Geyer und das Obererzgebirge in Sage und Geschichte. Grohmann Max

Geyer und das Obererzgebirge in Sage und Geschichte - Grohmann Max


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von Geburt, doch fern von aller Schonung gegen sein Vaterland war und durch Viehraub, Plünderung, Sengen und Brennen (namentlich bei Zwickau, wo man eines Tages 15 Schadenfeuer zugleich sah) Furcht und Schrecken verbreitete.

      Die heißersehnte Ruhe von solchem Ungemach trat für unser Gebirge und das ganze Land erst ein, als der Kurfürst am 24. Juni 1635 Friede mit dem Kaiser schloß und sich somit von den Schweden trennte.

      Über die Zeit vom 24. August 1632 bis 25. Juni 1635 bemerkt erwähnte Gemeinderechnung: »An Kontribution, Brandschatzung u. s. w. habe Geyer 2973 Thaler 4 Neugroschen 6 Pfennige aufbringen müssen, außer 200 Stück Rindvieh, das kleine ungerechnet, 24 Pferde, 4 Gebräude Bier, die zunichte gemacht worden.« Zwei Männer und eine Frau seien niedergemacht worden, und wie viele verwundet oder des Ihrigen beraubt worden, sei gar nicht zu ermessen.

      Neue Drangsale brachte das Jahr 1639, als die Schweden unter General Baner das Erzgebirge heimsuchten, um mit unmenschlicher Grausamkeit Rache an den Bewohnern für des Kurfürsten Verbindung mit dem Kaiser zu nehmen. Aber auch die kaiserlichen Scharen, die bald als Verfolgende, bald als Verfolgte erschienen, verfuhren nicht viel milder. Damals erlangte Geyer wenigstens bei den schwedischen Truppen Schonung durch den hiesigen Pfarrer Hollenhagen, der denselben, wenn sie einbrechen wollten, entgegen zu reiten pflegte und mit seiner Fürbitte für die Gemeinde um so leichter Gehör fand, da er früher schwedischer Feldprediger gewesen war. Bei Annäherung der Kaiserlichen verbarg er sich mit der Gemeinde im Walde. Nach einer andern Geschichtsquelle wird erzählt, daß dann die Frauen aus Furcht vor dem Feinde auf Bäumen Platz genommen hätten und hier Zäckchen u. s. w. gefertigt hätten. Ein Zeichen, daß auch schon zur Zeit des dreißigjährigen Krieges die Frauen von Geyer durch Handarbeit zum Erlangen des täglichen Brotes beitrugen.

      Als die Kaiserlichen von der Saale her durch das Erzgebirge gegen die in Schlesien vordringenden Schweden zogen und die Durchzüge seit Anfang des Februars 4 Monate lang dauerten, waren die Einwohner (wie ein Zeitgenosse, der Scheibenberger Pfarrer Lehmann, in seiner Kriegschronik erzählt) genötigt, von Haus und Hof zu fliehen, wenn sie nicht den übertriebenen Forderungen genügen wollten oder konnten, nämlich sich von Plünderung loskaufen, Salvegarde lösen, Proviant liefern, Wege bessern, Vorspann leisten u. s. w. Bei ihrer Rückkehr fanden die Geflüchteten dann gewöhnlich ihre Häuser niedergebrannt oder ausgeplündert, die Mobilien zerschlagen, die Kirchen erbrochen und für Stallung der Pferde benutzt, die Feldfrüchte teils abgeweidet, teils abgemäht und weggebracht. Menschen und Vieh, wo sich dergleichen treffen ließ, ward mit fortgenommen, ganze Dörfer wurden wüste, so Jahnsbach, Schönfeld, Tannenberg.

      Auch Geyer muß damals einen erbarmungswerten Anblick gewährt haben, sagt P. Blüher in seinen Aufzeichnungen, und fährt derselbe in seiner Beschreibung der Stadt, allerdings vor den Bränden in den Jahren 1854, 1862 und 1863 fort:

      Wer vom alten Schießhausplatz aus über die Schützenhofgasse herab durch die Badergasse an der Marktschmiede vorüber bis zum Bergamtshaus ging, der sah zur Linken und vom Bergamtshause bis zur Tannenberger Grenze zu seiner Rechten eine fast ununterbrochene Reihe in Asche liegender Häuser und außerdem waren 8 Brandstätten in der Zinngasse, in der Gegend, in welcher sich der große, freie Platz der ersten aufsteigenden Straße gegenüber sich befindet. Noch im Jahre 1661 zählte man 118 Brandstätten und nur 83 bewohnte Häuser.

      Der Friedensschluß, welcher den dreißigjährigen, unerhörten Trübsalen ein Ziel setzte, erfolgte am 14. Oktober 1648 zu Osnabrück. Ganz Deutschland erlangte dadurch die heißersehnte Ruhe. Das Friedensfest wurde zwischen Kaiserlichen und Schweden im großen Saale des Rathauses zu Nürnberg gefeiert. Während die Abgesandten in der hochgewölbten, glänzend erleuchteten Halle ein Fest abhielten, waren für die Armen der Stadt zwei Ochsen geschlachtet und viel Brot ausgeteilt worden, und aus einem Löwenrachen lief sechs Stunden lang weißer und roter Wein herab. Aus einem größeren Löwenrachen waren dreißig Jahre lang im ganzen deutschen Reich Blut und Thränen geflossen!

      Hermann Lungwitz.

       Inhaltsverzeichnis

      Als im Jahre 1732 der Erzbischof von Salzburg, Leopold Anton, Graf von Firmian, die religiöse Unduldsamkeit bis auf das Äußerste trieb, wanderten 30 000 friedfertige, arbeitsame Protestanten aus und fanden in dem Lande des Königs Friedrich Wilhelm I. von Preußen gastliche Aufnahme. Auf verschiedenen Wegen zogen die Emigranten ihrer neuen Heimat zu, und so geschah es auch, daß ein Trupp Emigranten seinen Weg durch Geyer nahm. Anfangs wollte der Kommissar Balzig die Vertriebenen nicht durch unsere Stadt führen, da dieselbe sich zu dieser Zeit infolge des Niederganges des Bergbaues in mißlichen Verhältnissen befand. Doch, berichtet eine im Besitz des königlich sächsischen Altertumsvereins befindliche Handschrift, gab sich der damalige Geyersche Stadtrichter Neubert selbst die Mühe, am 5. August 1732 nach Zwönitz zu schicken, wo die Vertriebenen ihr Nachtlager hätten und sich den Durchzug von ihnen auszubitten. Als die Bürger Geyers dieses hörten, wurden sie ungemein erfreut, daß sie das Glück genießen sollten, den Salzburgern Gutes zu erweisen. Sie machten sich daraufhin für den kommenden Tag bereit, dieselben mit möglicher Liebe aufzunehmen. Die Schule, der Prediger, der ganze Rat und die Bürgerschaft gingen ihnen entgegen und empfingen sie mit einer Rede. Sie führten die Vertriebenen bei vollem Geläute in die Stadt, wobei dieselben bewegliche Lieder sangen und auf dem Markte Betstunde hielten; verlesen wurde Jerem. Kap. 51, welches von Babels Zerstörung handelt. Nach der Beendigung des Gottesdienstes verschwanden gleichsam die Emigranten, denn die Einwohner nahmen sie in der größten Geschwindigkeit mit sich, daß man auch für Geld keinen mehr bekommen konnte. Der Priester der Stadt war ein wenig abgetreten, um einen kranken Salzburger mit Trost aufzurichten. Er hätte gewiß leer ausgehen müssen, wenn sich nicht der Kommissar über ihn erbarmet und ihm zu zwei Personen geholfen hätte. Nach eingenommenem Mittagsmahle fing man wieder an, mit der großen und weitberühmten Glocke zu läuten. Darauf versammelten sich unsere Emigranten und man führte sie ebenso aus der Stadt, wie man sie eingeholet hatte. Die Abschiedsrede gründete sich auf Offenbarung St. Johannis 2, 10. Dies alles schrieb man in die Kirchenmatricul, damit es zum ewigen Andenken beibehalten würde. Sonntags darauf sammelte man auch hier die Kollekte, welche man in Sachsen für die Salzburger zusammengelegt hatte, sie betrug 19 Thaler 7 Groschen; vorher war keine Kollekte so reichlich, so lange Geyer gestanden hat. Die Emigranten zogen von hier aus nach Wolkenstein weiter.

      Hermann Lungwitz.

       Inhaltsverzeichnis

      Unter den Prunkgeräten aus den früheren herzoglichen Schlössern, welche im Museum zu Braunschweig aufbewahrt werden, findet sich auch ein schmuckloses Spinnrad, das von Georg Jürgens, einem Braunschweiger, gefertigt sein soll, der zur Zeit Luthers das Spinnrad erfand und damit die seit Jahrtausenden zum Spinnen dienende Spindel außer Gebrauch setzte. Geyer hätte ebenfalls Ursache, eine Maschinenspindel im Rathaus aufzuhängen, denn Evan Evans, ein Geyerscher Bürger, war es, der das Spinnrad durch das Einführen des Maschinenspinnens in Sachsen verdrängte. Die Maschinenspinnerei ist eine englische Erfindung. Man schreibt sie gewöhnlich Richard Arkwright zu; doch haben spätere Nachforschungen ergeben, daß er wohl ein großer Verbesserer, aber nicht der Urerfinder des Maschinenspinnens gewesen ist. In Sachsen waren in den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts kleine Handmaschinen von 10 bis 20 Spulen zum Spinnen der Baumwolle in Gebrauch. Gegen Ende desselben führte Karl Friedrich Bernhard das englische Spinnereisystem in Sachsen ein. Seine Maschinen waren Mulemaschinen; sie wurden in einem dazu errichteten Gebäude in Harthau bei Chemnitz durch einen Engländer, Namens Watson, aufgestellt. Da er aber als bloßer Maschinenbauer die Maschinen nicht in Gang zu bringen wußte, namentlich, wird erzählt, die Trommelschnur nicht aufzuziehen verstand, so wurde ein englischer Spinner, Evan Evans, aus England herübergerufen, der auch alsbald auf den Maschinen Garn spann. Der Vater des sächsischen Maschinenspinnens, besonders der Baumwollspinnerei, ist Evan Evans. Er ist 1765 in New-Wales


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