölzernes Wappen in verändertem Aussehen angebracht gewesen sei. Leider konnten wir dieses nicht ausfindig machen. Es wird folgendermaßen beschrieben:
»Im Schilde siehet man einen viereckigten Thurm im blauen Felde, mit offnem Thore, daran ein Schild mit 3 Geyersköpfen hängt. Der Helm darüber ist offen, mit einer goldnen Crone, und oben darauf ein Rittelgeyer befindlich.«
Auch das größere und kleinere Stadtsiegel, sowie das Bergamtsiegel werden geschildert. Aus ersterem hat sich fast ohne Veränderung das heutige Stadtwappen entwickelt. (Siehe die Bildertafel!) Die Farben sind folgendermaßen angegeben: Der Turm im blauen Felde ist rötlich. Auf jeder Seite stehen sieben goldene Sterne. Das Dach ist schieferfarben und trägt zwei goldene Knöpfe mit Fähnlein. Der Schild ist silbern und zeigt drei Geierköpfe in ihrer natürlichen Farbe.
Das Wappen von Geyer ist außerdem noch auf dem sogenannten Dreilagensteine zu finden. Dieser ist ein uralter Grenzstein. Auf ihm sieht man das Wappen von Geyer, das des Abtes von Grünhain und dasjenige der Herren von Schönburg. Das Wappen von Geyer besteht darauf nur aus drei Geierköpfen.
Albert Major.
2. Die große Glocke in Geyer.
Schon in früher Morgenstunde nach der Nacht, in welcher Kunz von Kaufungen die Prinzen geraubt hatte, begann die allgemeine Verfolgung der Räuber. Da erklang auch vom Turm der Niklaskirche zu Geyer die große Glocke, laut das geschehene Unheil kündend. Die Glocke zersprang. Urban, der Neffe von Georg Schmidt, welcher zu dieser Zeit in Geyer anwesend war, teilte bei seiner Rückkehr seinem Oheim das Ereignis mit.
»Im Walde dort wert Cunz ertapt,
Da wollt he Beeren naschen«
berichtet der uralte Berg-Reihen weiter. Der Kurfürst aber ließ später aus Dankbarkeit gegen Gott für die glückliche Errettung seiner Söhne auf seine Kosten die große Glocke in Geyer umgießen. Ungefähr in dieser Weise wird in der landläufigen Art bei der Erzählung des Prinzenraubes der Geyerschen Glocke gedacht.
Zunächst muß festgestellt werden, daß weder die Nikolaikirche, noch die bald nach dem Prinzenraub umgegossene Glocke zur Zeit noch vorhanden sind. Die große Nikolaikirche, welche östlich von der Stadt, links von der Ehrenfriedersdorferstraße – die Pflugschar durchschneidet jetzt das Land – stand, wird bereits 1491 urkundlich als nicht mehr vorhanden bezeichnet, wahrscheinlich war sie durch Brand zerstört worden. Bezüglich des Glockengusses fehlen allerdings gleichzeitige Nachrichten; auch ist in dem bekannten Manifest, welches der Kurfürst am Jakobitage (26. Juli) 1455 erließ, vom Glockenläuten nicht die Rede. Peter Albinus ist der älteste bekannte Chronist, der den Prinzenraub ausführlich erzählt, und er sagt in seiner Neuen Meißnischen Chronik (1580): »Es haben sich die Hofleute nicht gesäumet, sondern von Stund an in alle Gegenden geschickt und sind zum Teil selbst ausgeritten, den Sturmschlag in allen Städten und Dörfern angehen lassen, daß also das ganze Land rege wurde.« Albinus, als geborner Schneeberger, kannte die Gebräuche des Erzgebirges; er wird wohl nicht ohne Grund vom Sturmläuten berichtet haben.
Das wichtigste Zeugnis giebt uns der um die Geschichtsforschung in Geyer so hochverdiente Pastor Blüher, der der Prinzenglocke eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat und der den Umguß der Glocke auf Kosten des Kurfürsten für wahr hält. Nach demselben waren auf der einen Seite der Glocke die Bildnisse der beiden jungen Fürsten angebracht, auf der andern Seite sah man Kunz auf der Erde liegend und das Pferd am Zügel haltend, daneben den Fürsten Albrecht und den Köhler. Oben um die Glocke stand der Vers:
Filios Curt abripiebat Saxonis: Ergo Redditionem hoc aes Christiparae memorat.
und unten:
Aufugiente Ducum plagiario rupta, sed Almi Ensiferi sumtu sum reparata Patris. A. MCCCCLVI.
Blüher hat beide Distichen in folgender Übersetzung wiedergegeben:
Kurt entführte die fürstlichen Prinzen, die himmlische Jungfrau –
Diese Glocke bezeugt's – gab sie uns gnädig zurück.
Ob des fliehenden Räubers der Prinzen laut stürmend zersprang ich,
Doch aus fürstlichem Schatz ward ich wieder verjüngt.
Im Jahre 1580 besichtigte Herzog Albrecht die Prinzenglocke. Sie wurde nach der Zerstörung der St. Niklaskirche im Turme der Lorenzkirche aufgehängt. Die Freude über die schöne Glocke ist nicht von langer Dauer gewesen, schon 1535 ist sie abermals zersprungen. Der Umguß der neuen großen Glocke hat im Jahre 1539 stattgefunden, ob mit Beisteuer Heinrichs des Frommen, wie vermutet wird, ist nicht erwiesen, er geschah jedoch unzweifelhaft in der berühmten Hilligerschen Gießhütte in Freiberg. Die große Glocke ist 1,60 m hoch, ihr Durchmesser beträgt 1,80 m, ihr Ton gilt allgemein als ausgezeichnet. In dem breiten Laubwerkfries, das sie umgiebt, sind kleine Medaillons angebracht, die Karl V., Ferdinand I. nebst Gemahlinnen etc. darstellen. Vorzüglich gelungen ist das Rundbildnis Heinrichs des Frommen, wovon wir auf der Bildertafel eine Abbildung bringen. Außerdem ist noch der Bibelspruch Johannes 3: Also hat Gott die Welt etc. und die Jahreszahl 1539 auf der Glocke angebracht. Die Angaben über die Schwere der Glocke sind schwankend, ein Glockengießer versicherte mir, daß sie über 100 Zentner wiegen müsse. Sei dem, wie ihm wolle, die Geyersche Gemeinde hängt mit großer Liebe an ihrer Glocke. Dies zeigte sich besonders im Jahre 1839, als die dreihundertjährige Geburtstagsfeier derselben feierlich begangen wurde. Und noch heute ruft der eherne Mund der großen Prinzenglocke die Gemeinde zum Gotteshause und begleitet mit ihrem Schwunge des Lebens wechselvolle Stunden!
Hermann Lungwitz.
3. Hieronymus Lotter.
Von den Bildern, welche die Brüstung der Empore der St. Annenkirche in Annaberg zieren, trug das 28. Bild, Kains Brudermord darstellend, die Inschrift der Stifter »Michael Lotter und Barbara, dessen Ehefrau«. Dies waren die Eltern des berühmten kurfürstlichen Baumeisters Hieronymus Lotter. Michael Lotter war mit seiner Familie 1509 von Nürnberg nach dem rasch emporblühenden Annaberg eingewandert und hatte es hier durch seine Rührigkeit zu Ansehen und Wohlstand gebracht, sodaß ihm seine Mitbürger das Amt eines Bürgermeisters übertrugen. Sein Sohn Hieronymus hatte sich dem Baufach gewidmet und Leipzig als Schauplatz seiner Thätigkeit gewählt. Hier baute er das Kornhaus auf dem Brühl, das Badstubenhaus am Ranstädter Thor, erhöhte den Nikolaikirchturm und versah ihn mit einer Wächterwohnung, brach das alte Rathaus ab und vollendete den Neubau bis zur Bewohnbarkeit innerhalb 9 Monaten. Fremde Kaufleute, die zur Ostermesse den Anfang des Neubaues mit angesehen hatten, waren, als sie zur Michaelismesse wiederkehrten, »mit